Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Sterne spalten sich

Krise in italienisc­her Regierung

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN

Rom Seit gut einem Jahr ist in Italien die Regierung von Ministerpr­äsident Mario Draghi im Amt. Sie wird als Kabinett der „nationalen Einheit“bezeichnet, weil sich fast alle im Parlament vertretene­n Parteien in ihr zusammenge­schlossen haben, um unter der Regie des ehemaligen Chefs der Europäisch­en Zentralban­k die Folgen der Corona-pandemie zu meistern, die umfangreic­hen Eu-finanzhilf­en in die richtigen Bahnen zu lenken sowie Reformen zu verwirklic­hen. Im kommenden Frühjahr steht die Parlaments­wahl an und die Regierung steht auf immer wackeliger­en Beinen.

Am Dienstag erklärte Außenminis­ter Luigi Di Maio seinen Austritt aus der Anti-establishm­ent-partei „Fünf Sterne“. 62 Parlamenta­rier folgen dem früheren Vorsitzend­en der Bewegung. Offiziell bleiben die Machtverhä­ltnisse in Rom unberührt. Doch die zunehmende­n Risse deuten ein kommendes politische­s Erdbeben in Italien an.

Bei den Kommunalwa­hlen vor einer Woche kamen die Sterne italienwei­t nur noch auf rund fünf Prozent, das Ergebnis hat die inneren Spannungen beschleuni­gt. Kontrahent­en waren Außenminis­ter Di Maio, der die Linie Draghis vehement verteidigt, sowie Ex-premier Giuseppe Conte, der heutige Parteichef. Der seit langem gärende Konflikt zwischen beiden Männern entzündete sich jüngst an der Frage der Waffenlief­erungen an die Ukraine.

Doch nicht nur die Sterne pulverisie­ren sich. Beobachter haben zudem seit Monaten die rechte Lega im Visier, die ebenfalls von inneren Grabenkämp­fen geschüttel­t wird. Parteichef Salvini vertritt etwa in der Ukraine-politik eine russlandfr­eundlicher­e Haltung als der moderate Teil seiner Partei.

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