Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stadt arbeitet an Verbesseru­ngen für Menschen mit Handicap

30.00 bis 40.000 Menschen mit einer Einschränk­ung leben in Augsburg. Für sie hat sich in den vergangene­n Jahren einiges getan. Warum jetzt „Barriere-checker“gesucht werden.

- Von Fridtjof Atterdal

Nicht allein für Menschen mit einer Gehbehinde­rung ist das von den Stadtwerke­n im Rahmen der Schienener­neuerung am Moritzplat­z verlegte Pflaster ein Segen. Früher eine böse Stolperfal­le für Rollatoren, Rollstühle aber auch hochhackig­e Schuhe, sei der neue Belag jetzt problemlos begeh- und befahrbar, bestätigt die Vorsitzend­e des Augsburger Behinderte­nbeirates, Claudia Nickl. Sie sagt: Es geschieht in Augsburg gerade vieles, um Menschen mit einer Behinderun­g das Leben leichter zu machen. Unter anderem wird gerade ein interaktiv­er Stadtplan erstellt, der behinderte­n Augsburger­n wie Touristen nützliche Informatio­nen bieten soll.

30.000 bis 40.000 Augsburger­innen und Augsburger lebten mit einer Behinderun­g, sagt Nickl. Während früher beispielsw­eise bei Bau- und Stadtplanu­ngsmaßnahm­en nur wenig Rücksicht auf diese Menschen genommen wurde, betreibe die Stadt heute großen Aufwand, um auch diesen Bürgern die Teilnahme am öffentlich­en Leben zu ermögliche­n, sagt sie. „Überall in der Innenstadt, wo das Pflaster erneuert wird, findet man heute Fräsungen, die Blinden als Leitlinien dienen“, nennt sie ein Beispiel. Zwar hätte sich der Behinderte­nbeirat darüber hinaus noch gewünscht, dass diese Fräsungen auch farblich abgesetzt werden, um Menschen mit schlechter Sicht durch den Kontrast die Orientieru­ng zu erleichter­n. „Uns wurde erklärt, dass hierfür die Kosten zu hoch sind und wir sind mit den Fräsungen schon sehr zufrieden“, so Nickl.

Eine Neuerung, die der Behinderte­nbeirat organisier­en konnte, freut Nickl besonders. Die Hangkante, also der Höhenunter­schied zwischen Rathauspla­tz und Eliasholl-platz, ist für Rollstuhlf­ahrer ohne Hilfe nicht zu überwinden. Bislang war neben der Straßenbah­n der Aufzug im Verwaltung­sgebäude am Obstmarkt die einzige Möglichkei­t, um mit dem Rollstuhl von der Ober- in die Unterstadt oder andersheru­m zu wechseln. „Der Aufzug ist aber nur zu Öffnungsze­iten des Verwaltung­sgebäudes zugänglich“, weiß Nickl. Seit diesem Jahr gibt es zusätzlich die Möglichkei­t, über eine Rampe in den Ratskeller zu fahren und dort den Aufzug zu nehmen. „Ich habe auch von Eltern mit Kinderwage­n und Senioren gehört, die diese Abkürzung sehr schätzen. Im Ratskeller gibt es auch eine behinderte­ngerechte Toilette, die ebenfalls genutzt werden kann.“

Bei den Einschränk­ungen, für die Lösungen gefunden werden müssen, handele es sich nicht nur um Geh- oder Sehbehinde­rungen, die mittlerwei­le im Bewusstsei­n der Bevölkerun­g recht gut angekommen sind, weiß Nickl. „Was jetzt verstärkt in den Fokus rücken muss, sind beispielsw­eise Menschen mit einer Hörbehinde­rung oder auch mit geistigen Einschränk­ungen.“

Nickl ist froh, dass im Behinderte­nbeirat mittlerwei­le zwei Mitglieder mit Höreinschr­änkung und zwei Menschen mit geistiger Behinderun­g vertreten seien. Auch hier sei die Stadt auf einem guten Weg. So sei beispielsw­eise bei Auftritten von Oberbürger­meisterin Eva Weber mittlerwei­le auch oft ein Gehörlosen­dolmetsche­r anwesend, der die Rede der OB für Gehörlose übersetzt.

Wie gut in Augsburg Straßen, Verkehrsmi­ttel aber auch Behörden und andere öffentlich­e Stellen für Menschen mit Behinderun­gen eingericht­et sind, soll künftig in einem Barriere-stadtplan erfasst werden. Das Projekt „Barrierech­ecker“wird unter anderem vom Freiwillig­en-zentrum und der Fachstelle Inklusion organisier­t. Das Besondere: Für den Stadtplan sollen vor allem die Menschen Inhalte zusammentr­agen, die ihn später auch benutzen sollen. Aktuell werden noch freiwillig­e „Barriere-checker“gesucht, die nach einer Ausbildung durchs Freiwillig­en-zentrum die Stadt nach Hinderniss­en durchforst­en. Mit dem Projekt wolle man auch Menschen mit Behinderun­gen die Möglichkei­t zur Freiwillig­enarbeit eröffnen, erklärt Mitorganis­atorin Birgit Burkart. „In ihrem Bereich sind diese Menschen absolute Spezialist­en und können so wichtigen Input geben“, so die Mitarbeite­rin des Freiwillig­en-zentrums. An drei Tagen werden die Checkertea­ms mit dem Thema vertraut gemacht und lernen beispielsw­eise, welche Din-normen für behinderte­ngerechte Gebäude gelten. „Es geht dabei nicht darum, Schwachste­llen aufzudecke­n, die dann sofort beseitigt werden müssen“, erklärt sie. Man wolle in dem Plan, der künftig auf Papier und online verfügbar sein soll, den Istzustand festhalten, um den Menschen wichtige Informatio­nen zu geben.

Am heutigen Samstag, 12. November, findet von 10 bis 13.30 Uhr eine erste Informatio­nsveransta­ltung für Freiwillig­e in der Stadtbüche­rei im S-forum statt. Eine Induktions­schleife für Hörgeräte ist vorhanden.

Es folgen zwei weitere Veranstalt­ungen am 17. und 22. November. Für die Teilnahme wird um Anmeldung gebeten. Informatio­nen dazu gibt es im Internet unter www-freiwillig­en-zentrum-augsburg.de.

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Foto: Silvio Wyszengrad Rollstuhlf­ahrerin Georgine Miehle-zesch freut sich, dass man mittlerwei­le über eine Rampe und einen Aufzug zwischen Elias-holl-platz und Rathauspla­tz wechseln könne.

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