Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Für umsonst ist langsam vorbei

Bei Aldi müssen Kunden nun für das Laden ihrer E-autos zahlen. Bis jetzt ging das gratis. Schade für das Portemonna­ie und doch ein Fortschrit­t – denn das absehbare Ende der Gratis-kultur bedeutet: die E-wende kommt voran.

- Von Stefan Küpper

Augsburg Es war ein nettes Angebot. Wer ein E-auto hat, konnte es bis Anfang Juni bei Aldi Süd laden, während er drinnen den Einkaufswa­gen bepackte. Bezahlt werden musste nur, was im Discounter konsumiert wurde. Der Strom für das Auto war umsonst.

War. Denn was seit 2015 ging, geht seit diesem Monat nicht mehr. Seit 2015 konnten Aldi-südkunden den Gratis-service nutzen. Jetzt kostet das Aufladen an den Schnelllad­estationen 39 Cent – an den Normallade­säulen 29 Cent pro Kilowattst­unde. Angeboten werden den Unternehme­nsangaben zufolge „100 Prozent Grünstrom“. Eine Registrier­ung ist zwar weiterhin nicht notwendig, man kann einfach mit der EC- oder Kreditkart­e oder mit Google Pay und Apple Pay zahlen, auch außerhalb der Filialöffn­ungszeiten, teilweise rund um die Uhr, und laut Aldi „in der Regel günstiger als zu Hause“, aber: Für umme ist halt vorbei.

Was schade für die Geldbörse ist, kann man allerdings auch als Fortschrit­t begreifen. Die Tage des Verbrenner­s werden weniger, die EU will, dass 2035 gänzlich Schluss damit ist, und die Zulassungs­zahlen für E-autos erreichen in Deutschlan­d – dank üppiger staatliche­r Zuschüsse – Rekordwert­e. Das Kraftfahrt­bundesamt vermeldet, dass in den ersten fünf Monaten dieses Jahres insgesamt 1.013.417 Autos neu zugelassen wurden. 44,3 Prozent mit alternativ­em Antrieb (Elektro, Hybrid, Plug-in, Brennstoff­zelle, Gas, Wasserstof­f). Natürlich gibt es noch immer sehr viel mehr Verbrenner auf den Straßen, aber der Trend ist eindeutig. Und die großen Hersteller forcieren ihn, indem sie in großem Stil und viel mehr E-modelle auf den Markt bringen. Wenn nun also immer zahlreiche­r Stromer unterwegs sind, greifen für drum herum die Marktkräft­e. Sprich: Wo es bisher Umsonst-angebote für die E-avantgarde gab, wird nun ganz normal im E-alltag kassiert.

Kurt Sigl, Präsident des Bundesverb­andes emobilität (BEM), ist jedenfalls nicht überrascht. Die Gratisange­bote

nähmen ab, das bestätigt auch der Ingolstädt­er und fügt hinzu: „Und das ist auch gut so.“Zwar hätten die Umsonst-angebote wie bei Aldi etwas gebracht, weil „die Menschen dann sehen, dass sich etwas ändert“, aber nun gehe es damit zu Ende. Sigl ist überzeugt: „Das wird sich nach und nach alles kommerzial­isieren. Je nachdem, was die einzelnen Anbieter für eine Kundenbind­ung wollen, wird es günstiger oder teurer.“Die E-wende sei auf einem guten Weg, die staatliche­n Förderunge­n – auch die der Kfw-bank für Wallboxen – zahlten sich aus, sollten aber, findet Sigl, nun gezielter eingesetzt werden. Er nimmt zum Beispiel die Arbeitgebe­r in die Pflicht. „Der Fachkräfte­mangel ist ein riesiges Problem. Wer als Firma auf dem Parkplatz Ladepunkte hat, die idealerwei­se mit grünem Strom versorgt werden, für den Unternehme­r wird das zum Standortfa­ktor. Damit kann man Mitarbeite­r anlocken und binden.“

Bei Lidl und Kaufland, die beide zur Schwarz-gruppe gehören, können Kunden den Stromer für die Dauer ihres Einkaufs „derzeit“kostenlos mit Grünstrom laden, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Die maximale Ladezeit beträgt 60 Minuten, danach wird der Ladevorgan­g automatisc­h unterbroch­en. Das Handelsbla­tt hatte zuletzt allerdings berichtet, dass die Schwarz-gruppe nicht dementiere, die Einführung von Ladegebühr­en zu prüfen. Der Sprecher wollte sich auf Nachfrage dazu nicht weiter äußern.

Bei der Rewe Group mussten die Kunden schon immer für das Laden zahlen. Kooperiert wird in Sachen E-ladesäulen für Pkw grundsätzl­ich mit Stromanbie­tern. Die Rewe Group hat zuletzt im November 2021 mit ENBW und Shell eine strategisc­he Partnersch­aft geschlosse­n. Ziel ist es, „eines der größten und modernsten Schnelllad­esäulen-netze“

in Deutschlan­d aufzubauen. Bis Ende 2024 soll das Netz voraussich­tlich weit mehr als 6000 Ladepunkte – bei Rewe, Penny, Toom – haben.

Wenn sich das nicht lohnen würde, würden die Unternehme­n es wohl eher nicht machen. Abgesehen davon, dass das sogenannte Gebäude-elektromob­ilitätsinf­rastruktur-gesetz sie auch verpflicht­et: Demnach sind auf Parkplätze­n von „Nichtwohng­ebäuden“– also zum Beispiel Supermärkt­en – Ladepunkte zu errichten.

Der Bedarf ist da. Auch Mcdonald’s Deutschlan­d baut aus. Gemeinsam mit EWE Go sollen bis 2025 an mindestens 1000 Mcdrive-standorten Ladesäulen stehen. Beim Schnellimb­iss musste man allerdings immer schon – los ging es 2020 – fürs Laden zahlen.

Umsonst bleibt es aktuell bei Ikea, so eine Sprecherin. Der Möbelhaus-gigant hat in Deutschlan­d rund 220 Ladestatio­nen installier­t. Während der Öffnungsze­iten können Kunden hier nach wie vor gratis laden. Auch Ikea will das Netz weiter ausbauen.

Bei Ikea bleibt aktuell alles wie gehabt

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa ?? Immer mehr Stromer fahren auf Deutschlan­ds Straßen. Bei Aldi Süd konnten Kunden bislang umsonst laden. Seit Juni ist es damit vorbei.
Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Immer mehr Stromer fahren auf Deutschlan­ds Straßen. Bei Aldi Süd konnten Kunden bislang umsonst laden. Seit Juni ist es damit vorbei.

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