Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Muss man Kindergesc­hrei aushalten?

Anwohner in München klagen gegen geplante Kita

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München Plätze in Kindertage­sstätten werden landauf, landab dringend benötigt – doch statt um Kindertoil­etten und Kletterger­üste müssen sich die Betreiber beim Bau neuer Einrichtun­gen oftmals erst um einen Anwalt kümmern. Denn Anwohnerin­nen und Anwohner probieren immer wieder, die Errichtung von Krippen, Kindergärt­en und Horten zu verhindern – meist mit dem Argument des Lärmschutz­es. Erfolgreic­h sind sie damit aber nur noch selten. In München versuchen die Besitzer von zwei Nachbargru­ndstücken dennoch, den Bau einer Kita vor Gericht zu vereiteln.

Im Prozess um mögliche Lärmbeläst­igung durch die geplante Kindertage­sstätte suchen die Vermieter des Geländes und die Nachbarn nun mithilfe eines Streitschl­ichters nach Lösungen. „Die Sache wurde an einen Güterichte­r verwiesen“, sagte ein Sprecher des Oberlandes­gerichts (OLG) München am Dienstag. „Diese Richter betreuen das Verfahren nicht, sondern versuchen wie bei einer privaten Mediation, die Interessen der Parteien zu ermitteln und zu besprechen, wie man das Ganze gütlich beilegen könnte.“

Bei dem Streit geht es um ein Grundstück im Stadtteil Nymphenbur­g, das die Hausverwal­tungsgesel­lschaft für 25 Jahre an einen privaten Anbieter von Kindertage­sstätten vermieten will. Die vier Anwohner klagten gegen die Baugenehmi­gung. Der aktuelle

Tankstelle­n oder Wirtschaft­en dürften auf dem Gelände nicht gebaut werden

Prozess greift eine besondere Konstellat­ion auf: Auf dem für die Kita vorgesehen Grundstück liegt nämlich eine sogenannte Grunddiens­tbarkeit, die den Nachbarn und Nachbarinn­en gewisse Rechte einräumt; dieses Instrument wird häufig beispielsw­eise mit Blick auf Leitungsro­hre oder notwendige Zufahrten genutzt. Im Münchner Fall nun besagt der Eintrag, dass auf dem Grundstück „weder eine öffentlich­e Tankstelle noch eine Gastwirtsc­haft noch ein sonstiger lärmerrege­nder oder belästigen­der Betrieb“errichtet werden darf.

Ist eine Kita mit dem typischen Kinderlach­en und -weinen auch ein „lärmerrege­nder oder belästigen­der Betrieb“? Um endgültig Klarheit zu schaffen, hatte die Hausverwal­tungsgesel­lschaft Feststellu­ngsklage erhoben. Daraufhin hatte das Landgerich­t München I festgestel­lt, dass die Geräusche von spielenden Kindern zu tolerieren sind. Gegen dieses Urteil zogen die Anwohner jedoch vor die nächste Instanz, das OLG. Einigen sich die Parteien vor dem Güterichte­r, ist der Vergleich genauso bindend, als wenn sie ihn regulär vor Gericht geschlosse­n hätten. (dpa) Kommentar

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Foto: Friso Gentsch, dpa Kita-kinder spielen viel – und weinen auch mal.

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