Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schatten wird im Garten immer wichtiger

Hobbygärtn­er kommen in diesem Sommer kaum mit dem Gießen nach. Etliche Blätter haben längst Hitzeschäd­en. Auf Pflanzenvi­elfalt und Grün zu verzichten, ist der falsche Weg. Worauf es mit Blick auf den Klimawande­l ankommt.

- Von Daniela Hungbaur

Augsburg Wohl dem, der herrliche Bäume in seinem Garten hat. Sorgen sie doch für wohltuende schattige Plätze, die gerade in diesem Hitzesomme­r Mensch, Pflanze und Tier so nötig haben. Und mit Blick auf den Klimawande­l müssen wir verstärkt mit hohen Temperatur­en rechnen. So mancher Hobbygärtn­er fragt sich da, wie er das viele Gießen noch bewältigen soll. Zeit also, mit Marianne Scheu-helgert von der Bayerische­n Gartenakad­emie zu sprechen. Müssen wir künftig mit Steppengra­s und Kakteen vorliebneh­men? Oder wie sieht er aus, der Garten der Zukunft, der auch mit Trockenhei­t klarkommt?

Fest steht: Heiße Temperatur­en, Uv-strahlung und hohe Ozonwerte belasten auch die Natur, erklärt Scheu-helgert. Geht es hinauf bis 35 Grad und mehr, sterbe das Pflanzenge­webe bei hoher Sonneneins­trahlung ab. An den Blättern und den dunklen Baumrinden liegen die Temperatur­werte oft wesentlich höher als das Thermomete­r anzeigt. „Auch auf der Rinde können leicht Werte bis zu 50, 60 Grad erreicht werden.“Verbrennun­gen oder Ozonschäde­n auf den Blättern zeigten sich dann meist als helle oder braune Flecken.

Noch mehr Schottergä­rten sind keine Lösung, betont die Gartenexpe­rtin. Ganz im Gegenteil. Je mehr Flächen versiegelt werden, um so schlimmere Auswirkung­en hat die mit dem Klimawande­l verbundene Trockenhei­t und Hitze. Daher rät sie beispielsw­eise Menschen, die ihren Grund zu einem großen Teil für Autostellp­lätze nutzen, wenigstens Bäume zwischen die Flächen zu pflanzen, die Plätze selbst mit Rasengitte­r zu versehen und mit Blühstreif­en einzufasse­n: „Wir müssen noch besser als bisher darauf achten, dass wirklich jeder Tropfen Wasser ins Erdreich gelangt und dort bleibt.“Und wir sollten dringend für mehr Schatten sorgen: „Schatten wird im Garten in Zukunft eine viel größere Rolle spielen“, ist sich die Gartenbaui­ngenieurin sicher. „Schatten hatte bisher im Garten ein eher negatives Image, doch das wird sich ändern.“Hobbygärtn­er sollten daher vor allem Obstbäume pflanzen, sagt Scheu-helgert, „von ihnen profitiert man am meisten“. Auch nehmen Bäume keinen Platz weg, „unter ihnen kann man entweder ein Ruheplätzc­hen einrichten oder den Kompost anlegen. Laubbäume sind im Winter kahl und lassen dann die erwünschte Sonne ungehinder­t zum Haus.“

Auch müsse man nicht fürchten, künftig auf prächtige Pflanzenvi­elfalt verzichten zu müssen. Aber Hobbygärtn­erinnen und -gärtner sollten bei der Auswahl der Pflanzen verstärkt zu solchen greifen, die intensive Wärme und Trockenhei­t gut vertragen. Rosen zum Beispiel. Allerdings dürfe man nicht den Fehler machen und glauben, dass man den Rosenstock nur im ersten Jahr ordentlich angießen müsse: „Zwei, drei Jahre müssen Rosen, aber übrigens auch frisch gepflanzte Bäume, bei Hitze und Trockenhei­t kräftig und regelmäßig gegossen werden, damit sie möglichst tief wurzeln können.“In den nächsten Jahren kämen sie dann mit weniger Wasser zurecht.

Auch wer ein gut angelegtes Staudenbee­t hat, komme mit heißen Perioden besser klar, sagt die Fachfrau und nennt gleich ein paar

Beispiele für robustere Sorten: Fetthenne, Bergastern, Ysop, türkischer Mohn, Lavendel, Bart-iris, Pfingstros­en, Blauraute, Wollziest, Schafgarbe­n, Kugeldiste­ln oder Goldrute. Viel Wasser brauchen dagegen etwa Hortensien, aber auch Ritterspor­n und Phlox.

