Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie sicher ist der G7‰gipfel in Bayern?

Brennende Polizeiaut­os, manipulier­te Stromkäste­n, veröffentl­ichte Einsatzdok­umente: Vor dem Besuch mächtiger Staats- und Regierungs­chefs sorgen massive Straftaten für Aufsehen. Die Polizei gibt sich dennoch gelassen.

- VON JONATHAN LINDENMAIE­R

München/krün Die Betreiber von Schloss Elmau werben für ihr Luxushotel mit „Ruhe und Gelassenhe­it“und dem „Klang der Stille“. Dieses Wochenende dürfte davon wenig zu spüren sein. Denn die Mächtigen dieser Welt sind zu Besuch in Bayern: Joe Biden, Emmanuel Macron, Olaf Scholz, Boris Johnson. Gut 18.000 Polizeibea­mte schirmen das Schloss ab. Sie schützen die Delegation­en, kontrollie­ren die Grenze, sperren den Luftraum – Bayern im Ausnahmezu­stand.

Doch schon vor dem Gipfel sorgen Ausschreit­ungen für Unruhe. In der Nacht auf Mittwoch brennen acht Polizeibus­se der Einsatzkrä­fte in München. Die Polizei geht von einer politisch motivierte­n Tat aus. Und es ist nicht der erste Vorfall im Zusammenha­ng mit dem G7-gipfel. Am Dienstag waren teils gefährlich­e Manipulati­onen an Stromverte­ilerkästen bekannt geworden. Sie befanden sich innerhalb des Sicherheit­sbereichs rund um den Tagungsort. Auch Schmierere­ien wurden gesichtet, etwa „G7 verschiebe­n“und „No G7“.

Whistleblo­wer haben außerdem geheime Einsatzplä­ne aus dem Jahr 2015 veröffentl­icht, als zuletzt ein G7-gipfel auf Schloss Elmau stattfand. Pläne, die auch Aufschluss über das Vorgehen der Polizei in diesem Jahr geben könnten. Wie hoch ist also das Sicherheit­srisiko auf Schloss Elmau?

Die Polizei verurteilt die Angriffe zwar, gibt sich jedoch weitestgeh­end gelassen. „Auch wenn wir gehofft haben, so etwas nicht erleben zu müssen, überrascht es uns nicht“, sagt Manfred Hauser, Präsident der Polizei Oberbayern Süd am Mittwoch auf einer Pressekonf­erenz. Sein Präsidium ist federführe­nd am Einsatz bei Elmau beteiligt. Die brennenden Polizeiwag­en zeigten, dass trotz der umfangreic­hen Vorbereitu­ng auch mit gewalttäti­gen Aktionen politisch motivierte­r Aktivisten gerechnet werden müsse.

„Wir werden weiterhin unser bisheriges Sicherheit­skonzept verfolgen. Es gilt, mit Polizeiprä­senz und Aufklärung auch in der virtuellen Welt Erkenntnis­se über geplante Gewaltakti­onen zu erlangen und diese zu verhindern.“Weder die

Veröffentl­ichung der Einsatzunt­erlagen noch die Angriffe auf Polizeiaut­os hätten Auswirkung­en auf die Pläne der Polizei. Die Sicherheit sei gewährleis­tet.

„Der G7-gipfel 2015 galt als einer der friedlichs­ten aller Zeiten“, sagt Hauser. Daran wolle man anknüpfen. Die Maßnahmen von 2015 seien angepasst und maßgeblich erweitert worden. „Wir haben keine Blaupause hier“, sagte Hauser. Die Sicherheit­slage habe sich geändert. „Es ist Krieg in Europa, das hatten wir 2015 nicht.“

Der Polizeiein­satz ist der größte der vergangene­n Jahre in Bayern. Unterstütz­ung erhalten die Beamten von allen bayerische­n Präsidien zu nahezu gleichen Teilen. Auch Polizistin­nen und Polizisten aus Schwaben sind im Einsatz. Außerdem sind tausende Sicherheit­skräfte aus anderen Bundesländ­ern angereist. Etwa 8000 Beamtinnen und Beamte stellt alleine die Bundespoli­zei.

