Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Grippewelle hat früh begonnen
Durch das Maskentragen und die reduzierten Kontakte kam die Verbreitung von Influenzaviren in der Pandemie über weite Strecken zum Erliegen. Das scheint sich jetzt gerade wieder zu ändern.
Zwei Saisons blieb die Grippewelle in Deutschland weitgehend aus – aber seit einigen Wochen und damit vergleichsweise früh werden nun recht hohe Fallzahlen gemeldet. Nach Definition des Robertkoch-instituts (RKI) hat die Grippewelle in der Woche bis 30. Oktober begonnen. Aktuell seien in einer Woche bislang mehr als 2100 Grippe-fälle übermittelt worden – und seit Saisonbeginn im Oktober insgesamt rund 8330.
Die jährliche Grippewelle begann in den Jahren vor Corona laut RKI meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate. In den vergangenen beiden Saisons veränderten die Pandemie und die dagegen getroffenen Maßnahmen den gewohnten Verlauf jedoch stark: 2020/21 fiel die Grippewelle weltweit aus. Und auch 2021/22 kam es in Deutschland nicht zu einer Welle im gewohnten Maßstab, die Meldezahlen gingen erst nach den Osterferien und damit sehr spät etwas in die Höhe.
Auch wenn es zuletzt Warnungen vor einer nun drohenden schweren Welle gab: Das RKI und andere Fachleute betonen, dass sich der Verlauf nicht vorhersagen lasse. Allerdings ist laut RKI „denkbar“, dass die Bevölkerung in erhöhtem Maß und/oder ein erhöhter Anteil der Bevölkerung anfällig ist für die Erreger, wie es auf der Institutswebseite heißt. Weitere Fachleute hatten von zu erwartenden Nachholeffekten gesprochen. Das heißt: Wer länger keine echte Grippe hatte, könnte nun wieder fällig sein.
Erwachsene machten die Erkrankung in der Regel ohnehin nur alle paar Jahre durch, hatte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, kürzlich gesagt. Anzunehmen sei, dass nach den grippearmen vergangenen zwei Wintern mehr kleinere Kinder als üblich ohne Immunschutz sind – sie verpassten ihre ersten Grippeinfektionen. Bei dieser Gruppe verlaufe die Krankheit in der Regel aber nicht schwer. Die Meldezahlen sind nur ein Ausschnitt der tatsächlichen Lage: Die Zahl der Infektionen während einer Grippewelle wird auf 5 bis 20 Prozent der Bevölkerung geschätzt, was in Deutschland etwa 4 bis 16 Millionen Menschen entspreche. Nicht jeder Infizierte erkranke. „Die Zahl der Todesfälle kann bei den Grippewellen stark schwanken, von mehreren hundert bis über 25.000 in der Saison 2017/18“, hält das RKI fest. Eine Grippeschutzimpfung wird Menschen ab 60, Schwangeren, chronisch Kranken, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen und Menschen mit erhöhtem beruflichen Risiko empfohlen. (dpa)