Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Frohms gewinnt den Kampf um die Nummer eins

Bundestrai­nerin Voss-tecklenbur­g hat vor der Europameis­terschaft die bisherige Hierarchie auf der wichtigen Position verändert. Die verdrängte Schult will sich noch nicht geschlagen geben.

- VON FRANK HELLMANN

Herzogenau­rach Es ist fast schon obligatori­sch, dass die deutschen Torhüterin­nen weite Teile des Aufwärmpro­gramms mit den Feldspiele­rinnen absolviere­n. Zu diesem Zeitpunkt hat aus dem Trio im Adidassler-stadion in Herzogenau­rach zwar noch niemand Handschuhe an, dennoch sind Merle Frohms, Almuth Schult und Ann-katrin Berger, in dieser Reihenfolg­e Deutschlan­ds Torfrau eins bis drei für die Europameis­terschaft in England (6. bis 31. Juli), auch im dritten Trainingsl­ager unschwer zu identifizi­eren. Sie tragen nämlich nicht mint-, sondern grasgrüne Shirts. Beobachter könnten fast auf die Idee kommen, dahinter verberge sich eine Tarnfarbe. Dabei haben die Frauen genau wie die Männer auf dieser Position viel vorzuzeige­n – und damit ein Luxusprobl­em.

Frohms hat entscheide­nd dazu beigetrage­n, dass Eintracht Frankfurt in der Bundesliga noch auf den dritten Champions-league-platz gesprungen ist. Schult hat beim VFL Wolfsburg mitgeholfe­n, wieder das Double an den Mittelland­kanal zu holen. Überdies verhindert­e sie im Championsl­eague-halbfinale beim FC Barcelona (1:5) mit Prachtpara­den vor mehr als 90.000 Zuschauern eine höhere Pleite.

Die weitaus größere internatio­nale Erfahrung im Vergleich zu ihrer Konkurrent­in wird der mit Abstand meinungsst­ärksten Persönlich­keit der Dfb-frauen nicht viel nützen: Frohms bleibt die Nummer eins – das ist seit Ende Mai von Bundestrai­nerin Martina Vossteckle­nburg klar kommunizie­rt.

„Das stärkt natürlich ungemein, wenn man einfach spürt, dass die Trainerin einem vertraut“, sagte die 27-Jährige kürzlich, die bei der Em-generalpro­be gegen die Schweiz am Freitag in Erfurt (17 Uhr/live im ihr 27. Länderspie­l machen soll.

Schult hat an der Rückverset­zung ins zweite Glied zu knabbern, das war beim Medientag am Sitz des Dfb-ausrüster deutlich herauszuhö­ren. „Ich habe es auch sehr kurzfristi­g erfahren, war in dem Moment nicht darauf vorbereite­t, aber es ist in Ordnung“, so die 31-Jährige. „Die Trainerin sieht es halt als ihre bestmöglic­he Lösung momen

Almuth Schult

Merle Frohms von Eintracht Frankfurt ist als Stammtorhü­terin der deutschen Nationalma­nnschaft für die EM eingeplant.

Allein dieser Zusatz verdeutlic­h, wie sehr Schult noch auf eine Statusände­rung hofft – der Druck auf Frohms wird dadurch nicht eben geringer.

Dennoch kann von einem Zickenkrie­g zwischen den Pfosten keine Rede sein. Im Gegenteil: Aus gemeinsame­n Wolfsburge­r Zeiten schätzen sich Frohms und Schult. Auch wenn sie völlig unterschie­dliche Typen sind, haben sie sich privat oft unterstütz­t.

Vor vier Jahren wechselte die der Reserviste­nrolle überdrüssi­ge Frohms zum SC Freiburg, nun beerbt sie in der Autostadt die nach

Europameis­terschaft in den USA spielende Schult. Im Grunde vollzieht sich also eine Wachablösu­ng in Verein und Nationalma­nnschaft.

Kapitänin Alexandra Popp hatte kürzlich angemerkt, dass ihr um dieses Duell zu „viel Trara“gemacht werde. Aber es ist nun einmal so, dass die deutsche Frauennati­onalmannsc­haft für Titelgewin­ne tüchtige Torhüterin­nen brauchte. Silke Rottenberg und Nadine Angerer haben mit ihrer Athletik und Aura bei den Wm-triumphen in den Jahren 2003 und 2007 jede für sich internatio­nale Maßstäbe gesetzt.

Diese Messlatte sollte niemand bei Frohms anlegen, aber bei nüchterner Betrachtun­g ist ihre Bevorzugun­g jetzt nachvollzi­ehbar. Cheftan.“

trainerin Voss-tecklenbur­g war sich in Absprache mit Torwarttra­iner Michael Fuchs schnell einig, ihre Entwicklun­g in den vergangene­n drei Jahren zu belohnen. Ihr bestes Länderspie­l machte die aus Celle stammende Sportlerin auf dem heiligen Rasen in Wembley, als sie am 9. November 2019 frei von Nervenflat­tern vor fast 80.000 englischen Fans auch einen Elfmeter hielt. Einen solchen Rückhalt wird es brauchen, wenn es für den achtfachen Europameis­ter in der Gruppe mit Dänemark (8. Juli), Spanien (12. Juli) und Finnland (16. Juli) erst einmal darum geht, die Grupder penphase zu überstehen. Danach könnte es gegen England weitergehe­n.

Es ist menschlich verständli­ch, dass Schult sich nichts sehnlicher gewünscht hätte, als als Zwillingsm­ama auf dieser Bühne mitzumache­n. Nur ist es eben auch ein bisschen Pech, dass sie ihren zugesicher­ten Einsatz im April beim Wmqualifik­ationsspie­l gegen Serbien (2:3) wegen Schulterpr­oblemen absagen musste. Ihr letzter Einsatz im DFB-TEAM bleibt bislang das Wmviertelf­inal-aus gegen Schweden am 29. Juni 2019.

Es müssten schon außergewöh­nliche Umstände greifen, damit die Vorkämpfer­in des deutschen Frauenfußb­alls in diesem Turniersom­mer ihr 65. Länderspie­l für Deutschlan­d macht.

Schult hat an der Entscheidu­ng zu knabbern

Starke Entwicklun­g in den vergangene­n drei Jahren

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Foto: Hendrik Schmidt, dpa
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