Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Für umsonst ist langsam vorbei
Bei Aldi müssen Kunden nun für das Laden ihrer E-autos zahlen. Bis jetzt ging das gratis. Schade für das Portemonnaie und doch ein Fortschritt – denn das absehbare Ende der Gratis-kultur bedeutet: die E-wende kommt voran.
Augsburg Es war ein nettes Angebot. Wer ein E-auto hat, konnte es bis Anfang Juni bei Aldi Süd laden, während er drinnen den Einkaufswagen bepackte. Bezahlt werden musste nur, was im Discounter konsumiert wurde. Der Strom für das Auto war umsonst.
War. Denn was seit 2015 ging, geht seit diesem Monat nicht mehr. Seit 2015 konnten Aldi-südkunden den Gratis-service nutzen. Jetzt kostet das Aufladen an den Schnellladestationen 39 Cent – an den Normalladesäulen 29 Cent pro Kilowattstunde. Angeboten werden den Unternehmensangaben zufolge „100 Prozent Grünstrom“. Eine Registrierung ist zwar weiterhin nicht notwendig, man kann einfach mit der EC- oder Kreditkarte oder mit Google Pay und Apple Pay zahlen, auch außerhalb der Filialöffnungszeiten, teilweise rund um die Uhr, und laut Aldi „in der Regel günstiger als zu Hause“, aber: Für umme ist halt vorbei.
Was schade für die Geldbörse ist, kann man allerdings auch als Fortschritt begreifen. Die Tage des Verbrenners werden weniger, die EU will, dass 2035 gänzlich Schluss damit ist, und die Zulassungszahlen für E-autos erreichen in Deutschland – dank üppiger staatlicher Zuschüsse – Rekordwerte. Das Kraftfahrtbundesamt vermeldet, dass in den ersten fünf Monaten dieses Jahres insgesamt 1.013.417 Autos neu zugelassen wurden. 44,3 Prozent mit alternativem Antrieb (Elektro, Hybrid, Plug-in, Brennstoffzelle, Gas, Wasserstoff). Natürlich gibt es noch immer sehr viel mehr Verbrenner auf den Straßen, aber der Trend ist eindeutig. Und die großen Hersteller forcieren ihn, indem sie in großem Stil und viel mehr E-modelle auf den Markt bringen. Wenn nun also immer zahlreicher Stromer unterwegs sind, greifen für drum herum die Marktkräfte. Sprich: Wo es bisher Umsonst-angebote für die E-avantgarde gab, wird nun ganz normal im E-alltag kassiert.
Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes emobilität (BEM), ist jedenfalls nicht überrascht. Die Gratisangebote
nähmen ab, das bestätigt auch der Ingolstädter und fügt hinzu: „Und das ist auch gut so.“Zwar hätten die Umsonst-angebote wie bei Aldi etwas gebracht, weil „die Menschen dann sehen, dass sich etwas ändert“, aber nun gehe es damit zu Ende. Sigl ist überzeugt: „Das wird sich nach und nach alles kommerzialisieren. Je nachdem, was die einzelnen Anbieter für eine Kundenbindung wollen, wird es günstiger oder teurer.“Die E-wende sei auf einem guten Weg, die staatlichen Förderungen – auch die der Kfw-bank für Wallboxen – zahlten sich aus, sollten aber, findet Sigl, nun gezielter eingesetzt werden. Er nimmt zum Beispiel die Arbeitgeber in die Pflicht. „Der Fachkräftemangel ist ein riesiges Problem. Wer als Firma auf dem Parkplatz Ladepunkte hat, die idealerweise mit grünem Strom versorgt werden, für den Unternehmer wird das zum Standortfaktor. Damit kann man Mitarbeiter anlocken und binden.“
Bei Lidl und Kaufland, die beide zur Schwarz-gruppe gehören, können Kunden den Stromer für die Dauer ihres Einkaufs „derzeit“kostenlos mit Grünstrom laden, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Die maximale Ladezeit beträgt 60 Minuten, danach wird der Ladevorgang automatisch unterbrochen. Das Handelsblatt hatte zuletzt allerdings berichtet, dass die Schwarz-gruppe nicht dementiere, die Einführung von Ladegebühren zu prüfen. Der Sprecher wollte sich auf Nachfrage dazu nicht weiter äußern.
Bei der Rewe Group mussten die Kunden schon immer für das Laden zahlen. Kooperiert wird in Sachen E-ladesäulen für Pkw grundsätzlich mit Stromanbietern. Die Rewe Group hat zuletzt im November 2021 mit ENBW und Shell eine strategische Partnerschaft geschlossen. Ziel ist es, „eines der größten und modernsten Schnellladesäulen-netze“
in Deutschland aufzubauen. Bis Ende 2024 soll das Netz voraussichtlich weit mehr als 6000 Ladepunkte – bei Rewe, Penny, Toom – haben.
Wenn sich das nicht lohnen würde, würden die Unternehmen es wohl eher nicht machen. Abgesehen davon, dass das sogenannte Gebäude-elektromobilitätsinfrastruktur-gesetz sie auch verpflichtet: Demnach sind auf Parkplätzen von „Nichtwohngebäuden“– also zum Beispiel Supermärkten – Ladepunkte zu errichten.
Der Bedarf ist da. Auch Mcdonald’s Deutschland baut aus. Gemeinsam mit EWE Go sollen bis 2025 an mindestens 1000 Mcdrive-standorten Ladesäulen stehen. Beim Schnellimbiss musste man allerdings immer schon – los ging es 2020 – fürs Laden zahlen.
Umsonst bleibt es aktuell bei Ikea, so eine Sprecherin. Der Möbelhaus-gigant hat in Deutschland rund 220 Ladestationen installiert. Während der Öffnungszeiten können Kunden hier nach wie vor gratis laden. Auch Ikea will das Netz weiter ausbauen.
Bei Ikea bleibt aktuell alles wie gehabt