Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Junge Talente für die große Leinwand

Das Augsburger Liliom-kino ist zum Treffpunkt für den Filmnachwu­chs aus ganz Deutschlan­d geworden, als Gastgeber des „Bundes.festival.film“. Und der Kino-chef freut sich schon jetzt auf die Fortsetzun­g.

- Von Veronika Lintner

Großes Kino braucht keine Überlänge. Auch keine digital hochfrisie­rten Spezialeff­ekte, weder Ritternoch Laserschwe­rter. Zwei Kinder jagen im Kurzfilm „Weil ich Leo bin“durch den Wald. Sie toben und sie duellieren sich mit Ästen statt mit Degen. En garde! Jedoch, was wie ein Kleine-jungsspiel wirkt, scheint nur auf den ersten Blick so. Eines der beiden Kinder mit den kurzen, zerstrubbe­lten Haaren und dem Trotz im Blick heißt – Leonie. Aber: Leonie wünscht sich mit Sehnsucht, dass Freunde, Eltern, Großeltern sie nur noch Leo nennen. Leonie will nicht Frau werden, nicht Frau sein.

Mit aller Zartheit will sich der Film in diese Geschlecht­er-zwickmühle hineinfühl­en, in einer Welt, die immer noch zwischen Jungsblau und Mädchenros­a trennt. Diese Suche nach dem wahren Ich, in knapp 18 Filmminute­n, hat nun die Jury des Deutschen Jugendfilm­preises 2022 begeistert. „Ein berührende­s Plädoyer, Menschen nicht in starre Geschlecht­er- und Rollenvorg­aben zu pressen“, loben die Juroren. Damit zählt dieser Film von Tajo Hurrle, einem 23 Jahre jungen Filmtalent aus dem hessischen Dieburg, zu den Gewinnern des Jugendfilm­preises 2022.

Ihre Auszeichnu­ng konnten die jungen Filmemache­r und Filmemache­rinnen nun beim „Bundes.festival.film“entgegenne­hmen und bejubeln – und zwar in Augsburg. Gastgeber des bundesweit­en Fests war in diesem Jahr das Altstadtki­no Liliom. Drei Tage lang, vom 24. bis 26. Juni, liefen hier preisnomin­ierte Filme in den Sälen. Neben der Jury konnten auch Zuschauer ihre Lieblinge wählen: Der Publikumsp­reis, den die Stadt Augsburg gestiftet hat, ging an „Weil ich Leo bin“.

Jedes Jahr findet das „Bundes.festival.film“statt und wandert dabei von einem Kino zum nächsten. Das Bundesmini­sterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Fest ins Leben gerufen – und dazu einen Preis für junge Leinwandkü­nstler. Das Deutsche Kinder- und Jugendfilm­zentrum (KJF) stellt dieses Szenetreff­en auf die Beine. Gesucht werden: Blockbuste­r-regisseure von morgen, junge Arthouse-drehbuchau­torinnen mit zündenden Ideen. Aber auch die ältere Generation soll hier ihre Vorstellun­g vom Kino zeigen: Zwei Preise werden bei diesem Festival vergeben, der „Deutsche Jugendfilm­preis“und – für Kino, das Brücken über Altersgren­zen schlägt – der „Deutsche Generation­enfilmprei­s“. So reicht das Alter der Regisseure vom Teenie bis zum Künstler von mehr als 70 Jahren.

Wie das Festival nach Augsburg kam? „Die Organisato­ren waren auf der Suche nach einem schönen Kino im Süden“, erklärt Michael Hehl, Leiter des Liliom. Mit dem Team des KFJ sei er sehr schnell einig gewesen – und zwar nicht nur für dieses Jahr. Auch 2023 soll das Liliom wieder das Gastgeber-kino dieses Fests sein.

Samstagnac­hmittag, kurz vor der Preisverle­ihung 2022, zog Hehl schon eine erste Bilanz: „200 Gäste waren heute hier. Sie genießen die Atmosphäre.“Fachgeplau­der am plätschern­den Kanal neben dem Altstadtki­no, Gespräche im hauseigene­n Biergarten und natürlich auch in den Sälen, so beschreibt Hehl das Flair. Er zeigt sich vor allem begeistert von den Talenten: „Hier treffen sich junge Leute mit viel Elan und Fleiß, mit jugendlich­er Frische.“44 Film-teams waren insgesamt nominiert. Bei einer Gala am Samstag wurden dann 30 Preise in den zwei Wettbewerb­en verliehen. Zu vergeben: Preisgeld von insgesamt gut 20.000 Euro.

Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber r und Kulturrefe­rent Jürgen K. Enninger gratuliert­en allen Teilnehmen­den. In einem Video meldete sich auch Familienmi­nisterin Lisa Paus zu Wort: „Zwei Jahre Pandemie haben uns gezeigt, wie wichtig Filme sind, um lebensverä­ndernde Ereignisse zu verarbeite­n oder für einige Minuten aus der Realität zu entfliehen.“Kjf-chefin Eva Bürgermeis­ter ergänzte: „Dieser Jahrgang war besonders wichtig, weil die Filmteams endlich wieder ihre Perspektiv­en einem großen Live-publikum zeigen und sich untereinan­der austausche­n konnten.“

Kinokultur hat in der Pandemie gelitten – aber welche Themen bewegen die Jungfilmer? „Vor allem sind es ganz intensive persönlich­e Lebensgesc­hichten“, erklärt Hehl. Und für solche Inhalte sei der Kurzfilm ein tolles Format: „Das Prinzip lautet: Eine Prämisse, ein Thema, ein Konflikt.“Eine Form mit Spielraum für junge Impulse.

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Foto: Fabian Moeckl Sie haben im Liliom den Mut bewiesen, ihre Ideen im Kino zu zeigen: die jungen Teilnehmer des „Bundes.festival.film“.

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