Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Ilse‰hasi“genießt es, die Mörderin zu sein

Viele kennen ihre angenehme bayerische Stimme. Aus Radio und Fernsehen. Einem breiten Publikum bekannt wurde Ilse Neubauer an der Seite von Helmut Fischer in der Serie „Die Hausmeiste­rin“. Eine Hommage zum Geburtstag.

- VON DANIELA HUNGBAUR

München Da ist sie. Diese angenehme, vertraute Stimme. Sie begleitet viele von uns seit Jahrzehnte­n. Wir kennen sie vom Radio, etwa vom „Betthupfer­l“oder vom „Kalenderbl­att“. Wir kennen sie auch vom Fernsehen. Aus bayerische­n Kultserien wie „Meister Eder und sein Pumuckl“oder „Die Hausmeiste­rin“. Und wir kennen sie als unaufgereg­te Erzählerin, die in ihrem schönen, gar nicht derben Bayerisch Dokumentat­ionen über Land und Leute erst ihren feinen Fluss verleiht.

Ilse Neubauer hat keine Starallüre­n. Das merkt man gleich. Sie plaudert am Telefon los, dass es eine wahre Freude ist. Erkannt wird sie zwar viel in München, ihrer Heimat, und natürlich auch angesproch­en. „Ich habe aber auch das Talent, mich unsichtbar zu machen“, sagt sie. „Ich zieh ein Kopftuch über meine krausen Locken, und wenn ich noch mit zwei Einkaufstü­ten kämpfe, spricht mich keiner mehr an.“Dabei gibt es eine Rolle, die ihr ganz besonders anhaftet. In der sie vielen unvergesse­n ist. Das weiß sie auch. Es ist das „Ilse-hasi“an der Seite von Helmut Fischer in der Fernsehser­ie „Die Hausmeiste­rin“. Dabei hat sie sich damit nicht gleich in alle Herzen gespielt. Im Gegenteil. Viele waren anfangs gar nicht einverstan­den damit, wie sie, als diese selbstbewu­sste Bankerin, da der fleißigen, fürsorglic­hen Martha Haslbeck alias Veronika Fitz ihren Josef so frech wegschnapp­t. Nach über 20 Jahren Ehe. „Alexis von Haidhausen nannten mich damals viele“, erinnert sie sich und lacht. Alexis in Anlehnung an das Biest vom Denver-clan, einer Fernsehser­ie, die ebenfalls in den 80er Jahren lief. Erst als die Zuschauer merkten, dass es auch sie, das „Ilse-hasi“, mit ihrem sprunghaft­en, leichtlebi­gen, seiner Ex-frau Martha stets anhänglich­en „Josef-bärli“oft richtig schwer hat, sei es besser geworden.

„Es war eine meiner schönsten Rollen“, sagt sie heute. „Und Helmut Fischer im richtigen Leben genauso charmant und schlitzohr­ig wie in seinen Rollen. Aber auch ein Melancholi­ker.“Doch auch wenn sie als etwas zickige, dann wieder hinreißend schmeichel­nde und zuweilen herrlich wütende „Ilse-hasi“großartig spielt – es ist nur eine von

Ilse Neubauer gehört zu den bekanntest­en bayerische­n Schauspiel­erinnen und Sprecherin­nen. Viele kennen sie als „Ilse‰hasi“ne‰ ben Helmut Fischer in der Serie „Die Hausmeiste­rin“(unten rechts), aber auch aus „Derrick“.

einer ganzen Reihe von Rollen: Sie spielte beispielsw­eise im „Komödienst­adel“, in „Irgendwie und sowieso“, „Der Bulle von Tölz“, „Anna“, „Peter und Paul“, „Derrick“oder im Polizeiruf 110 „Frau Schrödinge­rs Katze“.

Und Ilse Neubauer, die am 27. Juni 80 Jahre alt wird, will weiter spielen und als Sprecherin weiterarbe­iten. „Denn ich liebe meinen Be

als Schauspiel­erin und als Sprecherin.“Überhaupt hält sie es für völlig falsch, Ältere, die gerne arbeiten, daran zu hindern. Man dürfe nur selbst nie aufhören, an sich zu arbeiten, sagt sie und weiß, wovon sie spricht. Schließlic­h wäre sie vor ein paar Jahren nach einem schweren Radunfall beinahe im Rollstuhl gelandet und kam nur dank eines hartnäckig­en Trainings wieder auf

die Beine. Leicht sei es aber nicht, im Alter gute Rollen zu bekommen. „Ich muss nehmen, was ich bekomme“, sagt sie. Sowohl im Radio als auch im Fernsehen. Alles nehme sie allerdings auch nicht mehr an. So dürfe die Rolle zwar durchaus klein sein, „aber ein guter Auftritt muss es schon sein“, sagt sie und ergänzt: „Mit großem Genuss spiele ich auch richtig böse Rollen, gerne die Mörruf derin.“Denn privat sei sie ein „aggression­sgehemmter Mensch“. Eine Frau, geboren in Schwabing, aufgewachs­en mit der Mutter und der älteren Schwester auf einem Bergbauern­hof oberhalb von Garmisch, der man von klein auf beigebrach­t habe, hübsch brav zu sein. Da sei es doch kein Wunder, dass sie Schauspiel­erin werden wollte und es bis heute liebt, in unterschie­dliche Charaktere zu schlüpfen.

Wobei es gerade der Beruf als Sprecherin beim Bayerische­n Rundfunk war, erzählt sie, der ihr als junger, alleinerzi­ehender Mutter ein auskömmlic­hes Gehalt sicherte. Doch schon damals habe es sie empört, dass Frauen wesentlich weniger verdient haben als Männer. Eine Ungleichhe­it, die sie noch heute ärgert. Und noch heute kann sie gerade junge Frauen nicht verstehen, die über das Wort „Feministin“die Nase rümpfen. „Ich war stolz, eine Feministin zu sein. Und ich hoffe, dass ich 100 Jahre alt werde. Denn dann erlebe ich vielleicht doch noch eine hundertpro­zentige Gleichbere­chtigung.“

Fest steht: Langweilig wird ihr bis zu ihrem 100. Geburtstag nicht. So betreibt sie in ihrem kleinen Haus in der Ludwigsvor­stadt – von vielen auch abfällig Bahnhofsvi­ertel genannt – zusammen mit ihrem Sohn Andreas, einem Fotografen, eine kleine Galerie. Denn für schöne Fotografie­n und Gemälde konnte sie sich schon als Kind begeistern. Und sie ist eine leidenscha­ftliche Kinogänger­in. Und Theatergän­gerin. Und überhaupt eine Stadtpflan­ze.

Doch gibt es denn noch das berühmte Münchner Lebensgefü­hl, das in vielen Serien so schön mitschwing­t? „Ja, es gibt sie noch, die Ecken, in denen dieses Münchner Lebensgefü­hl zu spüren ist“, sagt sie. „Aber sie werden weniger.“Dennoch will sie die Stadt nicht missen. Zwar liebe sie die Natur sehr. Doch gerade jetzt, im Alter, sei es die Stadt mit ihren fußläufig erreichbar­en Cafés, Theatern, Museen, die es einem leichter macht, weiter aktiv am Leben teilzuhabe­n. Und das ist Ilse Neubauer wichtig. Sind es doch ihre Offenheit, ihre Neugierde, ihre klaren politische­n Standpunkt­e, die sie zu so einer wunderbare­n Gesprächsp­artnerin machen – ihre angenehme Stimme rundet dabei das Vergnügen ab.

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Fotos: United Archives via Getty Images
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