Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Augsburgs Stadtarchä­ologen finden römischen Beton

Auf einer Baustelle am Hafnerberg kam ein Stück der römischen Stadtmauer ans Licht. Das uralte Baumateria­l erweist sich als erstaunlic­h stabil.

- Von Eva Maria Knab

Einen spannenden Fund vermelden die Augsburger Stadtarchä­ologen. Am Mittwoch kam auf einer Baustelle am Hafnerberg ein kleines Stück der oberirdisc­h längst verschwund­enen römischen Stadtmauer ans Licht. Besonders interessan­t ist das rund 1800 Jahre alte Baumateria­l: eine Art römischer Beton, der als früher Vorläufer heutiger Betonbauwe­rke gelten kann.

„In einem römischen Architekte­nhandbuch von Vitruvius ist diese Bauweise beschriebe­n,“erklärt der Chef der Stadtarchä­ologie, Sebastian Gairhos. Sie hieß „opus caementici­um“. Von diesem lateinisch­en Begriff lässt sich das Wort Zement herleiten. Mit der Technik konnten schon die alten Römer schnell und effizient große Bauwerke errichten. Wie das funktionie­rte, ist an dem kleinen Stück Stadtmauer gut zu sehen, das nun bei einer Kabelverle­gung der Stadtwerke am Hafnerberg zutage trat. Die rund 1,80 Meter dicke historisch­e Mauer besteht außen aus kleinen Kalksteinq­uadern. Innen fanden die Archäologe­n einen Kern aus Gussmauerw­erk, bestehend aus Zement, Mörtel und Bruchstein­en.

„Es war die übliche Bauweise bei den Römern, sie geht schnell und ist extrem haltbar“, sagt Gairhos. Die römische Stadtmauer in Augsburg war wohl etwa drei Kilometer lang und zog sich rund um die einstige römische Provinzhau­ptstadt Augusta Vindelicum mit rund 80 Hektar Siedlungsf­läche. Sie wurde wohl in den Jahren um 170 bis 180 nach Christi Geburt errichtet. Das römische Augsburg brauchte damals wohl dringend Schutz vor Feinden. Zu dieser Zeit habe es die ersten Einfälle von Germanen gegeben, sagt Gairhos. „Die Römer mussten sich verteidige­n.“Dass jetzt ausgerechn­et am Hafnerberg ein kleines Stück der römischen Stadtmauer entdeckt wurde, ist kein Zufall. Die Bauarbeite­n der Stadtwerke wurden von einem Grabungsbü­ro begleitet. Denn bereits im Vorfeld war klar, dass es in diesem Bereich Funde geben könnte. In der Nachkriegs­zeit wurde in diesem Umfeld viel gebaut. Die Archäologe­n stießen schon damals auf entspreche­nde Überreste. Aus älteren Beschreibu­ngen weiß man, dass dort die römische Stadtmauer verläuft.

Seit dem späten Mittelalte­r ist Augsburgs römische Stadtmauer oberirdisc­h aus dem Stadtbild verschwund­en. Baumateria­l war in früheren Zeiten sehr wertvoll. Es wurde in den vergangene­n Jahrhunder­ten abgetragen, um es woanders wieder einzubauen. Ursprüngli­ch muss die Römermauer ein massiver Schutzwall gewesen sein. Fachleute gehen davon aus, dass sie sechs bis acht Meter hoch gewesen sein dürfte und oben einen Wehrgang hatte. Bekannt ist, dass die Stadtmauer im heutigen Domund Kreuzviert­el verlief, dann weiter nördlich des Fischertor­es in Richtung MAN. Die östliche Seite zum Lech hin wurde wohl ein Stück weit weggeschwe­mmt. Gairhos schätzt, dass die Römer für ihre Stadtmauer rund 100.000 Tonnen an Steinen und Beton verbaut haben. „Es war eine gewaltige Leistung.“Noch heute sei das Baumateria­l gut erhalten. Der neue Fund wurde am Mittwoch nur für kurze Zeit freigelegt, um ihn zu dokumentie­ren. Anschließe­nd wird der Kabelkanal wieder zugeschütt­et.

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Foto: Silvio Wyszengrad Am Hafnerberg wurde jetzt ein kleines Stück der römischen Stadtmauer gefunden.

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