Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bertolt Brecht: Ich beginne zu sprechen vom Tod

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1

Ich beginne zu sprechen vom Tod

Viele Irrglauben sind verbreitet

Aber wenn man den Wunsch von der Furcht abscheidet Kommt uns die erste Ahnung von dem, was uns droht

Die Welt gewinnt, wer das vergißt: Daß der Tod ein halber Atemzug ist

2

Denn das ist kein Atemzug

Den zu tun noch uns dann verbleibt

Und das ist nicht das Genug

Sondern es ist das Zuwenig, was uns den Angstschwe­iß austreibt Weise ist, wer darin irrt

Und meint, daß er sterbend fertig wird

3

Die Dinge sind, wie sie sind

Ein Gaumen ist immer ein Gaumen, ein Daumen ein Daumen Aber deinem japsenden Gaumen Langt nicht ein Wirbelwind

Dein Hals ist angesägt und leck Dein Atem pfeift aus dem Spalt hinweg

4

Dieses wächserne Grubenlich­t Diese steifen Finger auf deinen Leinen Die Esser um dich mit kalten Weinen Glaub nicht, du merkst sie nicht Was da um dich steht und da so weint Das war der Mensch, das war dein Feind

5

Du kannst ihn nicht fressen mehr Deine Zähne sind lang wie Rechen Aber die werden die Nacht noch brechen Also bleibt dir von nun an der Magen leer.

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