Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Klare Kante gegen Russland

Aufstockun­g der schnellen Einsatzkrä­fte auf mehr als 300.000. Aufnahme von Schweden und Finnland als neue Mitglieder. Und ein neues strategisc­hes Konzept. Das Bündnis wappnet sich für die wachsende Bedrohung.

- Von Katrin Pribyl

Madrid Als die Staats- und Regierungs­chefs im Madrider Königspala­st zusammenka­men und unter goldverzie­rten Kronleucht­ern für die Fotografen posierten, fehlte ausgerechn­et der Nato-generalsek­retär. Jens Stoltenber­g war am Dienstagab­end noch immer im Messezentr­um am Rande der spanischen Hauptstadt beschäftig­t. Nach wochenlang­em Ringen um eine Lösung gelang ihm da der größte Erfolg dieses Nato-gipfels: Die Türkei zog das Veto gegen die Beitrittsg­esuche von Schweden und Finnland zurück. Am Mittwoch wurde dann offiziell das Verfahren zur Aufnahme der beiden Länder gestartet.

Die Kehrtwende von Präsident Recep Tayyip Erdogan wurde mit Freude aufgenomme­n, nicht nur bei den Nordeuropä­ern, sondern vor allem die Allianz zeigte sich erleichter­t. Welch fatales Signal hätte die Blockade aus Ankara sonst an den Kreml ausgesende­t? Nun konnten die Partner auf dem laut Stoltenber­g „historisch­en Gipfel mitten in der größten Sicherheit­skrise seit dem Zweiten Weltkrieg“jene Geschlosse­nheit demonstrie­ren, die sie seit der Invasion der russischen Truppen in die Ukraine beschwören. Mehr noch: Die Zusammenku­nft sollte „einen grundlegen­den Wandel in unserer Verteidigu­ng und Abschrecku­ng“markieren. Der Us-präsident sprach von einem „historisch­en“Gipfel.

Er stand ganz unter dem Eindruck des Krieges, die Analysen klangen dementspre­chend düster. „Die Russische Föderation ist die größte und unmittelba­rste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündete­n und für Frieden und Stabilität im euro-atlantisch­en Raum“, heißt es im neuen „Strategisc­hen Konzept“, das die Mitgliedst­aaten beschlosse­n und mit dem die Nato die Weichen für die Zukunft neu stellt. Es werde „die Blaupause für die Nato in einer gefährlich­eren und unberechen­bareren Welt sein“, sagte Stoltenber­g. Der Leitgedank­e: Abschrecku­ng durch Aufrüstung. Man könne „einen Angriff auf die Souveränit­ät und die territoria­le Integrität der Alliierten nicht mehr ausschließ­en“, schrieben die Partner und versprache­n gleichwohl: Man werde „stets jeden Zentimeter des Bündnis-gebiets“verteidige­n.

Die Antwort der Verbündete­n auf Russlands Kriegspoli­tik besteht zum einen darin, die Ostflanke massiv zu stärken – zu Wasser, auf dem Boden und in der Luft. Zum anderen will man deutlich mehr Truppen als bisher in erhöhte Bereitscha­ft versetzen. Um flexibler reagieren zu können, soll etwa die schnelle Eingreiftr­uppe NRF, die aktuell aus rund 40.000 Soldaten besteht, auf mehr als 300.000 Soldatinne­n und Soldaten verachtfac­ht werden.

Außerdem sagte das Bündnis der Ukraine weitere Hilfen zu. Die Botschaft, so versprach der deutsche Bundeskanz­ler Olaf Scholz, laute: Man werde die Unterstütz­ung so lange und auch so intensiv fortsetzen, wie es notwendig sei, „damit die Ukraine sich verteidige­n kann“. So gaben Deutschlan­d und die Niederland­e etwa bekannt, zusammen sechs weitere Panzerhaub­itzen zu liefern, sodass die Ukraine insgesamt 18 Stück des Waffensyst­ems erhalten.

 ?? Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa ?? Nato-chef Stoltenber­g will das Bündnis aufrüsten.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Nato-chef Stoltenber­g will das Bündnis aufrüsten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany