Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Das wird ein Milliarden-projekt“
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume erklärt, warum er einen Neubau des Augsburger Uniklinikums anstrebt und dabei gerne „neue Wege“gehen würde.
Herr Blume, bis Februar dieses Jahres waren Sie Csu-generalsekretär und fast täglich in den Schlagzeilen. Jetzt sind Sie bayerischer Wissenschaftsminister und man hört kaum noch was von Ihnen. Fehlt es Ihnen nicht, an vorderster Front in der Öffentlichkeit zu stehen?
Markus Blume: Es ist eine wunderbare Aufgabe, in Bayern Staatsminister für Wissenschaft und Kunst sein zu dürfen. Ich bin für viele schöne Dinge verantwortlich, die zu dem gehören, was Bayern ausmacht – in der Kunst zum Beispiel für Staatsoper, Staatstheater und Museen, in der Wissenschaft für Hochschulen und Unikliniken und mit der Brauerei Weihenstephan sogar fürs Bier. Da kann ich auf Schlagzeilen gerne verzichten. Aber wer weiß – vielleicht machen wir ja heute welche (lacht).
Eine entscheidende Frage lautet: Hat die Staatsregierung in der aktuell schwierigen Situation überhaupt genug Geld in der Kasse, um all ihre Ankündigungen – milliardenschwere Hightech-agenda, Neubauten an Universitäten und Neueinstellungen von Professoren – in die Tat umzusetzen?
Blume: Wir liegen gut im Plan – und das auf hohem Niveau. Erst vergangene Woche hatten wir in München die Wissenschaftsminister der anderen Länder zu Gast. So etwas wie die Hightech Agenda Bayern, die milliardenschwere Technologieoffensive von Ministerpräsident Markus Söder, gibt es in Deutschland kein zweites Mal. Sie bedeutet übrigens auch für Schwaben einen echten Schub mit rund 100 neuen Professuren und neuen Einrichtungen wie dem Kiproduktionsnetzwerk, dem Zentrum für Klimaresilienz und mehreren Technologietransferzentren. Während im neuen Haushaltsentwurf der Bundesregierung im Bereich Wissenschaft und Forschung erneut gekürzt wird, legen wir in Bayern noch mal ordentlich was drauf.
Gleichzeitig gibt es vielerorts im Freistaat einen erheblichen Sanierungsstau – zum Beispiel an der Uniklinik in Augsburg.
Blume: Moment mal. Dass wir uns in Bayern überhaupt getraut haben, ein Uniklinikum neu an den Start zu bringen, nötigt meinen Kollegen in anderen Ländern größten Respekt ab. Es wird viel über Ärztemangel und Defizite bei der Medizinerausbildung geredet. Wir in Bayern handeln. Wir schaffen über 2700 Studienplätze für Medizin mit dem Medizincampus Oberfranken, dem Medizincampus Niederbayern und eben dem neuen Uniklinikum in Augsburg.
Und wie geht es in Augsburg mit dem alten, vor 40 Jahren errichteten und teilweise maroden Gebäude weiter? Der künftige ärztliche Direktor Klaus Markstaller hat gesagt, dass er sich einen Neubau wünscht und keine Sanierung bei laufendem Betrieb.
Blume: Es gibt sehr gute Gründe, sich für einen Neubau zu entscheiden. Alle Szenarien werden jetzt noch mal durchgerechnet, um zu einer belastbaren Entscheidungsgrundlage zu kommen. Die Zahlen,
„Eine Sanierung unter laufendem Betrieb ist immer nur eine Notlösung“
die wir bereits haben, deuten darauf hin, dass eine Sanierung sehr viel länger dauern und sehr viel aufwendiger sein würde als ursprünglich angenommen. Bei einer Sanierung müssten wir ein Interims-krankenhaus in der Größe eines Kreiskrankenhauses errichten. Allein daran sieht man, dass eine Sanierung unter laufendem Betrieb immer nur die Notlösung ist, wenn es nicht anders geht. In Augsburg aber sollte es anders gehen. Deshalb favorisiere ich einen Neubau des Uniklinikums.
Wann will man sich entscheiden?
Blume: Die Entscheidung soll auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode fallen.