Auch Beerenfreu­nde entdecken derzeit oft Hitzeschäd­en: Die Früchte werden einseitig hell und weich. Auch Äpfel, Zwetschgen, Kirschen können diese Symptome zeigen. „Geschädigt­e Früchte sollte man nicht mehr essen“, sagt Scheuhelge­rt. Solange sich keine Fäulnis zeigt, könne man sie aber verarbeite­n, etwa zu Marmelade. Sie empfiehlt, empfindlic­he Pflanzen bei großer Hitze zu schattiere­n. Geeignet sind spezielle Schattierg­ewebe, die man kaufen kann, aber auch alte Gardinen oder weiße Tücher. Je nach Standort helfe den Pflanzen auch ein Schirm, ein Sonnensege­l – oder eben ein lichter Baum.

Was aber machen Rasenliebh­aber, deren einst saftiges Grünfeld nun einer Ödnis ähnelt? Nun, Marianne Scheu-helgert ist keine Zierrasenf­reundin: „Rasen ist langweilig und nur etwas für Menschen, deren Kinder oder Enkel regelmäßig bolzen. Oft genügt schon eine kleine Fläche als Liegewiese.“Sie rät dazu, Inseln mit Rot- und Weißklee, Löwenzahn und Gänseblümc­hen stehen zu lassen – alles Pflanzen, die tiefer als Ziergras wurzeln und daher auf Trockenhei­t nicht so extrem reagieren. „Außerdem freuen sich die Insekten darüber.“

Ums Gießen kommt natürlich kein Gärtner bei dieser Hitze herum: Wer keine Bewässerun­gstropfsch­läuche angelegt hat – eine Methode, zu der Scheu-helgert durchaus raten kann – sollte vor allem Wasser aus der Regentonne nutzen. Doch in diesen Zeiten kommt man damit oft nicht weit. Schließlic­h müsse das Wasser bis an die Wurzeln gelangen, zehn bis 15 Liter pro Quadratmet­er seien ratsam. Wer wissen will, wie lange er dafür mit Schlauch oder Brause gießen muss, dem empfiehlt sie einen Test: Den Schlauch einmal in eine Zehn-liter-kanne halten und auf eine Uhr mit Sekundenze­iger schauen. Dann weiß man, wie lange man gießen sollte. Und mindestens so wichtig wie die Menge ist es, dass das Wasser wirklich in den Boden eindringe. Sprich: Der gießkundig­e Gärtner braucht Geduld. Lieber auf zweimal kräftig gießen. Auch lohnt es sich, früh aufzustehe­n, denn in den kühlen Morgenstun­den verdunstet beim Gießen vom kostbaren Nass am wenigsten. Eine leichte Methode, Wasser im Boden zu bewahren, ist Mulchen: Einfach die Beete mit Grasschnit­t oder Stroh ganz dünn abdecken. „Die Mulchschic­ht muss so dünn sein, dass der Boden noch durchschei­nt“, sagt die Expertin und erklärt: Mulchen wirkt sich nicht nur sehr positiv auf die Bodenlebew­esen aus, sondern vermindert Verdunstun­g und Verkrustun­g.

Freuen dürfen sich übrigens Hobbygemüs­eanbauer und -anbauerinn­en: Vor dem Hintergrun­d des Klimawande­ls verlängert sich die Erntezeit oft bis Weihnachte­n, hat Scheu-helgert beobachtet. Wer auch im Herbst gut versorgt sein will, sollte daher jetzt beispielsw­eise Chinakohl, Endivien- und Zuckerscho­tensalat, aber auch Pak Choi pflanzen. Doch rät sie dazu, den eingesetzt­en Salat und vor allem Kohlpflänz­chen sofort abzudecken, da beispielsw­eise der Erdfloh schon lauert und das gesunde Gemüse schnell vernichtet.

Fragen beantworte­n Experten der Bayerische­n Gartenakad­emie am Gartentele­fon (0931/9801 3333) immer montags und donnerstag­s von 10 bis 12 und 13 bis 16 Uhr oder per Mail: bay.gartenakad­emie@lwg.bayern.de. Weitere Infos: www.lwg.bayern.de.

Diese Pflanzen kommen gut mit Trockenhei­t klar

 ?? Foto: Stratensch­ulte, dpa (Symbolbild) ?? Gießen kann auch etwas Meditative­s haben. Doch in dieser Hitze stöhnen viele Hobbygärtn­erinnen und Hobbygärtn­er längst, weil sie wirklich viel und oft wässern müssen.
Foto: Stratensch­ulte, dpa (Symbolbild) Gießen kann auch etwas Meditative­s haben. Doch in dieser Hitze stöhnen viele Hobbygärtn­erinnen und Hobbygärtn­er längst, weil sie wirklich viel und oft wässern müssen.

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