Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sechs Badetote in nur einer Woche
In Bayern ertrinken pro Jahr 60 bis 120 Menschen – in den vergangenen Tagen häuften sich die tragischen Unfälle. Woran das liegt und worauf gerade ältere Menschen achten sollen.
Friedberg Für Entsetzen sorgen weiterhin die beiden schweren Badeunfälle am Friedberger See, die sich am Sonntag binnen nur weniger Stunden ereignet hatten. Michael Käser, Vorsitzender der Friedberger Wasserwacht, spricht von „verheerenden und schrecklichen Unfällen“. Am Morgen des Sonntags war eine 80-jährige Augsburgerin plötzlich untergegangen und wenig später trotz Erste-hilfe-maßnahmen im Krankenhaus gestorben. Am Nachmittag ging dann ein 18-Jähriger, der geistig und körperlich behindert ist, im Wasser unter. Er wurde zwar sofort aus dem See gezogen, liegt aber seitdem in der Uniklinik Augsburg im Koma. Seit Wochen schon häufen sich die Meldungen von schweren Badeunfällen im Freistaat. Doch woher kommt diese Häufung – oder ist es gar keine?
Für den Sprecher der Deutschen Lebens-rettungs-gesellschaft in Bayern liegt die Antwort nahe. „Seit gut drei Wochen ist es sehr warm, und seitdem hat es in Bayern
nach meinem Kenntnisstand sieben Ertrinkungsfälle gegeben“, sagt Michael Förster gegenüber unserer Redaktion. Allein in der vergangenen Woche ertranken im Freistaat mindestens sechs Menschen. „Man kann sagen, dass jedes Jahr im Schnitt 90 Menschen in Bayern beim Baden ertrinken, je nach Wetterbedingungen zwischen 60 und 120 Menschen“, weiß der 68-Jährige, der das Geschehen – als Sprecher des Dlrg-landesverbandes Bayern – seit zehn Jahren genau beobachtet. Auch wenn die Häufung derzeit natürlich sehr fatal sei, so sei sie dennoch nicht außergewöhnlich. „Immer wenn es heiß wird, steigen halt die Zahlen.“
Bayern sei im Vergleich mit anderen Bundesländern stärker von Badeunfällen betroffen, weil es hier sehr viele Seen und Weiher gebe. „Schwerpunkt in Bayern ist übrigens nicht Schwaben, sondern der Bezirk Oberbayern. Dort gibt es vor allem südlich von München besonders viele Gewässer – und in dem Regierungsbezirk leben in Bayern die meisten Menschen.“Freibäder seien hingegen kaum von tödlichen Badeunfällen betroffen, weil es dort stets eine entsprechende Überwachung unter anderem durch Bademeister gibt und „man überdies in einem Becken – im Gegensatz zu einem See – auf den Grund blicken und Verunglückte sehen kann“.
An den Seen und Flüssen sei die Überwachung hingegen nicht so ganz genau geregelt, sagt Förster. Während also etwa die Stadt Friedberg die Wasserwacht mit dieser Aufgabe am Friedberger See betraut hat (dort leisten insgesamt 25 bis 30 Aktive ehrenamtlich Dienst), ist das an vielen anderen Seen nicht unbedingt der Fall. „Eine Überwachung muss eine Kommune dann organisieren, wenn etwa eine Liegewiese mit Kiosk existiert – und die Menschen sozusagen zum Baden einlädt.“
Im Schnitt die Hälfte der Menschen, die hierzulande ertrinken, sind Seniorinnen und Senioren über 65 Jahre. Viele hätten Vorerkrankungen – beispielsweise des Herzens. „Wir raten grundsätzlich älteren Menschen, mit ihrem Hausarzt abzuklären, ob sie zum Baden gehen können.“Selbst wenn sie gesund seien. Zumal schon allein ein Sprung von der Sonne hocherhitzt ins kalte Wasser für den Kreislauf eines älteren (wie allerdings auch eines jüngeren) Menschen zu viel sein kann. Ältere sollten auch schauen, sich nicht zu überfordern. Förster rät des Weiteren dazu, sich an altbekannte Baderegeln zu halten: nicht mit vollem Bauch ins Wasser gehen, besondere Vorsicht bei Baggerseen mit ihren plötzlichen Wassertiefen und bei Flüssen mit Strömungen walten lassen.
Weitere häufige Unfallursachen: junge Männer, die sich selbst überschätzen und/oder alkoholisiert sind. Dazu kommt: Viele Menschen mit Migrationshintergrund könnten oft nicht oder nicht gut schwimmen. „Und Covid hat dafür gesorgt, dass bei geschätzten 200.000 Kindern in Bayern die Schwimmkompetenz gelitten hat.“Da derzeit viele Schwimmkurse ausgebucht seien, empfiehlt Förster Eltern, die Sache im Zweifel selbst in die Hand zu nehmen und verweist auf die eigens dafür publizierte Internetseite bayernlernt-schwimmen. de.