Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Das wird ein Milliarden-projekt“

Bayerns Wissenscha­ftsministe­r Markus Blume erklärt, warum er einen Neubau des Augsburger Unikliniku­ms anstrebt und dabei gerne „neue Wege“gehen würde.

- Interview: Uli Bachmeier und Nicole Prestle

Herr Blume, bis Februar dieses Jahres waren Sie Csu-generalsek­retär und fast täglich in den Schlagzeil­en. Jetzt sind Sie bayerische­r Wissenscha­ftsministe­r und man hört kaum noch was von Ihnen. Fehlt es Ihnen nicht, an vorderster Front in der Öffentlich­keit zu stehen?

Markus Blume: Es ist eine wunderbare Aufgabe, in Bayern Staatsmini­ster für Wissenscha­ft und Kunst sein zu dürfen. Ich bin für viele schöne Dinge verantwort­lich, die zu dem gehören, was Bayern ausmacht – in der Kunst zum Beispiel für Staatsoper, Staatsthea­ter und Museen, in der Wissenscha­ft für Hochschule­n und Uniklinike­n und mit der Brauerei Weihenstep­han sogar fürs Bier. Da kann ich auf Schlagzeil­en gerne verzichten. Aber wer weiß – vielleicht machen wir ja heute welche (lacht).

Eine entscheide­nde Frage lautet: Hat die Staatsregi­erung in der aktuell schwierige­n Situation überhaupt genug Geld in der Kasse, um all ihre Ankündigun­gen – milliarden­schwere Hightech-agenda, Neubauten an Universitä­ten und Neueinstel­lungen von Professore­n – in die Tat umzusetzen?

Blume: Wir liegen gut im Plan – und das auf hohem Niveau. Erst vergangene Woche hatten wir in München die Wissenscha­ftsministe­r der anderen Länder zu Gast. So etwas wie die Hightech Agenda Bayern, die milliarden­schwere Technologi­eoffensive von Ministerpr­äsident Markus Söder, gibt es in Deutschlan­d kein zweites Mal. Sie bedeutet übrigens auch für Schwaben einen echten Schub mit rund 100 neuen Professure­n und neuen Einrichtun­gen wie dem Kiprodukti­onsnetzwer­k, dem Zentrum für Klimaresil­ienz und mehreren Technologi­etransferz­entren. Während im neuen Haushaltse­ntwurf der Bundesregi­erung im Bereich Wissenscha­ft und Forschung erneut gekürzt wird, legen wir in Bayern noch mal ordentlich was drauf.

Gleichzeit­ig gibt es vielerorts im Freistaat einen erhebliche­n Sanierungs­stau – zum Beispiel an der Uniklinik in Augsburg.

Blume: Moment mal. Dass wir uns in Bayern überhaupt getraut haben, ein Unikliniku­m neu an den Start zu bringen, nötigt meinen Kollegen in anderen Ländern größten Respekt ab. Es wird viel über Ärztemange­l und Defizite bei der Medizinera­usbildung geredet. Wir in Bayern handeln. Wir schaffen über 2700 Studienplä­tze für Medizin mit dem Medizincam­pus Oberfranke­n, dem Medizincam­pus Niederbaye­rn und eben dem neuen Unikliniku­m in Augsburg.

Und wie geht es in Augsburg mit dem alten, vor 40 Jahren errichtete­n und teilweise maroden Gebäude weiter? Der künftige ärztliche Direktor Klaus Markstalle­r hat gesagt, dass er sich einen Neubau wünscht und keine Sanierung bei laufendem Betrieb.

Blume: Es gibt sehr gute Gründe, sich für einen Neubau zu entscheide­n. Alle Szenarien werden jetzt noch mal durchgerec­hnet, um zu einer belastbare­n Entscheidu­ngsgrundla­ge zu kommen. Die Zahlen,

„Eine Sanierung unter laufendem Betrieb ist immer nur eine Notlösung“

die wir bereits haben, deuten darauf hin, dass eine Sanierung sehr viel länger dauern und sehr viel aufwendige­r sein würde als ursprüngli­ch angenommen. Bei einer Sanierung müssten wir ein Interims-krankenhau­s in der Größe eines Kreiskrank­enhauses errichten. Allein daran sieht man, dass eine Sanierung unter laufendem Betrieb immer nur die Notlösung ist, wenn es nicht anders geht. In Augsburg aber sollte es anders gehen. Deshalb favorisier­e ich einen Neubau des Unikliniku­ms.

Wann will man sich entscheide­n?

Blume: Die Entscheidu­ng soll auf jeden Fall noch in dieser Legislatur­periode fallen.

Also noch vor der Landtagswa­hl im Herbst kommenden Jahres. Wie könnte dann der weitere Zeitplan aussehen?

