Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bayern schafft Isolationspflicht ab
Gemeinsam mit drei anderen Bundesländern prescht der Freistaat vor: Wer mit Corona infiziert ist, muss nicht mehr zu Hause bleiben. Bestimmte Regeln bleiben aber.
München Bayern schafft die mindestens fünftägige Isolationspflicht für Corona-infizierte ab – und zwar ab 16. November. Das teilte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Freitag mit. Positiv Getestete sollen aber außerhalb der eigenen Wohnung eine Maske tragen müssen. „Und natürlich gilt weiter der Grundsatz: Wer krank ist, bleibt zu Hause“, sagte Holetschek. Vulnerable Gruppen sollten durch andere Maßnahmen weiter geschützt werden. „Die Entscheidung bedeutet nicht, dass wir dem Infektionsgeschehen freien Lauf lassen“, betonte der Minister. Bayern handelt dabei gemeinsam mit Baden-württemberg, Hessen und Schleswig-holstein. Auch in diesen drei Ländern sollen „zeitnah“neue Regelungen in Kraft treten.
Was genau in Bayern gelten wird, blieb am Freitag zunächst offen. Verpflichtende Schutzmaßnahmen für positiv Getestete als Ersatz für die Isolation könnten sein: eine Maskenpflicht außerhalb der eigenen Wohnung für Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren (außer bei 1,5 Metern Mindestabstand im Freien), ein Betretungsverbot für Besucherinnen und Besucher von medizinischen und pflegerischen Einrichtungen, ein Tätigkeitsverbot für Beschäftigte in diesen Einrichtungen sowie ein Tätigkeits- und Betretungsverbot für Beschäftigte in Massenunterkünften sowie Besucherinnen und Besucher.
„Die Länder können jeweils Ausnahmen vorsehen“, heißt es in einem gemeinsamen Papier der vier Länder. Es könnten aber umgekehrt auch noch strengere Regeln für Infizierte gelten, etwa Empfehlungen oder Verpflichtungen zu Homeoffice oder zum Verzicht auf den Besuch öffentlicher Veranstaltungen und der Gastronomie.
Bislang hatten sich Corona-infizierte nach einem positiven Testergebnis generell für mindestens fünf Tage in häusliche Isolation begeben müssen – und bis sie mindestens 48 Stunden symptomfrei waren, insgesamt allerdings bis zu einer Maximaldauer von zehn Tagen.
„Leider hat sich die Bundesregierung bislang einer gemeinsamen Lösung in der Isolationsfrage verweigert“, sagte Holetschek. „Deshalb gehen wir jetzt mit Blick auf die veränderte Pandemie-lage diesen wichtigen Schritt für einen eigenverantwortlichen Umgang mit Corona voran.“Grundlage dieser Entscheidung sei eine wissenschaftliche Bewertung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und vieler Experten. „Die Corona-lage hat sich geändert. Die Immunitätslage in der Bevölkerung ist inzwischen gut“, sagte Lgl-präsident Christian Weidner. Eine Infektion mit der heute dominierenden Omikronvariante BA.5 führe zwar häufig zu symptomatischen, aber in der Regel nicht zu schweren Verläufen. Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, nannte es einen richtigen Schritt, die Isolationspflicht jetzt aufzuheben. Vulnerable Gruppen müssten jedoch weiterhin geschützt werden. „Daher sind Tätigkeits- und Betretungsverbote dort, wo sich vulnerable Gruppen befinden, wie etwa auf onkologischen Stationen im Krankenhaus, weiterhin erforderlich“, betonte der Mediziner.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach indes kritisierte die Aufhebung der Isolationspflicht. „Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung“, sagte der Spd-politiker. Er sprach von einem Fehler und warnte vor einem „Flickenteppich“mit verschiedenen Isolationsregeln in den Bundesländern. „Es gibt auch keinen medizinischen Grund, jetzt auf die Isolationspflicht zu verzichten.“Es gebe etwa 1000 Todesfälle durch Covid pro Woche, man stehe vor einer „wahrscheinlich schweren Winterwelle“und sei „am Vorabend einer ansteckenderen Variante“. Es sei deshalb nicht wirklich verantwortbar, die Isolationspflicht aufzuheben. Er fügte hinzu, der Arbeitsplatz müsse sicher bleiben und es müsse verhindert werden, dass Menschen infiziert zur Arbeit gedrängt würden.