Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Starke Frauen, große Trauer, viel Fantasie
Unter Wasser und an Land: Zwei prachtvolle Welten entfaltet der neue Film „Black Panther: Wakanda“. Die Macht liegt in der Hand der weibliche Rollen. Doch alles beginnt mit einer Gedenkminute für einen Schauspieler.
Als Marvel 2018 die Comic-verfilmung „Black Panther“auf den Markt brachte, war die Zeit mehr als reif für einen schwarzen Superhelden. Über 1,3 Milliarden Dollar spielte der Film weltweit ein – mehr als die Konzernflaggschiffe „Thor“, „Iron Man“und „Captain America“mit ihren hellhäutigen Posterboys. Chadwick Boseman verkörperte mit einer tiefenentspannten Präsenz die Titelfigur, die ihre Coolness jenseits bewährter Macho-attitüden entwickelte. Als Boseman 2020 im Alter von 43 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung starb, war eine Fortführung des Franchise ohne ihn zunächst kaum vorstellbar. Aber natürlich geht das kommerzielle Leben weiter. So bindet das Sequel „Black Panther – Wakanda Forever“nun die Trauer um Bosemans Tod direkt in die Handlung ein.
Ein umfangreicher Prolog ist dem plötzlichen Sterben und der Beerdigung des Filmhelden gewidmet. Wenn danach die Buchstaben des Marvel-logos auf der Leinwand erscheinen, spiegeln sich darin nicht wie üblich die diversen Figuren des Comic-universums, sondern – gleich einer filmischen Schweigeminute – allein die Bilder Chadwick Bosemans.
In der neuen Storyline übernimmt nach dem Tod des Regenten dessen Mutter Ramonda (Angela Bassett) die Macht in Wakanda – jenem geheimen Königreich, das sich im Herzen Afrikas von der Weltgeschichte abgekoppelt und zu einem hochtechnisierten Utopia entwickelt hat. Das lichtdurchflutete Metropolis ist eine machtvolle Comic-fantasie. Sie zeigt in schillernder Computeranimation, was aus dem geschundenen Kontinent hätte werden können, der von weißen Kolonisatoren unterjocht wurde und durch Sklavenhandel und die Plünderung der Rohstoffe ausblutete. Der technische Fortschritt in Wakanda gründet sich auf einer solchen Ressource, dem Wundermetall Vibranium, an das amerikanische Geheimdienstler nach dem Tod des Königs vergeblich zu gelangen versuchen.
In die Tiefen des Atlantiks hat sich ein südamerikanisches Ureinwohnervolk im 16. Jahrhundert vor den spanischen Konquistadoren geflüchtet. Ebenfalls mithilfe von Vibranium wurde auf dem Meeresgrund die Unterwasserstadt Talokan erbaut. Als ein amerikanisches Forscherteam das Wundermetall nun im Atlantik aufspürt, ist Anführer Namor (Tenoch Huerta) fest dazu entschlossen, dem imperialistischen Treiben auf der Erdoberfläche ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Er hofft, mit Wakanda einen Alliierten für den geplanten Vernichtungsfeldzug zu gewinnen. Als Ramonda und Prinzessin Shuri (gespielt von Letitia Wright) sich der Allianz verweigern, gerät nun auch das afrikanische Königreich ins Visier des rachsüchtigen Meereskönigs.
Gleich zwei prachtvolle Fantasy-welten präsentiert Regisseur Ryan Coogler und spart dabei nicht an visuellen Schauwerten. Auch wenn die Konflikte zwischen habgierigen Amis, kriegslüsternen Unterwasserlingen und wackeren Wakanderinnen über 161 Filmminuten ein paar Längen generieren, überzeugt „Wakanda Forever“dennoch durch seine emotionalen Hardware.
Zeichnete sich der Vorläuferfilm schon durch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Handlungsund Kampfgeschehen aus, baut das Nachfolgewerk die weibliche Machtsphäre weiter aus. Angela Bassett kann in Szenen ihre schauspielerische Naturgewalt als Königin voll entfalten. Aber es ist die fabelhafte Letitia Wright, die in der Rolle der jungen Prinzessin Shuri den Herzschlag des Filmes bestimmt. Aus Trauer, Zweifel, Wut und Mut formt sie eine Superheldin, die sich nicht an den männlichen Genremaßstäben orientiert, sondern einen ganz eigenen Drive entwickelt – und damit auf souveräne Weise sogar die Charisma-lücke füllt, die Bosemans Tod in dem Franchise hinterlassen hat.