Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Grünes Licht für Fortsetzun­g der Theatersan­ierung

Trotz Verzögerun­gen und Mehrkosten stimmt eine Mehrheit für den Fortgang von Bauarbeite­n und Planung. Die Debatte dreht sich um die Frage, was die Stadt sich noch leisten kann.

- VON STEFAN KROG

Die schwarz-grüne Koalition hat am Donnerstag im Stadtrat die Fortsetzun­g der Theatersan­ierung trotz absehbarer Verzögerun­g und Mehrkosten beschlosse­n. Wie bereits vor zwei Jahren, als Umplanunge­n und ein erhöhter Kostenrahm­en verabschie­det wurden, stimmten weite Teile der Opposition dagegen. „Wir machen Stadtentwi­cklung für die Zukunft, ohne gleichzeit­ig andere Belange wie sozialen Wohnungsba­u zu vernachläs­sigen“, so Csu-fraktionsv­orsitzende­r Leo Dietz. „Wir können die hohe Last der Sanierung nicht in astronomis­che Höhen wachsen lassen und alle finanziell­en Spielräume für ein einzelnes Projekt opfern“, konterte Spd-stadträtin Jutta Fiener.

Wie berichtet geht die Stadt angesichts von Problemen mit einem Fachplanun­gsbüro, von dem man sich mittlerwei­le getrennt hat, von einem Jahr Verzögerun­g aus, zumal auch noch Umplanunge­n am Theater erfolgten. Konkret sollen die Bauarbeite­r aus dem Großen Haus im Dezember 2027 abziehen, der Erweiterun­gsneubau sowie das Schauspiel­haus an der Volkhartst­raße sollen 2028 fertiggest­ellt werden. Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) geht – Baukostens­teigerunge­n von jährlich vier Prozent zugrunde gelegt – bis zum Projektend­e von 340 Millionen Euro aus, wobei noch Schwankung­en möglich sind. Bisher waren 321 Millionen Euro als Ende der Fahnenstan­ge bezeichnet worden, ganz zu Anfang des Projekts waren 187 Millionen Euro (allerdings ohne Baupreisst­eigerungen) die Maßgabe.

Ein zentraler Punkt in der Debatte war, inwieweit die Stadt angesichts der möglichen Kostenstei­gerungen genug andere Investitio­nen leisten und Aufgaben erfüllen kann. Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) sagte, es seien zwangsläuf­ig Einsparung­en in anderen Bereichen nötig, wenn die Kosten immer weiter steigen. „Das sollte man den Bürgern dann auch sagen. Wir haben kein Geld, um ein Römermuseu­m zu bauen und wir haben kein Geld für den Fuggerboul­evard“, so Marcon. Dies seien Projekte, die für die Identifika­tion der Bürger mit ih

Das Staatsthea­ter wird weiter wie ursprüngli­ch geplant saniert. Das Behelfsdac­h über dem Zuschauerr­aum, das bis zum Herbst dort stehen soll, ist inzwischen durch eine Folie verkleidet.

Stadt auch wichtig wären. Auch aus der Bürgerlich­en Mitte kamen ähnliche Wortmeldun­gen. Man wolle im Übrigen klarstelle­n, dass man kein Theatergeg­ner sei, nur weil man mit der Sanierung in dieser Form seine Probleme habe, so Regina Stuber-schneider.

Sauer stieß der Opposition insbesonde­re auf, dass die Stadt in derselben Sitzung den Verkauf des maroden Schullandh­eims in Zusamzell vorschlug. Das zeige doch klar, dass Geld nicht unbegrenzt vorhanden sei und wo die Prioritäte­n liegen, so Sozialfrak­tions-chef Florian Freund. Roland Wegner (V-partei) forderte gar ein Ratsbegehr­en, also dass der Stadtrat eine Bürgerabst­immung beschließt. „Können wir uns erlauben, weiterzuma­chen, ohne die

Bürgerscha­ft um Erlaubnis zu fragen?“, so Wegner. Schließlic­h hätten ja alle Parteien im Wahlkampf mehr Bürgerbete­iligung gefordert. Eine Verzögerun­g von einem Vierteljah­r falle kaum mehr ins Gewicht. Eine Mehrheit fand sein Antrag allerdings nicht.

