Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Immer wieder bleiben hier Lkw und Busse stecken
Ein Reisebus „strandete“am Donnerstag in der Unterführung an der Hirblinger Straße und löste eine Bergungsaktion aus. Es war nicht der erste Zwischenfall an dieser Stelle. Womit das zu erklären sein könnte.
Dieser Unfall hätte katastrophal ausgehen können. Am Donnerstag ist ein Reisebus in der Unterführung an der Hirblinger Straße stecken geblieben. Glücklicherweise saßen in dem Doppeldecker nur wenige Passagiere, zwei wurden leicht verletzt. Nach Angaben der Berufsfeuerwehr entstand erheblicher Sachschaden, die Abschleppaktion sorgte für größere Verkehrsbehinderungen. Der Bus ist nicht das einzige Fahrzeug, das dort strandete. In der Stadt gibt es mehrere gefahrenträchtige Engstellen.
„Die Hirblinger Straße ist in diesem Zusammenhang schon sehr bekannt“, sagt Friedhelm Bechtel, Sprecher der Berufsfeuerwehr. Hängen gebliebene Fahrzeuge hätten dort zahlreiche Einschläge hinterlassen. Dass es diesmal einen Reisebus erwischt habe, sei außergewöhnlich. Meist blieben Lkw oder landwirtschaftliche Fahrzeuge stecken, die falsch beladen seien. Der Reisebus, der am Donnerstag hängen blieb, muss nach Bechtels Einschätzung sehr schnell unterwegs gewesen sein. „Sonst hätte er sich wahrscheinlich nicht so weit reingebohrt.“
Doppeldeckerbusse sind in der Regel rund vier Meter hoch. Nach Angaben der Stadt ist die Durchfahrtshöhe der Bahnbrücke in der
Hirblinger Straße auf 3,5 Meter beschränkt. Die Zufahrten zur Unterführung seien entsprechend ausgeschildert, heißt es im Tiefbauamt. Weitergehende Maßnahmen seien nicht vorgesehen. Auch bei der Polizei hält man die Warnschilder für ausreichend. Sie seien frühzeitig angebracht, sagt Pressesprecher Markus Trieb im Polizeipräsidium Schwaben Nord. „Man erwartet von jedem Verkehrsteilnehmer, aufmerksam im Straßenverkehr unterwegs zu sein und gerade bei einem Fahrzeug mit überdurchschnittlichem Gewicht bzw. Breite, Höhe oder Länge auf die entsprechenden Beschilderungen zu achten.“In Augsburg gebe es mehrere Unterführungen mit einer Durchfahrtshöhe unter vier Metern. Auch dort gebe es Hinweisschilder, was in der Regel funktioniere.
Bleibt die Frage, warum der Reisebus trotzdem in die Engstelle manövriert wurde. „Der Busfahrer kam aus Albanien und war offenbar nicht ortskundig“, sagt der Polizeisprecher. Möglicherweise habe er die Schilder übersehen. Bei den meisten Lkw-navigationsgeräten sei eine Höhenangabe bei Unterführungen eingepflegt – ein derartiges Navi sei in diesem Fall wohl nicht verwendet worden; es hätte den Unfall verhindern können. Die Feuerwehr hat jedoch immer wieder Einsätze wegen stecken gebliebener Fahrzeuge. Die Unterführung in der Hirblinger Straße sei nicht die einzige problematische im Stadtgebiet, sagt Bechtel. Er berichtet etwa von einem Einsatz in der Schertlinstraße, als zuerst ein Lkw-fahrer aus seinem Führerhaus befreit werden musste, bevor das Fahrzeug geborgen werden konnte. Vor allem war die Bahnunterführung Richtung Pfersee lange eine Problemstelle. Dort wurde mehrfach eine Oberleitung beschädigt, was aufwendige Arbeiten nach sich zog. „Inzwischen waren wir aber schon länger nicht mehr dort“, sagt Bechtel. Grund sei die elektronische Höhenkontrolle. Nach mehreren Unfällen wurde sie Anfang 2016 in Betrieb genommen und warnt seitdem nahende Fahrzeuge, die höher als 3,30 Meter sind, per Lichtsignal und Schriftzügen. Auch für die Hirblinger Straße wäre laut Bechtel eine separate Vorrichtung überlegenswert. Es gebe Installationen, die 50 bis 100 Meter vor einer Unterführung aufgestellt werden und an denen in gewisser Höhe ein Blech befestigt ist. Stößt ein Fahrzeug dagegen, gibt es einen lauten Knall – und der Fahrer oder die Fahrerin ist gewarnt.
Nach Einschätzung von Branchenkennern könnten die Probleme in Augsburg zunehmen. Weil die Stadt historisch gewachsen ist, gebe es etliche Unterführungen, die für Doppeldecker zu niedrig seien, sagt Busunternehmer Werner Ziegelmeier. Gleichzeitig nehme die Zahl dieser hohen Busse stark zu. Sie werden häufig im Fernreiseverkehr eingesetzt. Ziegelmeier beobachtet, dass für ortsfremde Busfahrer die Suche nach der jeweiligen Fernbus-haltestelle „kompliziert“ist. Etwa weil die Beschilderung „schwierig“und die Verkehrsführung in der Stadt für Ortsfremde teils nicht einfach sei. „Das Problem ist seit Jahren bekannt und Thema in den zuständigen Gremien gewesen“, sagt er. Besonders prekär sei die Situation wegen der Fernbus-haltestelle Oberhausen-nord, die versteckt liege. Viele Fernbusse steuern den nahen Park-and-ride-platz der Tramlinie 4 an und sorgen dort für Probleme, so Ziegelmeier. „Fahrgäste des AVV sind regelmäßig die Leidtragenden.“
Am Reisebus entstand laut Auskunft der Polizei wohl ein Totalschaden im mittleren sechsstelligen Bereich, zudem wurde das Höhenschild an der Unterführung beschädigt. Ein 59-jähriger Fahrgast erlitt durch den Aufprall Prellungen am Oberschenkel, eine 19-Jährige wurde durch Glassplitter leicht verletzt. Drei weitere Insassen blieben laut Polizei unverletzt. Den Busfahrer erwartet ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung bei einem Verkehrsunfall.