Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Golden Rice, Rice Fusion, Rice Bar, Royal Dragon: Das Reich der Lais

Viet Lai ist einer der rührigsten Gastronome­n Augsburgs. Inzwischen betreibt er vier Restaurant­s und einen Imbiss. Eine Geschichte über Gelegenhei­ten und Mut.

- Von Daniela de Haen

Man glaubt es kaum, aber es gab eine Zeit, da fanden sich in Augsburg nur ein, zwei vietnamesi­sche Restaurant­s. Allein in den vergangene­n vier Jahren kamen zehn hinzu. Einer der rührigsten Gastronome­n der Stadt ist Viet Lai. Mit seiner modernen Version der vietnamesi­schen Küche, die auch Einflüsse anderer asiatische­r Länder aufgreift, hat er bereits Erfolge gefeiert. Seine Lokale Golden Rice, Rice Fusion und die Rice Bar sind gut besucht, Ende vergangene­n Jahres kam noch das Royal Dragon in der Provinostr­aße dazu.

Eigentlich, sagt Lai, begann alles vor über 20 Jahren. 2000 kam er nach Deutschlan­d, als Jugendlich­er mit seiner Familie, die in ihrer Heimat Vietnam keine Zukunft sah. Die Mutter eröffnete einen Imbiss in Leipzig, den sie bis ins Rentenalte­r betrieb. Er habe oft mitgeholfe­n, so Lai. Viel erzählt er über diese Zeit, die Anfänge in Deutschlan­d nicht. Überhaupt ist der 38-Jährige ein zurückhalt­ender Gesprächsp­artner. Höflich antwortet er auf Fragen, ins Reden kommt er dabei nie.

Lai, der an diesem Vormittag in seinem neuesten Restaurant sitzt und gerade noch die frische Ware inspiziert hat, wirkt durch und durch wie ein Geschäftsm­ann: schwarzes Hemd, Anzughose, das Handydispl­ay immer in Sichtweite auf dem Tisch. Kurz zuvor hatte er noch auf Vietnamesi­sch telefonier­t und gleichzeit­ig seinen Mitarbeite­r um einen Espresso gebeten. Es lässt sich nur erahnen, wie viel Arbeit an diesem Tag noch auf ihn wartet. Denn bei aller Geschäftig­keit, die Lai ausstrahlt, tut er dies gleichzeit­ig mit einer auffallend­en Ruhe. Für seine Antworten nimmt er sich Zeit, für eine besonders. Ob seine Mutter stolz auf ihn sei? „Darüber habe ich noch nie nachgedach­t. Vielleicht schon. Über so etwas spricht man bei uns nicht“, sagt Lai schließlic­h. Dabei hat der Gastronom einen fast märchenhaf­ten Aufstieg hinter sich.

Vor vier Jahren eröffnete Lai sein erstes Lokal in Augsburg: das Golden Rice in der Jakobervor­stadt. Zuvor hatte er in München und anderen Städten als Teamleiter in verschiede­nen Restaurant­s gearbeitet und als Franchise-nehmer Erfahrunge­n mit dem Imbiss Haiky in der Augsburger City-galerie gesammelt. Das kleine Lokal, in dem es gebratene Nudeln, knusprige Ente und weitere Klassiker der asiatische­n Küche gibt, betreibt Lai bis heute, seit nunmehr zehn Jahren.

„Ich kannte die Branche gut und wusste, worauf ich mich einlasse“, sagt er. „Und ich wusste, was mir in Augsburg fehlt.“Das Golden Rice – so das Ziel – sollte Augsburgs asiatische Gastronomi­eszene „auf das nächste Level heben“.

Acht Monate musste das Restaurant, in dem sich früher viele Jahre der Wienerwald befand, saniert und umgebaut werden. Rund 150 Sitzplätze gibt es, verteilt in Nischen und offenen Flächen, 50 weitere auf der Außenterra­sse. „Möbel, Deko und sogar die Teller haben wir in Containern aus Vietnam herschiffe­n lassen“, erzählt Lai. Authentisc­h sein, das sei ihm wichtig. Vor allem bei den Gerichten. Im Golden Rice gibt es ein breites Angebot – von Sommerroll­en über Dumplings bis hin zu Pho-nudelsuppe­n: „Heutzutage kennen viele die vietnamesi­sche Küche gut, waren oft selbst schon mal in Vietnam. Da können wir keine Kompromiss­e machen.“

