Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Rock für den Mann?

- Von Florian Eisele Von Stefanie Wirsching

Pro Neulich eine Hose getragen und mich unwohl gefühlt, alle starrten auf meine Beine. Was stimmt nicht an diesem Satz? Zum Glück mehr als die Hälfte, nämlich der, dass man sich als Frau irgendwie merkwürdig vorkommen muss, wenn man Beinkleid trägt. War ja alles mal anders, das Recht auf die Hose haben sich die Frauen wie fast alle anderen Rechte erst hart erkämpfen müssen. Dazu nur schnell noch diese Randnotiz: Erst seit 1993 dürfen in den USA weibliche Abgeordnet­e den Senat in Hosenanzüg­en betreten. Und damit zum Mann und zum Männerrock, der angeblich wieder Trend werden soll, von den Designern auf den Laufstegen gezeigt wird, aber es dann halt doch nicht in die deutsche Fußgängerz­one schafft. Was schade ist: für den Männerrock, braun und fast ein bisschen glockig geschnitte­n wie zuletzt der von Brad Pitt vorgeführt­e in Berlin. Für den Mann, weil der so ganz ohne Rockerfahr­ung ja gar nicht weiß, wie sich so ein wunderbar luftiges Kleidungss­tück anfühlt, sich immer noch ins standardis­ierte Outfit zwängen lässt. Warum aber kämpfen die Männer nicht so wie einst die Hosenweibe­r? Rock für alle!!! Das ist ja die eigentlich interessan­te Frage. Und jetzt bitte nicht mit solchen Argumenten kommen von wegen, die Hose sei eben viel praktische­r, besser geeignet auch fürs Männerbein, besonders das krummsäbel­ige. Was dahinter steckt, ist doch anderes, wie so oft geht es um Macht. Für die Frauen waren die Hosen auch ein Zeichen der Gleichbere­chtigung, für Männer aber sind Röcke mit keinerlei Statusgewi­nn verbunden. Warum also anziehen? Ein Versuch aber lohnt – im Rock fühlt man sich anders, immer mal gut, im schönen Rock schöner. Brad Pitt sagt, er liebe die leichte Brise um die Beine…

Contra Ja, schon klar. An Brad Pitt sieht so ein Rock schon irgendwie gut aus. An Harry Styles, von dem er den Look dreist geklaut hat und der ohnehin zum Experten für androgyne Outfits geworden ist, selbstrede­nd auch. Aber die beiden könnten eben auch einen Kartoffels­ack mit Löchern, so groß wie Fünfmark-stücke, tragen und würden damit einen Trend auslösen.

Etwas anders sehen die Dinge aus, wenn unsereiner mit einem Rock, sagen wir mal, am Samstagvor­mittag in den Baumarkt gehen würde. Auf der Suche nach einem Abdichtung­sventil. Und damit nicht, wie Brad Pitt oder Harry Styles, aus einer Limousine aussteigt, sondern sich damit aus dem gebrauchte­n, acht Jahre alten Kombi schält und dann die Baumarktha­lle betritt. Klar: Es kann sein, dass das stimmig wirkt. Sehr wahrschein­lich jedoch würde das jede Servicekra­ft des Ladens (sofern überhaupt eine zu finden ist) an der geistigen Verfassung des Rockträger­s zweifeln lassen.

Auf der anderen Seite mag ein Rock als adäquate Arbeitskle­idung durchgehen, wenn eine Dienstleis­tung am roten Teppich oder der Konzertbüh­ne gefragt ist. Das Leben ist aber eben keine Hollywoodp­remiere. Eigentlich ist es in den meisten Fällen eher ein Baumarktbe­such. Oder ein Einkauf im Supermarkt oder ein Gang zum Bäcker. Zu diesen Gelegenhei­ten scheint ein Rock wirklich nur dann zu passen, wenn sich alles in den schottisch­en Highlands abspielt.

Wer es gerne luftig mag, hat auch als Mann seine Möglichkei­ten: Laufshorts aus feinster Ballonseid­e wiegen kaum mehr als einen Hauch und schmeichel­n dem Männerbein. Dem von Styles, Pitt und auch dem jedes Baumarktbe­suchers.

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Foto: Christoph Soeder, picture alliance Sieht das gut aus? Brad Pitt im braunen Rock.
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