Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Der Alchimist“zaubert bald unter freiem Himmel

Das Eukitea-theater spielt wieder ein Stück auf der Waldbühne in Anhausen – einen Klassiker von Paulo Coelho.

- VON VERONIKA LINTNER

Manchmal verlangen Regisseure das Unmögliche von Schauspiel­ern, ab und an Wunder. Und wenn man nicht genau wüsste, was hier im Diedorfer Eukitea-theater gerade gespielt wird, müsste man meinen, es sei schon wieder so weit: „Wir proben jetzt die vorletzte Szene“, ruft Stephan Eckl in den halbdunkle­n Saal zu den Darsteller­n, mit ihren Textbücher­n in der Hand – und erklärt dann leise: „In dieser Szene verwandelt sich die Figur des Santiago in den Wind.“Ein Mensch, der zur Bö wird? Zum Sturm? Klingt fantastisc­h? Ist es auch. Aber Eckl, der seit mehr als 25 Jahren das Projekt Eukitea leitet, kennt die Tricks der Bühnenmagi­e. Und so feilt er an dieser Schlüssels­zene – aus Paulo Coelhos „Der Alchimist“. Ein Weltbestse­ller, den das Privatthea­ter in diesem Juli auf die Bühne bringt.

Seit er 1988 erschien, hat sich dieser Roman des Brasiliane­rs Coelho mehr als 65 Millionen Mal verkauft, in mehr als 80 Sprachen. Erfolgsrez­eptur: Abenteuer, Liebe, Philosophi­e, Wüstenflai­r und kräftig Zauberstau­b. Ein junger Andalusier will die Welt entdecken, einen Schatz finden, die Pyramiden erblicken. Sein Vater wünscht sich, dass er Priester wird. Doch er wird Hirte und reist bald auf magischen Pfaden.

In Bühnenfass­ung will nun Eukitea diese Geschichte erzählen, die Premiere ist am Freitag, 1. Juli. Schon einmal stand „Der Alchimist“bei dieser Theater-projektgru­ppe auf dem Spielplan, erlebte 2020 fünf Vorführung­en – aber damals noch keine einzige unter freiem Himmel. Diesmal dagegen zieht das Team aus dem schattigen Theatersaa­l in die Natur, unter Baumwipfel: Gespielt wird auf der eigenen Waldbühne des Theaters in Anhausen. Dort hatten

Eckl und sein Team auch schon Klassiker gegeben wie Shakespear­es „Romeo und Julia“und seinen „Sturm“. Freier Himmel, Bühne frei: „Die Natur ist dort so präsent“,

Bunte Farben für ein magisches Werk. erzählt Eckl, „selbst die Glühwürmch­en spielen mit.“

Die bunte Gruppe probt an diesem Tag noch in Diedorf, dafür schon mit Turban und Walleumhan­g. Auch Darsteller und Darsteller­innen des Berliner Eukiteatea­ms mischen hier mit, natürlich auch das „Team Süd“, wie Eckl es nennt, und dazu kommen treue Schauspiel­kollegen, die aus Italien stammen und für die Inszenieru­ng anreisen – Eckls Netzwerk reicht weit. Hier in Diedorf haben sie sich ein Stammhaus gebaut, inklusive Foyer, Café, Probenraum und einem runden Saal. In dieser Arena vollzieht sich die Verwandlun­g.

Wie Eckl arbeitet, zeigt sich in der Wind-szene. Er lässt Schauspiel­ern Raum, den Text zu betasten, auszuteste­n, immer wieder frisch und anders zu betonen. Hauptdarst­eller Valentin Weiß spürt sich in die Rolle des Santiago hinein, er lässt seine Arme durch den unsichtbar­en Wind gleiten. Es war schon vollmundig bis übermütig von diesem Roman-helden, eine Wette einzugehen, dass er sich selbst – einen Menschen – in Wind verwandeln kann. Aber dazu gibt Eckl mit seinen Musikern Klangeffek­te. Soundmasch­inen schnaufen, Finger trommeln sanft auf Congas, dazu singt ein Sänger mystische Melodien.

Coelhos Werk liegt nah an der Eukitea-philosophi­e: Kunst als Lebensstüt­ze, als Mutmacher, auch als Orientieru­ngshilfe für junge Menschen. Das sei das Ziel seiner Arbeit, sagt Eckl. „Probleme sind Fragestell­ungen und darin steckt meistens auch schon die Lösung. Und sehr ähnlich gestaltet sich diese Reise des Alchimiste­n.“

Spieltermi­ne am 1., 2., 8. und 9.Juli. Beginn der Vorführung ist jeweils um 21 Uhr. Infos unter www.eukitea.de.

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Bild: J. A. Schapoval
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Foto: Marcus Merk (Archivbild)

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