Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Neuer Impfstoff in Sicht
Der Gesundheitsminister, gerade selbst von einer Infektion genesen, sieht Deutschland für eine weitere Corona-welle im Herbst gut gerüstet. In den Ländern sind einige seiner Kollegen allerdings anderer Ansicht.
Berlin Die Corona-pandemie ist zweieinhalb Jahre nach dem Ausbruch immer noch eine hochemotionale Angelegenheit. Das zeigt sich an der aufgeregten politischen Debatte und an den kleinen Dingen: Gesundheitsminister Karl Lauterbach etwa hat weiterhin Personenschützer an seiner Seite.
Die wurden ihm bereits im Bundestagswahlkampf zugeteilt, als dem SPD-MANN offener Hass entgegenschlug. Aktuell scheint das öffentliche Interesse am Virus zwar nicht mehr ganz so groß zu sein. Die täglichen Sterbefälle – am Freitag kletterte ihre Zahl um 167 auf 145.561 – werden vielfach nicht mehr registriert. Er nehme eine gewisse Müdigkeit, eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Thema wahr, erklärte der Mediziner Leif Erik Sander vom Berliner Klinikum Charité bei einem Auftritt mit Lauterbach in Berlin. Beide warnten vor einer Lageverschlechterung in Herbst und Winter, hatten aber auch gute Nachrichten parat.
Lauterbach, gerade erst von einer Corona-infektion genesen, sprach sogar von „sehr guten Nachrichten“, und es geht dabei um die neuen Impfstoffe für die Omikron-varianten BA.1 und BA.5. Der Gesundheitsminister zeigte sich hoffnungsvoll, dass die Europäische Zulassungsbehörde den Ba.1-impfstoff am 1. September zulassen wird. Er würde bereits anderntags ausgeliefert werden. Die Ba.5-variante könnte demnach ab 28. September zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung habe beide Impfstoffe „in auskömmlicher Menge“bestellt, versicherte Lauterbach. „Wir werden dadurch auch relativ früh beliefert werden.“Mit den neuen Impfstoffen wird es im Herbst eine weitere Impfkampagne geben. Bislang haben nach Angaben der Bundesregierung 64,7 Millionen Menschen oder 77,9 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Dosis erhalten.
Der Blick auf die aktuellen Zahlen stimmt den Minister ebenfalls hoffnungsfroh. „Wir haben eine günstige Entwicklung bei der Sommerwelle“, sagte er. Zwar steige der Anteil der nicht registrierten Fälle, es gebe aber „einen robusten Rückgang der Fallzahlen“. Für Lauterbach gleichwohl kein
Grund zur Entwarnung. Denn wenn es draußen wieder kälter wird und die Menschen sich verstärkt in geschlossenen Räumen aufhalten, steigen erfahrungsgemäß die Ansteckungszahlen.
Trotz sinkender Corona-zahlen müssen sich die Menschen in Deutschland ab Oktober deshalb auf flächendeckende Maskenpflichten und mögliche schärfere Schutzauflagen einstellen. Lauterbach will an seinen umstrittenen Vorschlägen nach Möglichkeit festhalten. Ein Kernpunkt: Ab 1. Oktober können die Länder unabhängig von Inzidenzen in Innenräumen eine Maskenpflicht einführen. Dieser und andere Punkte sorgen nicht nur innerhalb der Koalition für Streit. Auch die Bundesländer meutern. Der schleswigholsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) schlug laut
Bild-zeitung vor, nur noch Infizierte mit Symptomen zu isolieren. Auch die Bayerische Landesregierung mahnt klarere Kriterien für den Umgang mit der Pandemie an.
Das neue Infektionsschutzgesetz, das noch durch den Bundestag muss, sieht im Entwurf eine Aussetzung der Maskenpflicht für alle vor, die frisch genesen sind oder deren letzte Corona-impfung nicht älter als drei Monate ist. Lauterbach wies den Eindruck zurück, dass eine Impfung damit generell nur noch drei Monate gültig ist: „Das ist die Dauer, von der wir glauben, dass die neuen Impfungen auch vor Ansteckungen schützen, nicht nur vor schwerem Verlauf.“Kommentar