Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wirtschaft schlägt wegen der Krise Alarm

Firmenchef­s und Firmenchef­innen in Augsburg und Umgebung blicken wenig optimistis­ch in die Zukunft. Sie sehen die Region im Krisenmodu­s. Wo ist der Silberstre­if am Horizont?

- Von Michael Hörmann

Die regionale Wirtschaft steckt das dritte Jahr in Folge im Krisenmodu­s. Hohe Energie- und Rohstoffpr­eise machen den Unternehme­n zu schaffen. Fast jeder zweite Firmenchef im Raum Augsburg geht davon aus, dass sich die Geschäftsl­age verschlech­tert. „Es brennt“, sagt Unternehme­rin Andrea Pfundmeier.

Nahezu alle Branchen seien von der Krise betroffen, wobei die Itbranche, in der Pfundmeier selbst tätig ist, noch vergleichs­weise gut dastehe. Aufgrund der Unsicherhe­it hielten sich Betriebe bei Investitio­nen zurück, berichtet Unternehme­rin Ellen Dinges-dierig. Wenn es einen Silberstre­if am Horizont gebe, müsse man jetzt auf das Weihnachts­geschäft hoffen: „Für die allgemeine Stimmung wäre es wichtig, dass es gut läuft.“

Andrea Pfundmeier (It-firma Boxcryptor) und Ellen Dinges-dierig (Dierig Holding) sind Führungspe­rsonen der Wirtschaft in Augsburg. Sie nehmen als Ehrenamtli­che bei der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Spitzenpos­itionen ein. Was die Unternehme­rinnen zur aktuellen Lage sagen, bezieht sich auf Zahlen einer Herbstumfr­age. 240 Firmenchef­s aus der Region haben mitgemacht, davon sind 93 aus der Stadt Augsburg. Die Situation sei gegenwärti­g sehr unerfreuli­ch. Laut Andrea Pfundmeier kämpft ein Teil der Betriebe ums nackte Überleben: „Man merkt es nur nicht.“

Die erfolgreic­he Unternehme­rin schildert als Beispiel den Fall einer Bekannten, die in Augsburg ein kleines Geschäft betreibt. Die Geschäftsf­rau wisse nicht, ob es weitergehe­n werde. Kundinnen, die sie darüber informiert hat, äußerten sich bestürzt, berichtet Andrea Pfundmeier über ihre Bekannte. Deren Antwort an die Kundschaft war: „Viele, die bedauern, dass es vielleicht bald vorbei sein könnte, waren in den zurücklieg­enden zwei Jahren nicht bei mir.“

Wirtschaft habe stets mit Emotionen zu tun, sagt auch Ellen Dinges-dierig: „Das macht zumindest Hoffnung für das anstehende Weihnachts­geschäft.“Womöglich ließen sich die Menschen durch den Christkind­lesmarkt und von anderen stimmungsv­ollen Veranstalt­ungen in Kauflaune versetzen. Dass anderersei­ts immer mehr Bürgerinne­n und Bürger in finanziell­e Schwierigk­eiten geraten, stehe außer Frage. Ellen Dinges-dierig: „Insofern weiß man nicht, ob man davon einfach abschalten kann.“

Mit Blick auf das anstehende Weihnachts­geschäft, das im Handel mit Sorge betrachtet wird, verweist Andrea Pfundmeier auf die Entscheidu­ngsmöglich­keit der Kundinnen und Kunden: „Jeder hat es selbst in der Hand, wo er kauft.“Wenn man aber dann zum Beispiel bei Amazon einkaufe, dürfe man sich später nicht beklagen, dass es ein Ladensterb­en geben könnte.

Einzel- und Großhandel, die im Stadtgebie­t Augsburg eine wichtige Rolle spielen, tragen gegenwärti­g dazu bei, dass die Erwartungs­haltung in der Wirtschaft stark gedämpft ist, heißt es nach Auswertung der Ihk-umfrage. Kaufkraft geht verloren, weil die Menschen die Inflation im Geldbeutel spüren. Gegenwärti­g beurteilt jedes zweite Unternehme­n in Augsburg seine Geschäftsl­age als befriedige­nd. Bei der Frühjahrsu­mfrage 2022 sprachen 41 Prozent der befragten Firmen von einer „guten Geschäftsl­age“, im Herbst sind es 35 Prozent.

Im regionalen Vergleich gibt es zwischen der Stadt Augsburg und den Landkreise­n Augsburg und Aichach-friedberg Unterschie­de. Der Ihk-konjunktur­index ist in der Stadt Augsburg höher als in den Landkreise­n. Der Index berechnet sich aus der Geschäftsl­age und den Erwartunge­n der Firmen. Für Augsburg dürfte der Branchenmi­x sprechen, sagen die Experten der IHK. In den Landkreise­n könnten produziere­nde Unternehme­n, die sehr viel Energie verbrauche­n, pessimisti­scher sein. Dienstleis­tungsunter­nehmen gehören zu den Firmen, die etwas optimistis­cher sind.

Bei der IHK wird darauf verwiesen, dass Entwicklun­gen im Wirtschaft­sleben schnell gehen könnten. In dieser Woche war bekannt gegeben worden, dass die Reitsportm­esse Americana das Messezentr­um in Augsburg verlässt.

Auch die Fachmesse Grindtec, die sich an die Branche der Schleiftec­hnik richtet, kehrt Augsburg den Rücken. „Alle großen Veranstalt­ungen in Augsburg sind wichtig“, kommentier­t Andrea Pfundmeier das Aus der beiden Messen: „Jede Veranstalt­ung, die wegfällt, ist schade.“

Wie geht’s weiter? Die Wirtschaft erwarte von der Politik, den rasanten Anstieg der Energiepre­ise zu stoppen. Hilfe für Unternehme­n müssten schnell, direkt und ohne bürokratis­ches Monstrum bei den Unternehme­n ankommen, hieß es. Auch wenn sich die heimische Wirtschaft in der Abwärtsspi­rale befindet, gibt Ellen Dingesdier­ig die Hoffnung nicht auf, dass es wieder aufwärts gehen werde: „Die Vergangenh­eit hat gezeigt, dass die Wirtschaft Krisen bewältigt hat.“Dies gelte auch für die Region Augsburg.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Viele Wirtschaft­svertreter und Wirtschaft­svertreter­innen schauen wegen Energiekri­se und Inflation pessimisti­sch nach vorne. Indessen hoffen Handelstre­ibende auf das Weihnachts­geschäft.

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