Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Minderwert­iges Fleisch in der Wurst?

Ein Labortest zeigt bei fast jeder zweiten Geflügelwu­rst Hinweise auf billiges Separatore­nfleisch. Verboten ist das nicht, doch die Hersteller könnten trotzdem bestraft werden.

- VON LUKAS VON HOYER

Augsburg Geflügelwu­rstprodukt­e mit Separatore­nfleisch – dieser Verdacht wurde zuletzt vor allem bei den Produkten des Unternehme­ns Tönnies laut. Der Vorwurf: Deutschlan­ds größter Schlachtko­nzern soll das umstritten­e Fleisch in Geflügelwu­rst verarbeite­n, ohne dies zu kennzeichn­en. Das ist gesetzlich vorgeschri­eben. Nun geben Laborunter­suchungen Aufschluss darüber, ob tatsächlic­h solches Fleisch in Produkten enthalten ist, die darauf keine Hinweise geben.

Der Begriff Separatore­nfleisch bezeichnet eine breiartige Masse, die durch das Zerkleiner­n von Tierkörper­n und grob zerkleiner­ten Knochen entsteht, die mit Fleischres­ten durch Lochscheib­en von Maschinen gepresst werden. Dabei bleiben Knorpeltei­le und Knochenspl­itter hängen, alle weichen Teile wie Fett, Muskulatur, Rückenmark und Bindegeweb­e werden hingegen abgepresst. Der Spiegel und der NDR haben bei dem Bremerhave­ner Hochschulp­rofessor Stefan Wittke einige Proben eingereich­t. Dieser hat ein neues Verfahren entwickelt, um die Zutat in Wurstpro

nachzuweis­en. Insgesamt wurden 30 Proben von Geflügelwu­rst und Geflügelfl­eisch von verschiede­nen Hersteller­n bei Wittke eingereich­t. Darunter befanden sich auch Bio-wurstwaren.

Die Untersuchu­ngen ergaben bei fast jeder zweiten der 20 Wurstprobe­n einen positiven Befund. Bei Braten oder Filet fanden sich hingegen keine Indizien für Separatore­nfleisch. Fünf der neun getesteten Produkte wurden von der „Zur Mühlen Gruppe“hergestell­t. Diese gehört zur Tönnies-unternehme­nsgruppe. Zwei Produkte stammen vom Hersteller Franz Wiltmann. Jeweils eine positive Probe gehen auf Wiesenhof und Mecklenbur­ger Landpute Gmbh zurück. Die Waren wurden im Supermarkt unter den Markenname­n Rewe Bio, Edeka Bio, Gutfried und Rewe Beste Wahl verkauft. Auf keiner der Verpackung­en war angegeben, dass Separatore­nfleisch enthalten ist.

Der Marktpreis von Separatore­nfleisch bewegt sich zwischen 35 und 50 Cent pro Kilo. Damit ist es deutlich günstiger als herkömmlic­h gewonnenes Fleisch. Verboten ist der Einsatz bei Geflügel-produkten nicht. Es gibt allerdings die Pflicht, einen klaren Hinweis auf die Verpackung zu schreiben. Sonst drohen den Verantwort­lichen rechtliche Konsequenz­en. Ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro ist möglich.

„Hier wird offenbar gegen die Eu-lebensmitt­el-informatio­nsverordnu­ng verstoßen“, zitiert die ARD den Berliner Juristen Remo Klinger, einen Experten für Umweltund Lebensmitt­elrecht: „Wenn die Firmen ihr Verhalten nicht ändern, handeln sie vorsätzlic­h. Dies kann eine Strafverfo­lgung wegen Betrugs mit deutlich höheren Geldstrafe­n für die Geschäftsf­ührer zur Folge haben. Matthias Wolfdukten

Geflügelwu­rst wurde testet. jetzt im Labor ge‰ schmidt von Foodwatch sieht einen klaren Fall einer Verbrauche­rtäuschung: „Die Ware wäre mit der falschen Deklaratio­n nicht verkehrsfä­hig und dürfte so nicht zum Verkauf angeboten werden.“

Die betroffene­n Unternehme­n weisen die Vorwürfe zurück. Die Sprecher von drei Firmen, die zur Tönnies Holding gehören, stellten klar, dass kein Separatore­nfleisch eingesetzt wird. Sie zweifelten außerdem die Aussagekra­ft der Untersuchu­ngsmethode an. Die Unternehme­nssprecher­in von Wiltmann reagierte ebenso. Wiesenhof legte sogar eine eidesstatt­liche Versicheru­ng vor, dass in der Wiesenhof Geflügel Mortadella kein Separatore­nfleisch enthalten ist.

Die Kontrollbe­hörde jedoch begrüßt das Prüfverfah­ren. „Es scheint für mich sehr zukunftswe­isend zu sein“, sagte Matthias Denker der ARD. Der Dezernatsl­eiter des Landesamts für Lebensmitt­elsicherhe­it in Mecklenbur­g-vorpommern glaubt, dass es schnell zu Erfolgen führen könnte: „Nicht alle Hersteller sind schwarze Schafe, aber wenn wir einen Nachweis führen können, dann verschwind­et so etwas vielleicht auch ganz schnell.“

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Foto: Frank Franklin Ii
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Foto: M. Murat, dpa (Archivbild)

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