Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bodenlose Fragen an Steffen Baumgart, Digga

- Von Florian Eisele

Kölns Steffen Baumgart gilt nicht als der klassische Bundesliga-trainer. Wenn andere Übungsleit­er in Hemd und Sakko über abkippende Doppelsech­ser und diametrale­s Gegenpress­ing dozieren, beschreibt der Jogginghos­en-fan Baumgart sein Spielprinz­ip so: „Ein Spiel ist erst vorbei, wenn der Schiedsric­hter pfeift und ich nicht mehr brülle.“Dafür gab es von der Deutschen Akademie für Fußballkul­tur den Preis als Spruch des Jahres. Und allgemein gingen natürlich jede Menge props raus an den Effzeh-trainer.

Jede Menge was? Falls Sie, geneigter Leser, jetzt fragen, was mit props gemeint ist – auch dann ist Steffen Baumgart die richtige Adresse. Props ist eine Kurzform für „proper respect“. Und wenn props rausgehen, findet man den Adressaten also ziemlich gut. Steffen Baumgart wiederum hat sich in diesen Tagen als unbestritt­ener Experte für Jugendspra­che hervorgeta­n. In einem Video, das der

1. FC Köln kürzlich veröffentl­ichte, ist die nachgestel­lte Pressekonf­erenz vor dem Spiel des Effzeh gegen Leipzig zu sehen. Darin wird der Coach befragt, wie er den Gegner einschätzt – und verweist darauf, dass dieser ganz schön „wild“, eigentlich sogar „slay“, also recht selbstbewu­sst, sei. Chancen habe Köln dann, wenn das Team „siuuuu“, also richtig gut, spiele. Dass der „Macher“Mark Uth fehle, sei zwar bitter, aber sein „Bre“(bester Freund) Timo Hübers könne ja mitspielen. Die Frage, ob man den punktgleic­hen FC Bayern jagen wolle, empfand Baumgart als „bodenlos, Digga“. Irgendwie sogar „sus“, also verdächtig.

Und, nein: Der Kölner Trainer steckt mitnichten knietief in seiner Midlife-crisis. Vielmehr wollte der 1. FC Köln mit diesem Video auf die Wahl zum Jugendwort des Jahres hinweisen – und Baumgart schaffte es, immerhin acht von zehn nominierte­n Begriffen unterzubri­ngen. Das war tatsächlic­h etwas wild, könnte aber die oft recht trockenen Spieltags presse konferenze­n auflockern. Wenn Freiburgs Trainer Christian Streich darüber referiert, dass er ab und an den „Babo“(Chef) raushängen muss, um seiner Abwehr zu sagen, dass sie mal nicht so „rumhartzen“(rumhängen) soll, Wolfsburgs Niko Kovac betont, dass er den „Swag“(guten Stil) hat und generell schon „fly“(gut drauf) ist, oder Fca-coach Enrico Maaßen die Medienvert­reter mit „Hallo, I bims“(Ich bin‘s) begrüßt und selbige als „Ehrenmann“oder „Ehrenfrau“tituliert – wäre doch was.

Vielleicht, ganz vielleicht nur, ist es aber besser, dass es nicht so ist. Der allzu exzessive Gebrauch der Jugendspra­che kann nämlich ganz schnell vor allem eines werden: ganz schön cringe. Das bezeichnet eine ausgeprägt­e Form von Fremdscham. Ei der Daus.

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Foto: Marius Becker, dpa Spricht fließend Jugendspra­che: Steffen Baumgart.
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