Also noch vor der Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres. Wie könnte dann der weitere Zeitplan aussehen?
Blume: Das hängt stark an der Frage, unter welchen Vorzeichen wir den Neubau angehen. Wird es ein Projekt des klassischen staatlichen
Bauens? Dann kann es länger dauern. Oder versuchen wir, neue Wege zu gehen? Das würde ich in Augsburg gerne probieren. Mit dem neuen Universitätsklinikgesetz schaffen wir in Bayern die Möglichkeit, dass Unikliniken sich der Fesseln des öffentlich-rechtlichen Bauwesens ein Stück weit entledigen können, um schneller zu sein. Geschwindigkeit ist heutzutage entscheidend. Man kann niemandem erklären, warum der Neubau eines Klinikums bei uns in Deutschland dreimal so lang dauert wie in anderen Teilen der Welt. Und klar ist auch: Wer schneller baut, der spart.
Wie viel wird ein Neubau kosten? In Würzburg sind 1,1 Milliarden Euro veranschlagt. Gibt es auch für Augsburg schon eine Kostenschätzung?
Blume: Das wird in jedem Fall ein Milliardenprojekt. Bisher gibt es aber nur Prognosen. Es braucht erst eine konkrete Planung, bis man die voraussichtlichen Kosten in etwa beziffern kann.
Professor Markstaller hat gesagt, er könne sich auch vorstellen, so eine Art Gesundheitspark zu errichten, mit Physiotherapie und verschiedenen Disziplinen jenseits der reinen Uni-medizin. Ist für solche Überlegungen in Ihrer Kalkulation Platz? Oder ist das zu visionär?
Blume: Ganz im Gegenteil. Wir erleben gerade echte Revolutionen im Gesundheitssektor. Unsere Unikliniken waren in der Coronakrise das Rückgrat bei der Versorgung der Patienten. Sie haben heute eine ganz andere Stellung im Gesundheitssystem als früher. Dazu gehört nicht nur ein starker stationärer Bereich, sondern auch eine starke Ambulanz. Außerdem will ich, dass aus medizinischer Erkenntnis neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die Region erwachsen können. Am Ende könnten selbst Start-up-unternehmen auf so einem Campus ihren Platz haben. Das gehört nach meinem Verständnis heute zu einer modernen Medizin mit dazu. Wer weiß, vielleicht wird der nächste Impfstoff dann auch von einem Unternehmen auf dem künftigen Medizin-campus Augsburg entwickelt.
Die endgültige Entscheidung trifft das Kabinett. Was sind bis dahin die nächsten Schritte?
Blume: Es sind noch ein paar Gespräche zu führen – zum Beispiel mit dem Zweckverband und den Kommunen zur Zusage, sich mit rund 280 Millionen Euro an der Sanierung zu beteiligen. Ich gehe davon aus, dass diese Zusage auch dann uneingeschränkt gilt, wenn wir einen Neubau anstreben. Die Signale sind allesamt positiv, aber diese Gespräche müssen noch zu Ende geführt werden.
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie sich eine neue Uniklinik auf die anderen Krankenhäuser in der Region auswirkt?
Blume: Das Uniklinikum Augsburg hat einen Einzugsbereich, der weit über die Region Augsburg hinaus strahlt. Es ist der Maximalversorger für den gesamten südwestbayerischen Raum. Das Uniklinikum ruht auf den Schultern einer ganzen Region, und deswegen ist es auch wichtig, die Beziehungen zu den anderen Krankenhäusern zu definieren. Es gibt eine ganze Reihe von Einrichtungen, die als akademische Lehrkrankenhäuser bereits jetzt mit dem Uniklinikum kooperieren. Das werden in den nächsten Jahren sicherlich noch mehr werden. Es ist der gemeinsame Wille von Gesundheitsminister Klaus Holetschek und mir, dass wir ein gutes Miteinander der einzelnen Einrichtungen im Interesse einer optimalen Gesundheitsversorgung hinbekommen.
Bleibt noch die Frage nach dem Standort. Wo in Augsburg soll die neue Uniklinik errichtet werden?
Blume: Auf jeden Fall in der Nähe der jetzigen Uniklinik.