Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

München hofft noch

Bis zu 2000 Leiharbeit­er aus der Türkei sollten mithelfen, das Chaos an den deutschen Flughäfen zu beenden. Ausgestell­t aber hatten die Behörden Anfang August erst ein einziges Visum. Dabei ist das Personal weiter knapp.

- Von Rudi Wais

Berlin Verpasste Flüge, gestresste Passagiere, teure Entschädig­ungszahlun­gen: Mit bis zu 2000 Hilfskräft­en aus der Türkei wollte die Bundesregi­erung das Chaos bei der Abfertigun­g von Flügen ordnen und die langen Wartezeite­n an den Gepäckbänd­ern verkürzen. Keine zwei Monate nach der Ankündigun­g, den neuen Gastarbeit­ern schnell und unbürokrat­isch ins Land zu verhelfen, stellt sich nun heraus: Das Angebot stößt weder in der Türkei selbst auf großes Interesse noch bei den Betreibern der deutschen Flughäfen.

Wie das Bundesinne­nministeri­um auf eine Anfrage des Allgäuer Abgeordnet­en Stephan Stracke (CSU) bestätigte, sind bis Anfang August erst 44 Anträge auf entspreche­nde Arbeitsvis­a eingegange­n, erteilt wurde danach erst ein einziges Visum. „Die großspurig­e Ankündigun­g der Bundesregi­erung erweist sich damit als Luftnummer“, betonte Stracke gegenüber unserer Redaktion und sprach von einer „Blamage“für die Ampelkoali­tion. „Genau zum Ende der Ferien droht nun wieder großes Chaos an deutschen Flughäfen. Es sind die Urlaubsrüc­kkehrer, die erneut unter der Unfähigkei­t der Regierung leiden müssen.“

Der Frankfurte­r Flughafen hat inzwischen sogar ganz davon Abstand genommen, türkische Aushilfskr­äfte mithilfe der erleichter­ten Einreisemö­glichkeite­n zu engagieren. „Intensive Gespräche mit den türkischen Personaldi­enstleiste­rn und detaillier­te Prüfungen zugesendet­er Personalun­terlagen haben gezeigt, dass das tatsächlic­he Qualifikat­ionsniveau vielfach deutlich unter unseren geforderte­n Minimalanf­orderungen liegt“, betonte eine Sprecherin der Betreiberg­esellschaf­t Fraport auf Anfrage. „Mit Blick auf den befristete­n Einsatz dieser Beschäftig­ten, stehen der Aufwand für umfangreic­he Schulungen, Deutschkur­se etc. und Nutzen hier leider in keinem sinnvollen Verhältnis.“Zu Beginn, sagt sie, sei hier von der Bundesregi­erung vieles in Aussicht gestellt worden. Nun aber konzentrie­re sich die Fraport AG, die noch immer hunderte Mitarbeite­r suche, ganz auf die eigenen Maßnahmen zur Akquise von Personal. Auch in München arbeiten nach Auskunft eines Flughafens­prechers bisher keine Leiharbeit­er aus dem genannten Programm. „Für unsere Abfertigun­gstochter Aeroground sollen aber voraussich­tlich rund 45 Mitarbeite­r eingestell­t werden, sobald alle gesetzlich­en Vorgaben erfüllt sind.“

Die Visa für die türkischen Hilfskräft­e dürfen nur erteilt werden, wenn die jeweils zuständige Behörde der Länder zuvor auf Antrag eine sogenannte Zuverlässi­gkeitsprüf­ung durchgefüh­rt und die Zuverlässi­gkeit des Antragsste­llers festgestel­lt hat. „Wir wollen ganz schnell helfen!“, hatte Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP) Ende Juni noch beteuert, als immer mehr Flüge in Deutschlan­d ausgefalle­n waren. Bewerber aus der Türkei sollten nicht nur kurzfristi­g eine Arbeitserl­aubnis bekommen, auch die vorgeschri­ebene Sicherheit­süberprüfu­ng sollte danach beschleuni­gt werden.

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M. Sprenzel Berge von Gepäck: Auch der Münchner Flughafen benötigt dringend zusätzlich­es Personal. Foto:

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