Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine Säulenhall­e auf dem Feld

Bei Polling erwartet nicht nur Radler entlang der Ammer ein besonderes Kunsterleb­nis. Wie Stoa169 einen Zeichen für Frieden und Solidaritä­t setzen will.

- Von Doris Wegner

Eine der Säulen ist ein knallrotes Kanu, eine andere macht Töne, nicht weit davon entfernt lauter scheinbar herausgeri­ssene Zeitungsse­iten in Säulenform .... Die nächste wirkt wie eine antike Figur und schaut auf den benachbart­en Acker; Säulen als Spiralen, als Kuben, aus Plastikfla­schen, in afrikanisc­hen Mustern, aus Blechdosen, etwas weiter – sehr markant – das Gesicht der amerikanis­chen Poetin Amanda Gorman und mittendrin eine Platane, die der Aktionskün­stler Wolfgang Flatz gepflanzt hat. Der Baum – die Ursäule überhaupt, wie er findet – soll später alles überragen, so sein Gedanke… Nahaufnahm­en in der Stoa 169. Und immer neue Ansichten und Perspektiv­en, wenn man durch die Säulenhall­e in der Nähe von Polling schlendert.

Doch zunächst der Weitwinkel, der Überraschu­ngseffekt. Der ist nämlich groß, wenn man auf dem Radweg entlang der Ammer unterwegs ist und nach einer unübersich­tlichen Kurve plötzlich das Kunstproje­kt des Malers Bernd Zimmer auf einer Wiese auftaucht. Ach hier ist das! Ziel schon seit langem, und dann fällt es einem geradezu vor die Füße. Ein flacher offener Bau, zu dem man unweigerli­ch abbiegt. Künstler aus aller Welt wurden eingeladen, eine tragende Säule zu gestalten. 121 unterschie­dliche Stelen sind inzwischen in der Nähe von Polling im Pfaffenwin­kel zu sehen. 169 sind – wie es der Name verrät – geplant.

Man muss nicht zufällig vorbeirade­ln, um sie zu besichtige­n. Aber einigermaß­en gut zu Fuß sein, die letzten Meter vom Parkplatz können nur zu Fuß erreicht werden. So nähert man sich – und das ist beabsichti­gt – langsam diesem Kunstobjek­t; kein Shop, kein Rummel, nur Kunst auf der offenen Wiese. Bernd Zimmer, der selbst in Polling wohnt, ließ sich übrigens von den Tempeln der Hindus in Indien inspiriere­n, die der Meditation dienen. Mit der Säulenhall­e in seiner Heimat will er ein Zeichen für internatio­nale Solidaritä­t und Frieden setzen. Stoa 169 ist die erste neu gebaute Säulenhall­e seit der Antike, erzählt ein Fernsehber­icht. Zimmer hat auf seiner Säule den Kosmos abgebildet. Seine Säule soll die Menschen daran erinnern, mit mehr Abstand zur Erde das Positive zu sehen. Auch das will mal wieder entdeckt werden.

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Foto: Florian Sanktjohan­ser, dpa

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