Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Sternennebel, der ihren Namen trägt
Sophie Paulin hat einen planetarischen Nebel entdeckt und fotografiert. Nun hat die junge Frau aus Bobingen eine ganz spezielle Beziehung zu ihm. Und mit dem Bild hat die Hobby-astrofotografin auch schon Pläne.
Bobingen Am Telefon sagt Sophie Paulin aus Bobingen (Landkreis Augsburg) nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme: „Es ist wie ein Traum, von dem man nie dachte, dass er real wird. Es ist schon heftig.“Nach ihr und einem Bekannten wurde ein planetarischer Nebel benannt, den die 24-Jährige entdeckt und fotografiert hat.
„Die Sterne haben mich schon immer begeistert“, berichtet Paulin. Schon als Kind hat sie den Sternenhimmel erkundet, als sie mit ihrem Großvater spazieren ging. In der Schule wählte sie Astrophysik. Studiert hätte sie Astrophysik auch gern, aber ein entsprechender Studiengang wird an der Universität Augsburg nicht angeboten. Um weiter in die Ferne zu ziehen, sei sie zu sehr mit ihrer Heimat verwurzelt, ihrer Familie, ihrem Hund Spotty. So kam die Software-entwicklerin auch zur Fotografie: Denn dem Australian Shepherd brachte sie schon in jungen Jahren viele Tricks bei, die sie zuerst mit dem Handy filmte und dann mit einer Spiegelreflexkamera fotografierte. Von „Vier gewinnt“-spielen bis zum Seilspringen wird alles festgehalten.
Vor zweieinhalb Jahren hat Paulin mit der Astrofotografie begonnen. Auslöser war ein Artikel, den sie online gelesen hatte. „Ich hatte gerade ein neues Objektiv für die Kamera bekommen“, erzählt sie. „Und da sehe ich dieses Bild einer Galaxie, das mit demselben Objektiv geschossen wurde!“Die junge Frau war sofort Feuer und Flamme – und probierte es selbst aus. „Nach dem ersten Versuch war ich ganz schön begeistert, dass das überhaupt möglich ist“, sagt sie. Daraufhin habe sie überlegt, was sie am Firmament noch alles fotografieren könnte. Die erste Herausforderung: Als im Sommer 2020 viele Menschen ihre Köpfe gen Nachthimmel reckten, um den Kometen „Neowise“zu sehen, zückte Sophie Paulin die Kamera.
Ihre Astrofotos teilt sie unter dem Namen „Lyaphine“auf „Astrobin“, einer Bild-hosting-plattform und sozialem Netzwerk für Amateur-astronomen und Astrofotografen. Zunächst beschränkte sie sich auf kleine Objekte, die sie mit ihrem ersten Teleskop einfangen konnte. Im Frühjahr 2022 begann sie dann ein „Mega-projekt“, wie sie selbst sagt: „Ich habe dabei zwei Galaxien für 100 Stunden belichtet.“
Für Sophie Paulin bedeutet ihr Hobby, ihre Liebe zu Tieren und zur Natur, ihr Interesse am Weltall und ihre „Begeisterung an Software, Technik und Bildbearbeitung“zu vereinen, schreibt sie auch auf ihrer Website „Lechfeldfotografie“. Und die Liebe zur Technik hört man ihr an, wenn sie erklärt, wie es funktioniert, ein Astrofoto zu schießen.
Paulin fotografiert zum Beispiel mit einer Farbkamera, die ausschaut wie ein roter Zylinder. Sie ist mit dem einen Meter langen 8-Zoll-newton-teleskop mit einem 203 Millimeter großen Spiegel verbunden und wird automatisch immer wieder ausgelöst. Für den entdeckten Nebel hat die Kamera etwa ungefähr alle fünf Minuten ein Bild gemacht, und das über 117 Stunden. Diese werden dann übereinandergelegt – „gestackt“, wie es in der Fachsprache heißt.
Die Fotografin erhält danach nur die Rohdaten. Wenn sie das Bild am PC öffnet, ist es zunächst komplett schwarz. Sie muss es erst „strecken“: Das heißt, die Lichtund Farbinformationen werden verteilt, von hell nach dunkel – dunkle Bereiche werden dabei dunkler, helle Bereiche heller und Bereiche ohne Informationen werden abgeschnitten.
Ihr Vorteil als Amateurin sei, dass sie ihre Kamera lange auf einzelne Objekte ausrichten könne. „Wir leben im goldenen Zeitalter der Amateur-astrofotografie“, sagt Paulin.
Bei Ihrem zweiten Großprojekt wählte Sie den Reflexionsnebel NGC7129, aufgrund einer besonderen Aufnahme eines professionellen Teleskops. Nur auf diesem waren Supernovaüberreste über dem Nebel zu sehen. Ihre Neugier war geweckt: In den vergangenen drei Monaten richtete sie ihre Kamera jede Nacht nur auf diesen einen Fleck. Dabei kam dann auch ein weiterer Nebel zum Vorschein.
„Ich habe mir zuerst nichts dabei gedacht, aber nach einem Gespräch mit meinem Kumpel Jasˇa Rebula, der auch an Astronomie interessiert ist, haben wir dann mal genauer gesucht, ob der Nebel nicht schon irgendwo vermerkt wurde.“Sie habe gar nicht glauben können, dass das nicht der Fall war. Um sicherzugehen, haben sie eine Mail an Pascal Le Dû geschrieben, einen französischen Astronomen, der solche Nebel katalogisiert. Jetzt ist der Nebel als „Rebpau1“in dessen System vermerkt: Jasˇa Rebula und Sophie Paulin standen Pate für den ersten von ihnen entdeckten Nebel.
Paulin zufolge sind ungefähr 3800 solcher Nebel registriert. „Es ist etwas sehr Besonderes, vor allem für einen Amateur, so etwas zu finden“, sagt sie stolz. Das Foto des Fundes wurde auf Astrobin auch zum „Foto des Tages“gewählt.
Die 24-Jährige arbeitet bald mit zwei Teleskopen und fünf Kameras. Rund 10.000 Euro für Teleskop und Kamera müsse man schon einplanen, sagt sie. Man könne mit viel billigerer Ausstattung die Sterne fotografieren, „aber mir war ein großer Spiegel wichtig, damit das Bild wirklich scharf ist“.
Mit bloßem Auge ist „Rebpau1“, Teil des Sternbilds Kepheus, nicht zu erkennen, weil er so klein ist. Man muss aber gar nicht in den Nachthimmel schauen: Ab 14. Dezember stellt Sophie Paulin ihre Astrofotos im Rathaus in Bobingen aus.