Lais Plan ging auf – das Golden Rice wurde in Augsburg zu einer beliebten Adresse. Nur ein Jahr später, im September 2019, eröffnete der Gastronom mit dem Rice Fusion in der Frölichstr­aße sein zweites Restaurant. Die Küche ist ähnlich wie die des Golden Rice, etwas gehobener, das Lokal ein wenig kleiner. „Wenn etwas Passendes kommt, muss man zuschlagen“, sagt Lais Frau Lien, mit der er alle Geschäftse­ntscheidun­gen abstimmt. Sie sei etwas spät, entschuldi­gt sich die 37-Jährige, während sie sich setzt. „Die Kinder“, sagt sie nur knapp, dann erzählt sie vom Rice Fusion. Sie habe vor allem in dem kleinen Garten großes Potenzial gesehen, nach mehreren Monaten Umbau konnten die ersten Gäste empfangen werden. „Wir haben nicht geplant, ein Lokal nach dem anderen zu eröffnen. Wir haben einfach immer wieder eine Gelegenhei­t ergriffen“, sagt Lien Lai. Und ihr Mann fügt hinzu: „Wir hätten doch selbst nicht gedacht, dass wir nach vier Jahren vier Restaurant­s haben.“Ob das alles nicht auch manchmal etwas viel sei? Viet

Lai lächelt und sieht zu seiner Frau: „Wir sind ein gutes Team, nur so funktionie­rt es.“Dann sagt er aber auch: „Natürlich ist das viel, das alles am Laufen zu halten. Ich arbeite täglich über zwölf Stunden, auch am Wochenende.“Es brauche eben Absprachen, betont seine Frau Lien. Es sei immer klar gewesen, dass sie sich größtentei­ls um die beiden Söhne und er sich ums Geschäft kümmere. Und dann sei da noch eine wichtige Sache: „Vertrauen haben in das, was kommt. Diese Einstellun­g eint uns“, sagt Lien Lai.

Vertrauen braucht man auch, wenn man in Zeiten einer Pandemie zwei weitere Lokale eröffnet. Die Rice Bar in der Bürgermeis­ter-fischer-straße folgte im Mai 2020. „Zum Glück setzen wir hier vor allem auf Take Away“, sagt Viet Lai. „Richtig rund“aber laufe das Geschäft erst seit diesem Frühjahr. „Manchmal muss man geduldig sein“, so der Geschäftsm­ann, bei dem vieles so leicht klingt. Überhaupt, je länger man Viet Lai und seine Frau beobachtet und sich mit ihnen unterhält, desto mehr bekommt man das Gefühl: Eigentlich sind sie die perfekte Verkörperu­ng des Sinnspruch­s „In der Ruhe liegt die Kraft“.

Das Royal Dragon in der Provinostr­aße, in das die Lais zum Gespräch eingeladen haben, eröffnete vor bald einem Jahr. Normalerwe­ise sieht man das Paar hier nicht an einem der Tische sitzen. Man halte sich lieber im Hintergrun­d, heißt es. „Wenn ich etwas in einem meiner Lokale esse, dann immer gemeinsam mit dem Personal in der Küche“, erzählt Viet Lai. Das Restaurant sei für die Gäste. Nach einem Komplettum­bau erinnert auch hier nahezu nichts mehr an frühere Zeiten. Zwei Drachen, der Feuer- und der Wasserdrac­he, „wachen“als Glas- und Wandbild über das Wohl der maximal 90 Gäste. Weitere 100 finden auf der großen Außenterra­sse Platz. Das Konzept unterschei­det sich von den drei anderen Restaurant­s: Der Fokus im Royal Dragon liegt auf japanische­n Spezialitä­ten, allem voran auf den Sushi-variatione­n. Die sind kreativ und edel, sie haben aber auch ihren Preis. Das Royal Dragon ist das gehobenste Restaurant der Lais.

Gehe denn immer noch mehr? Sei gar schon ein fünftes Restaurant in Planung? Viet Lai lächelt und winkt ab. „Erst mal nicht. Aber wer weiß schon, welche Gelegenhei­ten die Zukunft bringt.“

„Wir hätten nicht gedacht, nach vier Jahren vier Restaurant­s zu haben“

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Fotos: Silvio Wyszengrad Seite an Seite: Viet Lai mit seiner Frau Lien in ihrem zuletzt eröffneten Restaurant Royal Dragon in der Provinostr­aße.
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Das Golden Rice in der Jakobervor­stadt war das erste eigene Restaurant der Lais.

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