Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Verstörende Aussage
Ein Zeuge belastet den Hauptangeklagten im Prozess um die Polizistenmorde von Kusel schwer. Er hatte am Tattag dessen Auto abgeschleppt. Dann schöpfte er einen Verdacht.
Kaiserslautern Am zweiten Verhandlungstag im Polizistenmordprozess von Kusel hat ein Kumpel des Hauptangeklagten diesen schwer belastet. Der Zeuge, der den Wagen von Andreas S. am Morgen des Tattags abgeschleppt hatte, schilderte, wie verstörend der Angeklagte handeln konnte und wie nüchtern er nach der Tat vorging.
Der Zeuge ist Jäger und besitzt eine Wildkammer, in der er erlegte Tiere zerlegt. Nach eigenen Angaben lernte er den Mann, der beschuldigt wird, bei Kusel zwei Polizisten erschossen zu haben, vor vier Jahren bei einer Jagd kennen. Andreas S. sei bei den Jägern beliebt gewesen, weil er nach einer Jagd das gesamte erlegte Wild aufgekauft und großzügig Geschenke gemacht habe. Mit seinem langen grünen Jägermantel, der Trappermütze aus Marderfell und seinem ganzen Gehabe sei er sofort aufgefallen. Er habe sich selbst den Spitznamen „Guzman“gegeben, nach einem peruanischen Guerillakämpfer.
Für ihn, so der Zeuge, war „der Andreas bald der beste Freund, den man haben kann. Der hat Dinge für mich gemacht, die hat sonst niemand für mich gemacht.“
Bald stellte der Zeuge seine Wildkammer Andreas S. zur Verfügung, wo dieser nachts nach der Wilderei seine Beute ausnahm und zerlegte. Der Zeuge vermittelte an Andreas S. auch seinen Bekannten Florian V. als Helfer für die nächtliche Pirsch. Florian V. hatte demnach die Aufgabe, erlegte Tiere zu einem Lieferwagen zu ziehen, der eigens fürs Wildern umgebaut worden war.
Die erste Begegnung zwischen Andreas S. und seinem neuen Helfer sei so verlaufen, erzählt der Zeuge: Er sei mit Florian V. zum Wohnhaus des Hauptangeklagten gefahren. Dort in der Garage habe Andreas S. eine Waffe gezogen und das Magazin leergeschossen. Anschließend habe er zu V. gesagt: „Ich habe vier Kinder. Wenn du einem von ihnen zu nahe kommst oder irgendwem erzählst, was du für mich schaffst, dann hast du grad gesehen, was dann passiert.“Auch an den Tattag erinnert sich der Zeuge genau. Am Morgen gegen 5 Uhr habe Andreas S. ihn angerufen und gebeten zu kommen. Er sei nach der Jagd mit dem Renault-lieferwagen liegen geblieben. Und: Er solle nicht den direkten Weg nehmen, weil der nach einem Unfall von der Polizei gesperrt sei. Der Zeuge fuhr nach Erdesbach im Kreis Kusel in Rheinland-pfalz.
Eine Abschleppstange wurde montiert und über Landstraßen ging’s zurück ins Saarland. Wegen der Last der Ladung – im Renault befanden sich 22 Stück Wild – brach unterwegs aber die Abschleppstange. Daraufhin brachte Andreas S. den Lieferwagen wieder zum Laufen und fuhr selbst zum Ziel nach Sulzbach.
Im Laufe des Tages erfuhr der Zeuge aus dem Radio von den Polizistenmorden bei Kusel, er sah die Einschusslöcher im Auto, bekam mit, dass S. bei ihm duschte und die Kleider und Stiefel in einem Müllsack verstaute. Der Zeuge sagte dann, er habe ihn gefragt, ob er etwas mit der Sache zu tun habe. Er habe „völlig emotionslos“reagiert und „eiskalt“mit der Verarbeitung der Beute weitergemacht. Dann, so der Zeuge, habe er Florian V. angesprochen. Dieser habe nichts gesagt. „Und ich habe zum ersten Mal im Leben bei jemandem Todesangst im Gesicht gesehen.“Dann rief der Zeuge seine Anwältin an, die die Polizei informierte.
Am zweiten Verhandlungstag versuchte das Gericht auch zu klären, ob Andreas S. zum Zeitpunkt der Tat noch mit seiner Frau zusammen war. Kein Zeuge hatte etwas von einer Trennung mitbekommen. Der „Abschlepper“vom Tattag erklärte die Tatsache, dass Andreas S. seinen Erstwohnsitz umgemeldet hatte, damit, dass dieser gehofft hatte, im benachbarten Saarpfalz-kreis seinen Jagdschein bald wieder zu bekommen, „weil er da einen kennt“.
Plötzlich sah er Einschusslöcher im Auto