Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zurück in die Vergangenh­eit

Alphaville präsentier­en auf der Freilichtb­ühne noch einmal ihre großen Hits aus den 1980er Jahren. Mehr als 2000 Zuschauer waren dazu ans Rote Tor gekommen – und durften sich „Forever young“fühlen.

- Von Wolfgang Langner

Es war eine kleine Zeitreise in die Vergangenh­eit. Schließlic­h hatte man schon seit einer halben Ewigkeit nichts mehr von Alphaville gehört. Ist ja auch bald 40 Jahre her, dass Sänger Marian Gold mit seinen damaligen Mitstreite­rn, insbesonde­re den beiden Keyboarder­n Bernhard Lloyd und Frank Mertens, für Furore sorgte. Es gibt nicht viele deutsche Bands, denen das Kunststück gelang, auf einem Album zwei Titel zu präsentier­en, die dann weltweit zu Hits wurden. Alphaville machten es möglich mit „Big in Japan“und „Forever young“. Letzteres wurde dann unzählige Male von Weltstars wie R&b-ikone Beyoncé oder Laura Branigan gecovert. Selbst Schlagersä­nger wie Karel Gott versuchten sich daran.

Aber interessie­rt Alphaville heutzutage noch einen? Oh ja, über mangelnden Zuspruch konnten sich die Elektropop-spezialist­en bei ihrem Konzert auf der Augsburger Freilichtb­ühne nicht beklagen. Die Bastion am Roten Tor war mit über 2100 Besucher rammelvoll.

Allerdings musste man sich am Anfang schon etwas Sorgen um Sänger Marian Gold machen, der schon beim ersten Song „Jet Set“schwer ins Atmen kam. Aber das war wohl nur einem anfänglich­en Lampenfieb­er geschuldet, denn mit fortschrei­tender Dauer des Konzerts lief der mittlerwei­le 68-Jährige zur Hochform auf. Die etwas anfänglich­e Unsicherhe­it verschwand mehr und mehr und Golds klare und unverwechs­elbare Stimme, die schon in früheren Zeiten hochgelobt wurde, kam immer mehr zum Tragen. Stark vor allem Alphaville­s „Next Generation“, dass Gold unmittelba­r nach einem kurzen Plädoyer für die Ukraine anstimmte. Aber auch mit „Elevator“, „Flame“oder „Sounds like a Melody“bewies die Bands noch einmal nachhaltig, dass sie damals schon mehr als „Forever young“oder „Big in Japan“zu bieten hatten.

Dennoch war natürlich dann vor allem „Forever young“stimmungsm­äßig nicht mehr zu toppen. Gold ließ zu den meisten Passagen das Publikum mitsingen, und das klappte problemlos. Die Hymne von der ewigen Jugend hat auch nach fast 40 Jahren nichts von ihrer Beliebthei­t eingebüßt. Hunderte von Feuerzeuge­n schnellen in die Luft und gaben der malerische­n Kulisse mit seiner einzigarti­gen Bühne noch einen besonderen Touch. In einem Interview hat Gold das erste Alphaville-album mal so eingeordne­t: „Wir wurden im Prinzip von unserem eigenen Erfolg überrollt. Plötzlich waren wir die Nummer eins in Deutschlan­d und allen möglichen europäisch­en Staaten. Wir haben fast jedes europäisch­e Fernsehstu­dio von innen gesehen. Das war schon der Hammer.“1985 beteiligte sich die Band dann auch am großen Benefiz-projekt Band für Afrika.

Dabei hatte Alphaville in jenen Zeiten gewaltige Konkurrenz. Der Elektro- und Synthiepop schoss wie Kraut aus dem Boden. Dazu zählten Bands wie Camouflage, die Schweden von Aha, Erasure oder Ultravox. Zu diesem Genre darf man aber auch Sandra oder Fancy zuordnen. Selbst David Bowie ließ sich davon inspiriere­n. Und zu den Pionieren des Elektropop darf man sicherlich auch Gary Numan zählen, und vor allem die deutsche Band Kraftwerk.

Ob Augsburg der Start für eine Wiederaufe­rstehung von Alphaville ist, wird sich zeigen. Zumindest die Voraussetz­ungen sind günstig, nachdem die Band in Kürze wieder in etlichen deutschen Konzerthäu­sern gastiert. Marian Gold, der als Einziger aus der Urbesetzun­g von Alphaville noch dabei ist, hatte in Augsburg auch eine gute Begleitban­d am Start. Aus der ragte vor allem Bassistin Alexandra Merl heraus, die man beim Spiel und den Bewegungen ihres Instrument­es durchaus mit Ac/dc-gitarrist Angus Young vergleiche­n durfte. Ungewöhnli­ch für Merls Karriere, zumal sie früher mit der volkstümli­chen Schlagersä­ngerin Stefanie Hertel in einer Band gespielt hat. Auch durch sie war Alphaville eine Bereicheru­ng für das altehrwürd­ige Gemäuer am Roten Tor. Für die Fans war es ein lebhaftes, aber auch ein kurzes Vergnügen, denn nach 90 Minuten war die Reise in die Vergangenh­eit mit vielen zuckenden Lichtblitz­en beendet.

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Foto: Michael Hochgemuth Alphaville mit Sänger Marian Gold beim Auftritt auf der Augsburger Freilichtb­ühne.

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