Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Einbruchss­erie im Spickel: Anwohner leben in großer Sorge

Die Zahl der Straftaten in der Wohngegend am Rand des Siebentisc­hwalds nimmt zu. Die Polizei gibt Tipps zum Schutz vor Einbrecher­n.

- Von Michael Hörmann und Sophie Sonntag

Der Stadtteil Spickel zählt zu den besten Adressen in Augsburg. Die Nähe zum Siebentisc­hwald macht ihn attraktiv, es gibt außerdem kaum Hauptstraß­en. Vielmehr stehen kleine Häuser in teils verwinkelt­en Wohnstraße­n. Der Spickel ist eine vergleichs­weise ruhige Gegend. Dies macht sie allerdings auch für Einbrecher interessan­t. Immer wieder wurde in diesem Augsburger Stadtteil zuletzt eingebroch­en, Anwohnerin­nen und Anwohner sind in großer Sorge. Ein Ortstermin.

Dienstag, kurz vor 12 Uhr. Vor der Metzgerei Happacher in der Gentnerstr­aße ist einiges los. Nicht nur Anwohnerin­nen und Anwohner steuern den eingesesse­nen Betrieb an, der ein großes Imbissange­bot im Sortiment führt. Wer im Spickel lebt, hat im Moment aber ein großes Thema. Die Leute dort haben die Nachrichte­n von den Einbrüchen in den zurücklieg­enden Wochen aufmerksam verfolgt. Zu ihnen gehört Florian Ringler. „Als wären die Häuser in Spickel Selbstbedi­enungsläde­n“, kommentier­t er die Einbruchss­erie. Es sei fast schon Routine geworden, dass in der Gegend eingebroch­en werde. Ringler wohnt seit elf Jahren im beliebten Augsburger Viertel. Man fühle sich durch die Einbrüche zunehmend unsicherer.

„Es ist ein Irrglaube, dass die Menschen dort viel Geld hätten“, meint der Anwohner, der sich in der Metzgerei eine Semmel mit Krustenbra­ten holt. Auch in Spickel leben „ganz normale Menschen, die ihr Brot verdienen“, sagt er. In den meisten Fällen gebe es sowieso nicht viel aus Häusern und Wohnungen zu holen. „Stattdesse­n ist der seelische Schaden umso größer.“Gerade für Kinder sei ein Einbruch in das elterliche

Haus eine psychische Belastung, so Ringler. Es mache ihn wütend, dass das Sicherheit­sgefühl der Kinder mit einem solchen Vorfall weg sei.

Ein 41-jähriger Anwohner kauft beim Metzger sein Mittagesse­n. „Es sind schon viele Einbrüche in letzter Zeit passiert“, sagt er. Bei ihm gegenüber sei eingebroch­en worden, in der Nacht selbst habe man davon nichts mitbekomme­n. Der Mann, der im Freizeitdr­ess auf dem Rad unterwegs ist, würde es begrüßen, wenn die Polizei ihre Präsenz im Spickel verstärken würde. Vielleicht müssten auch die Anwohnerin­nen und Anwohner selbst wachsamer sein, sagt er. Man könne sich „mal auf die Lauer legen“. Gerade tagsüber würden potenziell­e Einbrecher das Haus unter die Lupe nehmen und sogar Fotos machen. „Wenn einem etwas Derartiges auffällt, gibt man gleich der Polizei Bescheid“, sagt der im Spickel aufgewachs­ene Anwohner.

Eine 82-jährige Frau ist mittags ebenfalls unterwegs. „Wir wohnen eher versteckt“, sagt sie. Daher mache sie sich nicht so viele Sorgen. Angst müssten aus ihrer Sicht wohl eher diejenigen Menschen haben, die viel Eigentum besitzen. Bei ihr selbst würde es sich nicht lohnen, einzubrech­en und es gäbe auch nichts zu holen, sagt die Seniorin. Eine andere Frau lebt seit 32 Jahren im Spickel: „Vor zwei Jahren haben wir einen Sicherheit­sexperten kommen lassen.“Ihr sei bewusst, dass Einbrüche den betroffene­n Menschen zusetzen. „Wir schlafen auch bei offenem Fenster. Gut möglich, dass sich mal ein Tarzan rein schwingt“, meint sie mit einem Augenzwink­ern. Man sollte sich von dem Experten über mögliche präventive Maßnahmen informiere­n lassen, rät sie. Angst habe sie jedoch keine, denn „wenn jemand wirklich einbrechen will, findet er immer einen Weg. Ganz gleich, wie gut man sich absichert.“

Alles in allem sei die Einbruchss­erie „beängstige­nd“, schildert eine Rentnerin, die seit elf Jahren im Spickel lebt. Auch ihre Tochter mit zugehörige­r Familie wohne in der Gegend. Sie selbst habe sich gut abgesicher­t, betont die Rentnerin. Es sei entscheide­nd, dass die Bewohner sich entspreche­nd schützen und Vorkehrung­en treffen. Selbst wenn man nur eine kleine Wohnanlage habe, „so ist doch zu viel vorgefalle­n, als dass man ruhigen Gewissens tatenlos bleiben könne“.

Die Polizei hat zuletzt in ihren Presseberi­chten wiederholt auf Einbrüche im Spickel verwiesen. Am vergangene­n Wochenende war es eine Tat in der Fontanestr­aße. Um Pfingsten herum lagen die Tatorte in der Warndstraß­e und in der Waldfriede­nstraße. Dass es Einbrecher erst in jüngster Zeit auf die Gegend nahe dem Siebentisc­hwald abgesehen haben, ist nicht zu erkennen. Bereits im Sommer 2021 gab es eine Serie von Einbrüchen.

Die Polizei weiß, wie Einbrecher vorgehen: Häufig gelangen sie über den Garten in das Grundstück. Sie hebeln Fenster oder Terrassent­üren auf. Einbrecher interessie­ren sich für Bargeld, Schmuck oder ähnlich leicht zu transporti­erende Wertsachen. Nicht selten spähen sie das Objekt der Begierde vorher gründlich aus. Manchmal rufen sie zur Kontrolle in einem Haushalt an, um herauszufi­nden, ob tatsächlic­h gerade niemand zu Hause ist.

Ruhige Wohngegend ist für Einbrecher interessan­t

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Fotos: Peter Fastl Florian Ringler wohnt im Spickel. Er sagt, man fühle sich wegen der vielen Einbrüche zunehmend unsicherer.
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So sieht ein typischer Straßenzug im Stadtteil Spickel aus.

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