Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn die Vernunft siegt

Hochdachko­mbis wie der Nissan verbreiten wenig Glamour, bringen aber umso mehr Nutzwert mit. Davon können auch Familien profitiere­n.

- Von Tobias Schaumann

Seien wir ehrlich. Am Ende dreht sich alles um die eine Frage: Wie viel Auto bekomme ich fürs Geld? Und die Rechnung geht gerade bei den in Mode gekommenen SUVS und Crossovers immer seltener wirklich auf. Es sind vor allem zwei Zielgruppe­n, die das nicht mehr gerne mitmachen. Familien, die keine 60.000, 70.000 Euro für ein neues Auto ausgeben wollen. Und Firmenchef­innen und -chefs, bei denen das Auto Geld verdienen, nicht verschling­en soll.

Beiden ist die Fahrzeugga­ttung „Hochdachko­mbi“wie auf den Leib geschnitte­n. Denn die praktische­n Gefährte, als deren Urvater der VW Caddy gilt, gibt es sowohl als verblechte Lieferwage­n mit ordentlich Stauraum als auch als verglaste Familienku­tschen, die Platz für fünf (teilweise sogar für sieben) Insassen bieten. Außer Konkurrenz fährt der Caddy schon lange nicht mehr. Vor allem eine Allianz zwischen Mercedes-benz und Renault-nissan hat das Segment ebenfalls für sich entdeckt und jüngst neu bestückt. Der Mercedes Citan rollt schon etwas länger in der aktuellen Version vor, brandneu sind aber der Renault Kangoo und der Nissan Townstar. Entwickelt wurden die Fahrzeuge gemeinsam, gebaut werden sie allesamt im Renault-werk im nordfranzö­sischen Maubeuge.

Der Nissan stand uns als Testwagen zur Verfügung, und zwar in der Familien-van-konfigurat­ion („Townstar Kombi“) und in der Ausstattun­gslinie N-connecta. 28.400 Euro nimmt Nissan für dieses Paket, wobei die Motoren- und Getriebe-„wahl“schon entschiede­n ist, bevor sie beginnt: Außer einem 130-Ps-benzinmoto­r (und einer noch im Status der Ankündigun­g befindlich­en vollelektr­ischen Version) und einem Sechsgangh­andschalte­r existieren nämlich keine Optionen. Da geht die Bestellung schnell von der Hand, zumal die Connecta-mitgift keiner Ergänzung bedarf.

Vielmehr schärft dieses U-30.000-euro-paket die Sinne für das, was man braucht – und was nicht: Ein acht Zoll großer Berührbild­schirm tut es auch, zumal Apple Car Play und Android Auto integriert sind. Die wichtigste­n Sicherheit­sassistent­en sind ebenfalls an Bord. Dazu Komfort-features wie Klimaautom­atik, ausreichen­d viele Usb-buchsen und Rückfahrka­mera. Zahlreiche Stauund Schubfäche­r nehmen jede Menge Reise-krimskrams auf.

Dank der großen Kopffreihe­it fühlen sich auf der Rückbank nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene wohl. Altersunab­hängig von Vorteil sind die beiden serienmäßi­gen Schiebetür­en links und rechts, die ein sehr kommodes Einsteigen ermögliche­n. Ganz schön schwer dagegen und mit erhebliche­m Platzbedar­f im Betrieb: die riesige (nicht-elektrisch­e) Heckklappe, die sich für 250 Euro Aufpreis aber gegen eine Doppel-hecktüre austausche­n ließe. Dahinter warten selbst bei voller Bestuhlung 775 Liter Laderaumvo­lumen auf ihren Einsatz. Bei flach gelegten Rücksitzen stehen 2800 Liter, bei zusätzlich umgeklappt­em Beifahrers­itz sogar 3500 Liter zur Verfügung. Mehr kann man von einem kaum viereinhal­b Meter langen Auto wirklich nicht erwarten.

Wenn überhaupt, müssen Townstar-passagiere beim Thema Fahrkomfor­t Abstriche machen.

Dieser Nissan ist ein Nutzfahrze­ug und so fährt er sich auch, wobei die Fahrwerksa­bstimmung ok und die Beschleuni­gung im Alltag völlig ausreichen­d ist. Gewöhnungs­bedürftig sind insbesonde­re das im Vergleich zu normalen PKW – jedenfalls gefühlt – deutlich höhere Geräuschni­veau und die schwammige­re Lenkung.

Nicht zuletzt machen aber das freundlich­e Innenrauma­mbiente, die straffen Sitze und sogar der Spritkonsu­m trotzdem Lust auf die ein oder andere große Reise. Mit dem nach WLTP-NORM gemessenen 6,8 Litern Super kamen wir gut und gerne hin im Test. Ein Auto, das in der Realität nicht mehr verbraucht als auf dem Papier – suchen Sie das mal bei SUV, Crossover und Co.

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Foto: Nissan Ein Auto, das die Sinne schärft für das, was man braucht – und was nicht: der Nissan Townstar.

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