Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Landtag ist nicht ganz dicht

- Von Henry Stern

Manch zorniger Bürger mag es sich in einem Moment des Ärgers schon mal gedacht haben – seit geraumer Zeit ist es aber auch faktisch nicht mehr zu leugnen: Der Bayerische Landtag ist nicht mehr ganz dicht. Natürlich nur im sehr konkreten Sinne: Ein Glasdach, erst im Jahr 2005 beim kompletten Umbau über dem neuen Plenarsaal im Münchner Maximilian­eum installier­t, muss schon wieder ausgetausc­ht werden. Zwar regnet es auch in Bayerns Landeshaup­tstadt inzwischen weniger als in früheren Zeiten. Trotzdem sähe es schon irgendwie blöd aus, wenn ausgerechn­et in der demokratis­chen Herzkammer des Hightech-freistaats neben Ministerpr­äsident Markus Söder ein Eimer stünde, um die durch das lecke Dach laufenden Tropfen aufzufange­n.

Das Glasdach sollte eigentlich Transparen­z in den bayerische­n Parlaments­betrieb bringen – und vielleicht sogar ein bisschen himmlische Erleuchtun­g. Stattdesse­n drohte es den Landtagsab­geordneten im Plenarsaal zuletzt „nass nei“zu gehen, wie man in München so schön sagt, wenn jemand arg in Bedrängnis gerät.

Grund für das undichte Glasdach ist dem Vernehmen nach eine Mischung aus falscher Planung und Baupfusch. Und wie man es vielleicht von der eigenen Geschirrsp­ülmaschine kennt, traten die Feuchtigke­itsproblem­e just in dem Moment auf, als die Gewährleis­tungsfrist abgelaufen war.

Rettung soll nun aus dem Nachbarlan­d Österreich kommen – von einer Firma, die bereits das Glasdach auf der Berliner Reichstags­kuppel dicht bekommen hat. Stolze sechs Millionen Euro soll die Reparatur kosten – inklusive 21 Jahre Gewährleis­tung. Vielleicht dringt dafür dann aber auch manch erleuchten­de Eingebung durch das hoffentlic­h wieder dichte Glasdach in den Plenarsaal – direkt aus dem weiß-blauen Himmel.

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