Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Härtefälle und Zukunftsko­nzepte

Mit Götze, Füllkrug und Moukoko, aber ohne Gosens und Hummels: Bei der Bekanntgab­e des deutschen Kaders für die WM in Katar musste Bundestrai­ner Flick einige enttäusche­n. Ein Ausgeboote­ter macht seinen Frust öffentlich.

- Von Florian Eisele

Frankfurt am Main Wochenlang wurde diskutiert, in Internetfo­ren aufgestell­t und alles wieder verworfen – nun steht alles fest: Mit einem starken Bayern-block, mit Wm-finaltorsc­hütze Mario Götze sowie den beiden Stürmern Niclas Füllkrug und Youssoufa Moukoko, dafür ohne die Dortmunder Routiniers Mats Hummels und Marco Reus wird Deutschlan­d das Unterfange­n Fußball-wm in Katar angehen. Auch Robin Gosens, der bei der EM noch einer der wenigen Lichtblick­e im deutschen Team war, fehlt im Aufgebot. Bundestrai­ner Hansi Flick gab sich zuversicht­lich für die Spiele bei der Weltmeiste­rschaft in dem Emirat: „Dieser Kader gibt uns viele Möglichkei­ten. Wir sind im Trainertea­m sehr froh, dass wir so eine Qualität haben.“

Eine Qualität, die zu einigen Härtefälle­n führt. So ist anzunehmen, dass der Bvb-abwehrchef Mats Hummels bei vielen der anderen 31 Nationen eine führende Rolle in der Innenverte­idigung übernommen hätte – bei Flick ist der 33-Jährige trotz starker Leistungen beim Vizemeiste­r außen vor. Auf Instagram machte Hummels seinen Frust deutlich und schrieb: „Wenig überrasche­nd ist das eine der größeren Enttäuschu­ngen meiner Karriere. Ich drücke der Mannschaft die Daumen bei der WM und werde die Zeit nutzen, um wie jedes Mal mit harter Arbeit auf eine solche Erfahrung zu reagieren.“Zu den Gründen für das Aus des Routiniers befragt, verwies Flick auf die vier Innenverte­idiger Antonio Rüdiger („Toni ist unser Abwehrchef“) sowie Matthias Ginter, Nico Schlotterb­eck und Niklas Süle. Hummels habe zwar eine „hervorrage­nde Form“, zugleich „haben wir uns im Trainertea­m so entschiede­n, weil wir die Zukunft im Blick haben“. Die Zukunft trägt in diesem Fall den Namen Armel Bella-kotchap. Der 20-Jährige aus Southampto­n ist ein fünfter Innenverte­idiger, wird im Normalfall kaum zum Einsatz kommen, wird aber bei der EM 2024 im eigenen Land auf die Erfahrung einer WM zurückblic­ken können.

Ein zweites Kriterium neben dem der Zukunft war das des aktuellen Fitnessgra­ds – und das wurde dem zweiten Härtefall namens Marco Reus zum Verhängnis. Der Wm-pechvogel, der sich im letzten

Testspiel vor dem Turnier 2014 verletzt hatte, hat sich am Sprunggele­nk verletzt und jetzt alles versucht, um noch auf den WM-ZUG aufzusprin­gen. Vielleicht zu viel: Nach verfrühten Comebacks musste der 33-Jährige wieder passen. „Es war nicht ganz klar, wann er dazustoßen hätte können. Es tut uns weh, wir hätten seine Qualität brauchen können“, so Flick.

Dass die Bayern-spieler Manuel Neuer und Thomas Müller gerade zur WM fit geworden sind, stelle eine andere Sachlage dar, so Flick. Speziell bei Müller, der Ende September

letztmals in der Bundesliga auflief, mache er sich gar keine Sorgen: „Ich bin überzeugt davon, dass er noch nie so gut vorbereite­t war auf eine WM.“Allgemein gelte für den Fitnesssta­nd seiner Wmprofis, so Flick: „Es gibt keine Fragezeich­en, keine Bedenken.“

Ein großes Lob gab es hingegen für einen, der letztmals im November 2017 gegen Frankreich das Dfb-trikot trug: Mario Götze. Die Nominierun­g des Wm-helden von 2014 hatten viele Beobachter angesichts dessen Formkurve gefordert. Flick tat ihnen und sich den

Gefallen, denn: „Wir wissen alle, dass Mario ein genialer Fußballer ist, der Gedankenbl­itze hat. Wenn man die letzten Spiele sieht, war er auf ganz hohem Niveau.“

Für Durchschla­gskraft steht hingegen Bremens Niclas Füllkrug, der auf zehn Ligatore kommt. Der 29-Jährige ist spätberufe­n, lief nie für ein Jugendteam des DFB auf. Er könnte aber bei der WM ein wichtiger Mann für entscheide­nde Minuten werden, wie Flick durchblick­en ließ: „Wenn man die Spiele von Bremen sieht, wurde immer in den letzten Minuten was umgebogen. Da ist er einer, der der Mannschaft dieses Selbstvers­tändnis gibt.“Die Verletzung­en der Stürmer Timo Werner und Lukas Nmecha machen es zudem möglich, dass neben Füllkrug ein weiterer Debütant das Wm-ticket löste: Youssoufa Moukoko vom BVB, der am Tag des Eröffnungs­spiels seinen 18. Geburtstag feiert, soll die Offensive komplettie­ren.

Ein Fenster für Nachnomini­erungen gibt es übrigens noch: Der endgültige Kader muss 24 Stunden vor dem ersten Spieltag der Fifa gemeldet werden. Sollte das Verletzung­spech noch zuschlagen, könnte Flick also noch reagieren.

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Foto: H. Schmidt, dpa
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Foto: S. Pförtner, dpa
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Fotos: A. Heimken, dpa
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Foto: C. Jaspersen, dpa
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Foto: Arne Dedert, dpa

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