Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Weg von Nico Sturm zum Stanley Cup
Wie Vater Klaus Sturm den erfolgreichen Nhl-profi einschätzt. In der Familie aus Neubergheim dreht sich viel um Eishockey. Der jüngere Bruder engagiert sich als Trainer beim AEV.
Augsburg Nico Sturm war zur richtigen Zeit im richtigen Team. Der Klub-wechsel Mitte März in der National Hockey League (NHL) von den Minnesota Wild zu Colorado Avalanche erwies sich als Gold wert. Mit der Mannschaft aus Denver erkämpfte der gebürtige Augsburger nun den Stanley Cup. Sturms jüngerer Bruder Timo (24) erlebte vor Ort in Nordamerika zusammen mit der Freundin des Nhl-profis den größten Moment in der Karriere eines Eishockeyspielers mit. Auch Sturms älterer Bruder Dennis (29) hätte mit dabei sein sollen. „Wegen Corona-restriktionen am Flughafen musste er im letzten Augenblick zu Hause bleiben, das hat ihn gewaltig geärgert“, erzählt Vater Klaus Sturm, der die Nhl-finals jeweils in den frühen Morgenstunden zu Hause auf dem Bildschirm verfolgte. „Wir haben mitgelitten und mitgefiebert. Nach dem 2:1-Sieg im sechsten Finalspiel war das T-shirt durchgeschwitzt“, sagte der 60-Jährige nach der entscheidenden Nacht.
Auch wenn Klaus und seine Frau Gabi „eher vom Fußball kommen“, spielt Eishockey seit der
Kindheit eine zentrale Rolle in der Familie aus Neubergheim. Klaus Sturm besaß jahrelang eine Dauerkarte für die Augsburger Panther. Alle drei Söhne spielten im Nachwuchs des Augsburger EV, wo sich der Vater als Mannschaftsführer engagierte. Auch wenn alle drei Buben aus einem Haus kommen, die Unterschiede waren früh sichtbar. Den frischgebackenen Stanley-cup-gewinner beschreibt der Vater so: „Nico ist ein akribischer Arbeiter. Er setzt sich ein Ziel und arbeitet hart darauf hin, bis er es erreicht hat.“Ehrgeiz und Fleiß zeichnen den 27-Jährigen aus. Zu beobachten war das auch im Sommer vergangenen Jahres in der Eishalle Haunstetten. Zusammen mit den deutschen Panther-profis trainierte der Nordamerika-profi, bereitete sich auf die harte Saison jenseits des Atlantiks vor. Nach dem Ende des gemeinsamen Trainings absolvierten die meisten Spieler noch Schussübungen. Nico Sturm dagegen lief an der Seite die ganze Länge der Eisbahn auf und ab, verbesserte mit Ausfallschritten und anderen seltsam anmutenden Übungen seine Lauftechnik.
Im anschließenden Interview erklärte der 27-Jährige, dass er mit einer Eislauf-lehrerin in Nordamerika zusammenarbeitet, um seine Lauftechnik zu verfeinern. Die Skills-trainerin bezahlt er aus eigener Tasche.
„Er zieht sein Ding konsequent durch“, sagt der Vater über Sohn Nummer zwei. Auch Dennis (29) und Timo (24) waren Mitglied beim Augsburger EV. Dennis, der ebenfalls im Angriff spielt, stürmte viele Jahre für den HC Landsberg und zuletzt für die Wanderers Germering. Timo trainiert inzwischen die U13 des Augsburger EV.
Am zielstrebigsten verfolgte Nico seine Eishockey-karriere. Zunächst wechselte der junge Spieler 2009 vom AEV zum ESV Kaufbeuren, weil die Allgäuer damals höherklassig spielten. Aber er wusste: Wer es in die stärkste Eishockey-liga der Welt schaffen will, erhält das beste Rüstzeug in den nordamerikanischen Nachwuchsligen. Nach dem Abitur wechselte der Stürmer mithilfe eines Krefelder Spieleragenten zu den Corpus Christi Ice Rays in eine zweitklassige Juniorenliga. Es folgten die Austin Bruins und Tri City Storm. Irgendwann wurde die Clarkson University auf den groß gewachsenen Deutschen (1,91 Meter)
aufmerksam und machte ihm ein Angebot. „Normalerweise kostet ein Studium eine ordentliche Stange Geld. Als guter Sportler kann man sich viel sparen“, erzählt Klaus Sturm.
Sein Sohn schloss ein Wirtschaftsstudium als Finanzanalyst ab und spielte so erfolgreich für Clarkson, dass die Minnesota Wild auf den Angreifer aufmerksam wurden. Von Minnesota ging es dann im Frühjahr dieses Jahres nach Denver, wo der Stanley-cupsieg jetzt gebührend gefeiert wird. Für den Donnerstag ist eine Parade geplant. Zigtausende Eishockeyfans werden in der rund 730.000 Einwohner zählenden Stadt erwartet, um ihren Eishockey-helden zuzujubeln. Danach muss Nico Sturm zurück nach Minnesota, um private Dinge zu regeln. Anschließend kommt der Stanley-cup-sieger zum Heimaturlaub nach Neubergheim. Nach der langen und kräftezehrenden Saison mit 87 Spielen in den USA und Kanada inklusive unzähligen Flügen kreuz und quer durch Nordamerika freut er sich auf das Kontrastprogramm. Klaus Sturm kennt seinen Sohn: „Sobald Nico da ist, wird es nicht lange dauern, und er wird mit seinen Schulfreunden etwas unternehmen.“