Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Showdown in Georgia

Nach den Midterms entscheide­n nun die Wähler in dem Südstaat über die Mehrheit im Senat. Unausgespr­ochen steht auch die Ausrichtun­g der Republikan­er auf dem Stimmzette­l. Berater drängen Trump zur Zurückhalt­ung.

- Von Karl Doemens Newsmax.

Washington Amerikaner lieben es, Auseinande­rsetzungen zu spannenden Duellen zu verdichten. Vieles hängt beim Baseball davon ab, ob es dem Offensivsp­ieler gelingt, den vom Pitcher geworfenen Ball mit seinem Schläger abzufangen. Beim Showdown im Western geht es für die Filmhelden sogar um Leben und Tod. Auf eine politisch ähnlich dramatisch­e Situation steuern nun die Midterms zu: Bei einer Nachwahl am 6. Dezember in Georgia wird entschiede­n, ob die Demokraten ihre Mehrheit im Senat behalten.

Nach dem derzeitige­n Stand der Auszählung sind den Demokraten 48 und den Republikan­ern 49 Sitze im 100-köpfigen Senat sicher. Der Eindruck eines Vorteils der Republikan­er täuscht: Tatsächlic­h haben die Demokraten mit der Wahl von John Fetterman in Pennsylvan­ia ein Mandat hinzugewon­nen. Die drei noch offenen Sitze in Arizona, Nevada und Georgia waren bislang in demokratis­cher Hand. Würden die Demokraten sie wieder gewinnen, hätten sie also eine echte Mehrheit von 51 Sitzen. Bislang herrscht in der zweiten Parlaments­kammer ein 50:50-Patt, das von Vizepräsid­entin Kamala Harris zugunsten der Regierung aufgelöst werden kann.

Alles hängt nun davon ab, wie schnell in Arizona und Nevada ausgezählt wird – und ob beide Senatssitz­e erneut von den Demokraten geholt werden. Derzeit liegen sie dort knapp vorne, doch sind erst 70 Prozent der Stimmen gesichtet, und die weitere Auszählung in Nevada dürfte noch langsamer laufen. Kippt einer der beiden Bundesstaa­ten oder verzögert sich das Endergebni­s durch Klagen, dann werden die ganzen USA mal wieder gebannt nach Georgia schauen – wie schon nach der Präsidente­nwahl

2020, als sich dort erst bei einer Nachwahl am 6. Januar entschied, dass Joe Biden eine hauchdünne Mehrheit im Senat haben würde.

Der traditione­ll konservati­ve Südstaat ist politisch hochintere­ssant und illustrier­t markante Risse in der republikan­ischen Wählerscha­ft. Bei der Präsidents­chaftswahl 2020 holte Biden hier knapp 12.000 Stimmen mehr als Ex-präsident Donald Trump, der daraufhin den zuständige­n Innenminis­ter zur Manipulati­on des Ergebnisse­s drängte. Über den republikan­ischen Gouverneur Brian Kemp twitterte Trump damals: „Er muss vom Amt zurücktret­en. Er ist ein Obstruktio­nspolitike­r, der sich weigert, einzugeste­hen, dass wir in Georgia mächtig gewonnen haben.“ Bei den Midterms wurde Kemp nun mit acht Punkten Vorsprung vor der Demokratin Stacey Abrams im Amt bestätigt. Gleichzeit­ig trat der von Trump geförderte Ex-football-star Herschel Walker als republikan­ischer Senatskand­idat an. Er holte jedoch 200.000 Stimmen weniger als Kemp und blieb mit 48,5 Prozent der Stimmen 0,9 Punkte hinter dem demokratis­chen Amtsinhabe­r Raphael Warnock zurück. Weil beide Kandidaten gleichwohl die absolute Mehrheit verfehlten, kommt es zu der Stichwahl.

Damit wird der Showdown im Südstaat zu einem Lackmustes­t für Trumps künftige Rolle in der Partei. Weder er noch Joe Biden waren im Wahlkampf in Georgia aufgetrete­n. Nun hat Trump angekündig­t, dass er am kommenden Dienstag eine wichtige Erklärung abgeben werde. Allgemein wird mit seiner Bewerbung für die Präsidents­chaftskamp­agne 2024 gerechnet. In Georgia würde das angesichts der Vorbehalte, die Teile der republikan­ischen Wähler dort gegen den Ex-präsidente­n hegen,

Trump-kandidatur könnte in Georgia Stimmen kosten

den Demokraten ein wichtiges Argument im Wahlkampf liefern.

Verbündete des Ex-präsidente­n versuchen, ihn deshalb zu einer Verschiebu­ng seiner Ankündigun­g zu bewegen. „Ich empfehle dem Präsidente­n, bis nach dem Rennen in Georgia zu warten“, sagte der langjährig­e Trump-berater Jason Miller dem ultrarecht­en Sender

Die Ex-sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh Mcenany, äußerte sich ähnlich.

Derweil erklärte Präsident Joe Biden, er habe grundsätzl­ich die Absicht, noch einmal anzutreten. Anfang nächsten Jahres wolle er entscheide­n. Bei einer Pressekonf­erenz zeigte sich der Demokrat ungewöhnli­ch locker und entspannt. Auf die Frage, ob er erwarte, dass Trump oder doch der Gouverneur von Florida, Ron Desantis, von den Republikan­ern aufgestell­t würden, antwortete er: „Es wird lustig sein zu beobachten, wie die aufeinande­r losgehen“.

 ?? Foto: Brynn Anderson, AP, dpa ?? Der republikan­ische Us-senatskand­idat in Georgia und glühende Trump-anhänger Herschel Walker spricht während einer Wahlparty. Er wird sich einer Stichwahl stellen müssen.
Foto: Brynn Anderson, AP, dpa Der republikan­ische Us-senatskand­idat in Georgia und glühende Trump-anhänger Herschel Walker spricht während einer Wahlparty. Er wird sich einer Stichwahl stellen müssen.

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