Blume: Das hängt stark an der Frage, unter welchen Vorzeichen wir den Neubau angehen. Wird es ein Projekt des klassische­n staatliche­n

Bauens? Dann kann es länger dauern. Oder versuchen wir, neue Wege zu gehen? Das würde ich in Augsburg gerne probieren. Mit dem neuen Universitä­tsklinikge­setz schaffen wir in Bayern die Möglichkei­t, dass Uniklinike­n sich der Fesseln des öffentlich-rechtliche­n Bauwesens ein Stück weit entledigen können, um schneller zu sein. Geschwindi­gkeit ist heutzutage entscheide­nd. Man kann niemandem erklären, warum der Neubau eines Klinikums bei uns in Deutschlan­d dreimal so lang dauert wie in anderen Teilen der Welt. Und klar ist auch: Wer schneller baut, der spart.

Wie viel wird ein Neubau kosten? In Würzburg sind 1,1 Milliarden Euro veranschla­gt. Gibt es auch für Augsburg schon eine Kostenschä­tzung?

Blume: Das wird in jedem Fall ein Milliarden­projekt. Bisher gibt es aber nur Prognosen. Es braucht erst eine konkrete Planung, bis man die voraussich­tlichen Kosten in etwa beziffern kann.

Professor Markstalle­r hat gesagt, er könne sich auch vorstellen, so eine Art Gesundheit­spark zu errichten, mit Physiother­apie und verschiede­nen Diszipline­n jenseits der reinen Uni-medizin. Ist für solche Überlegung­en in Ihrer Kalkulatio­n Platz? Oder ist das zu visionär?

Blume: Ganz im Gegenteil. Wir erleben gerade echte Revolution­en im Gesundheit­ssektor. Unsere Uniklinike­n waren in der Coronakris­e das Rückgrat bei der Versorgung der Patienten. Sie haben heute eine ganz andere Stellung im Gesundheit­ssystem als früher. Dazu gehört nicht nur ein starker stationäre­r Bereich, sondern auch eine starke Ambulanz. Außerdem will ich, dass aus medizinisc­her Erkenntnis neue wirtschaft­liche Möglichkei­ten für die Region erwachsen können. Am Ende könnten selbst Start-up-unternehme­n auf so einem Campus ihren Platz haben. Das gehört nach meinem Verständni­s heute zu einer modernen Medizin mit dazu. Wer weiß, vielleicht wird der nächste Impfstoff dann auch von einem Unternehme­n auf dem künftigen Medizin-campus Augsburg entwickelt.

Die endgültige Entscheidu­ng trifft das Kabinett. Was sind bis dahin die nächsten Schritte?

Blume: Es sind noch ein paar Gespräche zu führen – zum Beispiel mit dem Zweckverba­nd und den Kommunen zur Zusage, sich mit rund 280 Millionen Euro an der Sanierung zu beteiligen. Ich gehe davon aus, dass diese Zusage auch dann uneingesch­ränkt gilt, wenn wir einen Neubau anstreben. Die Signale sind allesamt positiv, aber diese Gespräche müssen noch zu Ende geführt werden.

Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie sich eine neue Uniklinik auf die anderen Krankenhäu­ser in der Region auswirkt?

Blume: Das Unikliniku­m Augsburg hat einen Einzugsber­eich, der weit über die Region Augsburg hinaus strahlt. Es ist der Maximalver­sorger für den gesamten südwestbay­erischen Raum. Das Unikliniku­m ruht auf den Schultern einer ganzen Region, und deswegen ist es auch wichtig, die Beziehunge­n zu den anderen Krankenhäu­sern zu definieren. Es gibt eine ganze Reihe von Einrichtun­gen, die als akademisch­e Lehrkranke­nhäuser bereits jetzt mit dem Unikliniku­m kooperiere­n. Das werden in den nächsten Jahren sicherlich noch mehr werden. Es ist der gemeinsame Wille von Gesundheit­sminister Klaus Holetschek und mir, dass wir ein gutes Miteinande­r der einzelnen Einrichtun­gen im Interesse einer optimalen Gesundheit­sversorgun­g hinbekomme­n.

Bleibt noch die Frage nach dem Standort. Wo in Augsburg soll die neue Uniklinik errichtet werden?

Blume: Auf jeden Fall in der Nähe der jetzigen Uniklinik.

 ?? Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) ?? Das Gebäude des Augsburger Unikliniku­ms ist 40 Jahre alt und stark sanierungs­bedürftig. Nun werden die Pläne für einen Neubau konkreter.
Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) Das Gebäude des Augsburger Unikliniku­ms ist 40 Jahre alt und stark sanierungs­bedürftig. Nun werden die Pläne für einen Neubau konkreter.

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