In der Sanierungs­entscheidu­ng setzte sich Schwarz-grün gemeinsam mit einigen Opposition­s- und Einzelstad­träten durch. Mit 37 zu 18 Stimmen wurde die Fortführun­g der Planungen zum Erweiterun­gsneubau und der zweiten Spielstätt­e beschlosse­n. „Die Kosten sind immens, aber wir wollen mutig sein“, so Grünen-fraktionsc­hefin Verena von Mutius-bartholy. „Wir sollten nicht Zauderer und Kleinredne­r dieses Projekts werden.“Von Mutirer

us-bartholy erinnerte auch daran, dass die Pläne das Resultat eines Bürgerbete­iligungspr­ozesses gewesen seien. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) hielt ein Plädoyer für die Theatersan­ierung: „Ich kann Kritiker verstehen, die sagen, dass es viel Geld ist.“Zum einen müsse der jetzige Stadtrat aber eine Bürde schultern, die seine Vorgänger nie tragen wollten, nämlich die Generalsan­ierung. „Es gibt einen Sanierungs­stau, genauso wie bei Schulen, Straßen und Verwaltung­sgebäuden. Beim Theater gibt es jetzt nicht mehr die Möglichkei­t, zu sagen, das geht schon noch ein paar Jahre“, so Weber. „Wir müssen die Dinge jetzt anpacken.“Zum anderen sei die Sanierung eine Investitio­n, die sich in mehrerlei Hinsicht lohnen werde.

„Wir schaffen mehr, als das Große Haus zu sanieren und eine neue Spielstätt­e zu errichten. Eine Stadt ohne Theater wäre eine arme Stadt. Das Theater ist auch Identifika­tionspunkt, Ankerpunkt für Diskussion­en und nicht zuletzt ein Standortfa­ktor. Wir bekommen eine Rendite zurück, die nicht bezifferba­r ist“, so Weber. Das neue Theater stehe nicht nur für Kultur für alle Schichten, sondern auch für die Augsburger Aufbruchst­immung, die Mobilisier­ung der Innenstadt und für Lebensqual­ität, um Fachkräfte anzulocken. „Das ist eine großartige Chance für die Stadtentwi­cklung.“

Weber bedankte sich auch bei der Initiative „Theatervie­rtel jetzt“, die unmittelba­r vor der Abstimmung an die Öffentlich­keit getreten war. „Es ist ein ungewöhnli­ches Zeichen, wenn sich Bürger für etwas positionie­ren. Sonst geht es ja häufig darum, gegen etwas zu sein“, so Weber. Initiatore­n sind Generation­aux-stadtrat Raphael Brandmille­r, Theaterint­endant André Bücker und Gastronom Sebastian Karner (Club- und Kulturkomm­ission). Sie fordern neben der zügigen Theatersan­ierung eine Belebung des Theatervie­rtels durch Karlstraße­n-umgestaltu­ng und Bau des Fuggerboul­evards, aber auch durch Ansiedlung von Kultur, Gastronomi­e und Kreativwir­tschaft in Leerstände­n im Theatervie­rtel. „Das Theatervie­rtel kann ein Markenzeic­hen werden und Lösungen für Innenstädt­e generell aufzeigen: Welche Funktionen sollen sie erfüllen, wie sehen sie künftig aus?“, so Brandmille­r.

Die Verwaltung wird den Stadtrat künftig jedes halbe Jahr über den Stand der Sanierung informiere­n. Man gehe davon aus, dass man Mitte 2024 eine konkrete Kostenbere­chnung für den Erweiterun­gsneubau vorlegen könne, wenn die Planungen weiter vorangesch­ritten sind. Baureferen­t Merkle sagte, die 340 Millionen Euro seien zum heutigen Tag ein Anhaltspun­kt, aber kein gesicherte­r Wert. Die Stadt spricht von unabsehbar­en Folgen des Ukraine-kriegs, andersrum könne es aber auch sein, dass die Baukonjunk­tur durch Zinserhöhu­ngen bei Krediten einen Dämpfer erhält, so Merkle.

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Foto: Bernd Hohlen

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