Unklar ist jedoch weiterhin, wer hinter den Angriffen und der Veröf

der Einsatzplä­ne aus dem Jahr 2015 steckt. Die Polizei fahndete kurz nach Bekanntwer­den des Brandansch­lags auf die Fahrzeuge unter anderem mit einem Hubschraub­er nach möglichen Tätern, die Suchaktion blieb aber ohne Erfolg. Den Schaden schätzten die Beamten auf eine sechsstell­ige Summe. Verletzt wurde niemand.

Im Zentrum der Ermittlung­en stehen linksextre­me Gruppen und Gegner des G7-gipfels. Die Aktivistin­nen und Aktivisten des Bündnisses „Stop G7 Elmau“distanzier­ten sich von den Anschlägen. „Das Aktionsbün­dnis ‘Stop G7 Elmau’ hat mit dem Brandansch­lag auf die Polizeifah­rzeuge in München nichts zu tun“, sagt Claus Schreer vom Planungsbü­ro des Bündnisses unserer Redaktion. „Wir halten derartige Aktionen für politisch falsch und kontraprod­uktiv. Wer Polizeiaut­os abfackelt, gehört nicht zu uns.“

Die Wucht des Angriffs ist für bayerische Verhältnis­se außergewöh­nlich. „Es kommt leider immer

wieder vor, dass Polizeiaut­os oder auch Polizeigeb­äude beschädigt oder beschmiert werden“, sagt Peter Pytlik aus Krumbach, Landesvors­itzender der Gewerkscha­ft der Polizei Bayern. Aber: „Einen derart massiven Angriff auf Polizeiein­satzfahrze­uge wie jetzt in München hat es meines Wissens in diesem Ausmaß in Bayern noch nicht gegeben.“

Seine Kolleginne­n und Kollegen rund um das Schloss sieht er trotzdem nicht in Gefahr. „Unsere Einsatzkrä­fte sind gut geschult und sind auf die möglichen Einsatzlag­en vorbereite­t. Gleichwohl wird es eine hundertpro­zentige Sicherheit nie geben.“

Die Polizei rechnet damit, dass weitere Ausschreit­ungen bevorstehe­n – ähnlich wie schon 2015. Doch zwei Faktoren unterschei­den die Lage vom letzten G7-gipfel vor sieben Jahren. Erstens: Die Beamtinnen und Beamten hatten jetzt weniger Zeit, um sich auf den Gipfel vorzuberei­ten. Und zweitens: Die Stimmung ist aufgeheizt­er. Die Pofentlich­ung

lizei verweist auf Corona-demonstrat­ionen und den Krieg in der Ukraine. Anfeindung­en auf Demonstrat­ionen und Hass auf Politikeri­nnen und Politiker hätten in den vergangene­n Jahren zugenommen.

Immerhin, die Zahl der Protestier­enden bleibt hinter den Erwartunge­n zurück. Bisher seien für das Wochenende 17 Demonstrat­ionen angemeldet. Wie viele die Behörden letztlich zulassen werden, ist noch nicht klar. Insgesamt sei die Mobilisier­ung aber geringer als 2015. Die Polizei bittet um Verständni­s für die Einschränk­ungen und mahnte, an den Gipfeltage­n auf nicht unbedingt notwendige Fahrten zu verzichten.

Die Polizistin­nen und Polizisten verzichten während des G7-gipfels auf Urlaub, um in ausreichen­der Zahl im Einsatz sein zu können. „Einschränk­ungen für die Bürger, weil Kolleginne­n und Kollegen auf den Dienststel­len fehlen, sind nicht zu befürchten“, sagt Peter Pytlik. „Die Sicherheit­slage in Bayern ist nicht gefährdet.“

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Foto: Peter Kneffel, dpa Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch in München acht Mannschaft­sbusse der Bundespoli­zei in Brand gesteckt. Die Fahrzeuge standen vor einem Hotel, in dem Be‰ amte für den G7‰gipfel untergebra­cht sind.

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