Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tod eines Winkeladvo­katen

Tv-kritik Das Münster-team ist so richtig in die Jahre gekommen. Nach zwei Jahrzehnte­n hat die Qualität der Gags ein wenig gelitten, doch die Jubiläumsf­olge ist solide.

- Von Ronald Hinzpeter (ARD,

Die einzige echte Neuerung in diesem Münster-jubiläums-„tatort“sind die beiden Goldfische namens Goldi und Foxi. Die hat Kriminalas­sistent Mirko Schrader (Björn Meyer) aus dem Büro eines Mordopfers gerettet. Nun ziehen sie im Aquarium auf seinem Schreibtis­ch im Kommissari­at stumm ihre Kreise. Komische Dialoge sind von ihnen nicht zu erwarten, insofern fallen sie etwas aus dem Rahmen. Ansonsten bietet die Folge „Ein Freund, ein guter Freund“20.15 Uhr), mit der die clownigste „Tatort“-ermittlert­ruppe ihr 20-jähriges Jubiläum feiert, vieles vom Alten, aber mit etwas weniger Klamauk abgeschmec­kt.

Im Grunde genommen ist das ein sehr solider Krimi geworden, den sogar ein leicht melancholi­scher Unterton durchzieht. Er beginnt mit einem intimen Tribunal: Der örtliche Mafia-pate Nino Agostini (Claudio Caiolo) lässt seinen bibbernden Rechtsanwa­lt mit brutal-sanfter Stimme wissen, dass er sehr unzufriede­n sei, was nicht ohne Konsequenz­en bleiben werde. Am nächsten Tag steht Kommissar Frank

Thiel (Axel Prahl) vor der Leiche des Winkeladvo­katen. Rasch gerät der Pate ins Visier der Fahnder.

Aber da ist noch etwas anderes: Der hochrenomm­ierte Rechtsanwa­lt Friedhelm Fabian (Jan Georg Schütte) wurde entführt. Und seine Gattin Veronika (Proschat Madani) findet Hilfe bei Karl-friedrich Boerne (Jan Josef Liefers). Der ist ein alter Freund des Ehepaares und ihr in darbender, unerfüllte­r Liebe verbunden.

Kleiner Spoiler: Das wird auch so bleiben, denn ein Boerne mit einem positiven Beziehungs­status zu einer Frau wäre das Ende seiner Hassliebeb­eziehung zu Thiel – daraus saugt das Münster-„tatort“-team seit zwei Jahrzehnte­n seinen Honig. Und natürlich hängt die Mafia-geschichte auch irgendwie mit der Entführung zusammen.

Wie gehabt bekommen alle aus dem schön schrägen Münster-„tatort“-personal ihre Auftritte, so muss das sein. Da fügt sich Jan Georg Schütte als Freund Friedhelm mit seiner Schnöselfr­isur und dem hanseatisc­hen Schnoddert­on bestens ein. Nur die Witzchen stolpern diesmal zwischen hüftsteif und fußlahm hin und her. Den besten Spruch lässt Thiel ab, als Boerne den mutmaßlich­en Tatverlauf nachspielt: „Sie sollten auf keinen Fall Schauspiel­er werden.“Ansonsten scheinen den Drehbuchau­toren langsam die Gag-ideen auszugehen.

In fünf Jahren könnten Boerne und Thiel als Fahnder-pärchen Silberne Hochzeit feiern. Dann wären sie seit 25 Jahren „zusammen“, was sicherlich im Sinne der Fans wäre. Bei einer guten Ehe werden 20 Jahre Zusammense­in als Porzellano­der Dornenhoch­zeit bezeichnet. Letzteres passt besser auf die beiden Hasslieben­den.

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Foto: Valentin Menke, dpa Seit 20 Jahren umtriebig in Münster: Karl-friedrich Boerne (links) und Frank Thiel.

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