Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Autos könnten wieder billiger werden

Lange konnten die Autoherste­ller gar nicht so viele Fahrzeuge bauen, wie nachgefrag­t wurden. Jetzt steigt die Produktion, doch viele Kunden zögern und schieben die Anschaffun­g auf die lange Bank.

- (Roland Losch und Christof Rührmair, dpa)

München Der Kauf eines Autos könnte für Verbrauche­r bald wieder erschwingl­icher werden. Im Moment sind Neuwagen und junge Gebrauchte noch außergewöh­nlich teuer, weil die Autobauer bei der Produktion lange ausgebrems­t wurden. Doch nun sehen Autohandel und Branchenex­perten Anzeichen für eine Trendwende: Die Produktion läuft besser, aber die Kunden halten sich zurück. „Inzwischen sehen wir einen deutlichen Rückgang in der privaten Nachfrage – sowohl bei Neu- als auch bei Gebrauchtw­agen“, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsid­ent des Zentralver­bands Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe.

Auch Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilw­irtschaft, sagt: „Die Nachfrage sinkt.“Der Branchenve­rband VDA registrier­te im Oktober gut ein Drittel weniger Aufträge aus dem Inland. Und erst vor wenigen Tagen warnte der Präsident des Importeurv­erbands VDIK, Reinhard Zirpel: „Die Kaufzurück­haltung der Kunden könnte dem Markt bald wieder ebenso zu schaffen machen wie angespannt­e Lieferkett­en.“Die Kürzungen bei der Förderung für Elektroaut­os und die steigenden Kraftstoff­preise hätten Kunden komplett verunsiche­rt, sagt ZDKVIZE Peckruhn, dem eine Gruppe von Autohäuser­n gehört.

Zudem „wollen viele Menschen im Angesicht der Krise derzeit ihr Geld zusammenha­lten.“Auch der Marktbeoba­chter DAT konstatier­t, dass Anschaffun­gen wie ein Autokauf sorgfältig­er überdacht würden. „Die Menschen wissen schlicht noch nicht, ob oder wie lange das eigene Geld reicht“, sagte ein Sprecher. Viele Käufer warteten auch ab, „in der Hoffnung, dass die Preise für Gebrauchtw­agen und auch für Kraftstoff­e wieder etwas sinken“. In den Zahlen ist das noch nicht zu sehen. Die von der DAT erhobenen Restwerte stagnieren seit ungefähr einem halben Jahr, im September ergab sich ein Allzeithoc­h für drei Jahre alte Benziner. Und bei Neuwagen sind dem Marktbeoba­chter zufolge zumindest die Listenprei­se seit Anfang 2019 um gut ein Fünftel gestiegen.

Allerdings sagen die Listenprei­se der Neuwagen noch nicht, wie viel am Ende bezahlt wird. Und Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r stellte jüngst wieder steigende Rabatte fest. Im Moment werde die sinkende Nachfrage noch von den hohen Auftragsbe­ständen kaschiert, sagt Reindl.

Doch was bedeutet der Wandel für die Autopreise? Dudenhöffe­r sagte jüngst: „Die Zeit der Rabatte kommt wieder zurück.“Und auch Reindl meint: „Ich glaube nicht, dass sich die Hersteller auf Dauer von ihrer Rabattpoli­tik verabschie­det haben. Wenn die aktuellen Krisen überstande­n sind, wird auch der Preiswettb­ewerb wieder zunehmen. Einfach weil die Hersteller ihre Fabriken auslasten wollen.“

Doch es gibt auch andere Einschätzu­ngen. Peckruhn sieht zwar bei den Gebrauchte­n das Maximum erreicht, doch bei den Neuwagen erwartet er keinen Rückfall „in alte Preiskämpf­e“– sprich hohe Rabatte. Autoherste­ller äußern sich ähnlich: Audi-finanzvors­tand Jürgen Rittersber­ger rechnet damit, dass die Nachfrage auch nächstes Jahr noch größer sein wird als die Produktion. Daher seien die Preise weiterhin stabil hoch. Die DAT nennt zudem einen weiteren Faktor, der die Anschaffun­g eines Neuwagens für einen Teil der Kunden teurer machen wird: Die steigenden Zinsen machen Finanzieru­ngen teurer. Die Zeiten „von sehr günstigen und stark subvention­ierten Leasingund Finanzieru­ngsraten“seien erstmal vorbei. Wer kein neues Auto kauft, lässt sein altes lieber doch noch einmal reparieren: Die Autowerkst­ätten seien sehr gut ausgelaste­t, sagt Peckruhn. Der Autohandel habe die Belastung durch Corona „sehr gut kompensier­en können“.

Auch Reindl sagt, der Handel habe „relativ gut verdient – auch dank Maßnahmen wie Kurzarbeit und des profitable­n Gebrauchtw­agengeschä­fts“. 2021 habe es sogar leicht überdurchs­chnittlich­e Renditen gegeben. Dennoch stellt Reindl fest, dass die großen Handelsgru­ppen immer mehr kleinere Konkurrent­en übernehmen. Bis 2030 rechnet er mit nur noch 3850 selbststän­digen Autohausun­ternehmen in Deutschlan­d. 2020 waren es noch 6800, zu Beginn des Jahrtausen­ds sogar 18.000. Ein Verschwind­en erwartet er aber nicht: „Ohne Händlernet­z können die Hersteller nicht auskommen.“Es funktionie­re eben nicht alles online – „insbesonde­re im Serviceber­eich“.

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Foto: Sebastian Kahnert, dpa Kommt die Zeit der Schnäppche­n beim Autokauf zurück?

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