Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Echt großes Kino
BMW i7: Das neue Flaggschiff der Bayern kommt rein elektrisch – hinten sorgt ein 31-Zoll-bildschirm für Hollywood-gefühle.
Man kann mit dem Auto ins Autokino fahren. Oder man holt sich das Autokino ganz einfach ins Auto. Widerspruch? Nein – der neue 7er BMW beweist: Es geht tatsächlich. Aber zunächst einmal ein wenig Statistik. Zwei Millionen Exemplare haben die Bayerischen Motorenwerke von der Luxus-limousine seit 1977 produziert – und dabei so manchen (technischen) Coup gelandet. Xenon, Navi, idrive – das alles feierte Premiere im weiß-blauen Super-dienstauto. Legendär die Premium-schlacht der Schlachtschiffe um den Zwölfzylinder, die BMW eindeutig gewinnt.
Schon 1987 bollert ein solches Triebwerk im 7er – erst 1991 zieht Mercedes nach. 30 Jahre später sind die mit dem Stern schneller. Schon 2021 bringt Daimler die elektrische S-klasse, den EQS, auf den Markt. Ein Jahr vor den Bayern. Noch eine kleine Zahlenspielerei: Jeder fünfte 7er geht in die USA, die überwiegende Mehrheit (45 Prozent) kreuzt durch China und nur neun Prozent sind auf Europas Straßen unterwegs. Dafür aber rund drei Viertel rein elektrisch mit dem i7, lauten die Prognosen. Und das ist gut so. Da mögen die Verbrenner-freunde noch so laut aufheulen, dass der 760i mit seinem prächtigen Achtzylinder und seinen ebenfalls 544 PS nicht in Europa angeboten wird. Aber ehrlich gesagt, der i7 ist besser.
Achtzylinder hin, Turbolader her – wir halten mit je einem E-motor auf der Vorderachse (190 kw/258 PS/365 Nm Drehmoment) und einem auf der Hinterachse (230 kw/313 PS / 380 Nm) dagegen. Okay – der i7 ist auch knapp 400 Kilogramm schwerer als der 760i und braucht deshalb auf dem Papier eine halbe Sekunde länger von 0 auf Tempo 100. Aber gefühlt ist das nichts. Im Gegenteil: Der i7 wirkt jederzeit agiler und kraftvoller als sein Verbrenner-pendant. Die Gewichtsverteilung des E-mobils, der tiefe Schwerpunkt der Batterien und die Kraftverteilung zwischen vorne und hinten, linken und rechten Rädern – das alles ist so fein ausgeklügelt, dass man nie das Gefühl hat, in einer fast 5,40
Meter langen Luxuslimousine zu sitzen, sondern eher in einem Sportwagen.
Luftgefedert mit adaptiven Dämpfern, serienmäßig. Die Fahrdynamik ist das eine – Effektivität das andere. Auch hier setzt der 2,6-Tonner Maßstäbe. Nach knapp 200 Kilometern Fahrt haben wir im Schnitt nur 23,2 kwh/100 km verbraucht. Einer der Gründe: Der BMW i7 rekuperiert wirklich gut. 19,3 kwh haben wir uns zurückgeholt – und damit fast 100 Kilometer.
Hollywood-produzenten holen große Filme ins Kino. BMW holt großes Kino ins Auto. „Theater Screen“nennen die Münchner ihren 31-Zöller, der normalerweise flach unter dem Fahrzeughimmel hängt, sich bei Bedarf aber ausklappt und dank 5-G-technik, Amazon Fire und Surround-klang zur Kino-leinwand wird. Um das Vergnügen komplett zu machen, fährt der Chefsessel im Fond wie im Flieger in Sofa-stellung, die Fußrasten klappen aus. Jetzt fehlt nur noch das Glas Champagner und schon kann man sich den neuesten Hollywood-schinken im Format 32:9 mit 8 K Auflösung anschauen. Aber leider ist kein Kühlschrank an Bord – sonst fühlt man sich wie im Autokino, nur dass das Kino jetzt im Auto ist.
Aus Hollywood stammt auch der (künstliche) Motor-sound. Komponiert von einem echten Oskarpreisträger. Über 150 Filme (von Top Gun Maverick über Blade Runner bis hin zu Pirates of the Caribbean) hat Hans Zimmer schon vertont – und jetzt auch den neuen 7er.
Noch etwas kann der i7 besser als die Konkurrenz. Auf Wunsch ist der Dienstwagen der Vorstandsetagen mit einem virtuellen Chauffeur unterwegs. Automatisches Fahren Level 3 – das beherrscht der BMW nicht nur, sondern darf es zumindest in den USA schon bis 85 Meilen (rund 130 km/h) praktizieren. Der Luxus-liner hält Geschwindigkeit, Abstand und Spur – ohne, dass der Fahrer eingreifen muss. Er kann sogar die Hände vom Lenkrad nehmen, das Auto fährt wie von Geisterhand allein. Grundvoraussetzung ist, dass der Blick nach vorne geht auf die Straße. Das kontrolliert die Augenkamera akribisch. Schaut man zu lange weg, muss man die Kontrolle über das Fahrzeug selbst übernehmen. Die Hände, respektive den Zeigefinger braucht man sonst nur, um zu überholen. Blinker kurz antippen, der BMW schert selbstständig aus, zieht am Vordermann vorbei und kehrt in die Spur zurück.
Mann ist der lang. 5,36 Meter Gardemaß weist der neue 7er auf und ist damit um fünf Millimeter länger als die bisherige Langversion. „One size fits all“heißt es künftig, denn es gibt nur noch diese Karosserie, die mit einem Radstand von 3,22 Meter allen Platz-anforderungen genügen dürfte. Übrigens auch für alle Motorisierungen.
Im Gegensatz zu anderen Herstellern sieht man diesem BMW nur am Heck an, dass er elektrisch ist. Die Auspuffrohre fehlen – logisch, ansonsten gleicht der i7 Xdrive60 dem 760i oder dem 740d oder dem Hybriden 750e wie ein Ei dem anderen. Keine Extrawurst mehr beim Design – damit ist der elektrische Antrieb in der neuen Wirklichkeit angekommen.
Apropos Design: Das elegante Äußere spiegelt sich im Interieur wider. Shytec nennt man das, was man sieht, beziehungsweise nicht sieht. Shy wie scheu, und tec wie Technologie. Bedeutet nichts anderes als, dass die meisten Schalter und Knöpfe dezent hinter dem beleuchteten kristallin wirkenden Bedienfeld verschwinden.
Noch zwei Features, die den neuen 7er auch in Sachen Komfort zum Besten seiner Zunft machen: Über 5.5 Zoll große Touchpads in den Armlehnen steuern Fondpassagiere die Entertainment-funktionen, Telefonie, Sitzposition und Innenlicht. Die Türen lassen sich übrigens auf Knopfdruck gleichzeitig öffnen mit dem Handy. Ein Riesen-effekt. Ganz großes Kino, wie so viel im neuen i7 von BMW.