Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Nicht nur ein Fehlschuss
Mergim Berisha hätte bei der 0:1-Niederlage gegen den VFL Bochum der Held werden können. Doch er vergab einen Elfmeter, tauchte dann immer mehr ab und fehlt nun auch in Dortmund.
Mergim Berisha hat genug. Er wollte nur schnell weg. Soeben hatte Schiedsrichter Dr. Felix Brych abgepfiffen und damit die 0:1 (0:0)-Niederlage des FCA gegen den VFL Bochum besiegelt, da machte sich der 24-jährige Stürmer des FCA schon auf den Weg in den Bauch der Wwk-arena.
Es war ein mehr als gebrauchter Abend für Berisha, der als gutes Beispiel nicht nur für den katastrophalen Auftritt seiner Mannschaft im letzten Spiel vor der langen Winterpause diente, sondern überhaupt für das Auf und Ab während der gesamten Vorrunde. Wie auf einem Schiff in schwerer See müssen sich die FCA-FANS nach den ersten 15 Spielen fühlen, mit Schwindel und wohl auch mit einer gewissen Übelkeit. Dabei schien das Heimspiel gegen die bis dahin notorisch auswärtsschwachen, noch punktelosen Gäste aus dem Ruhrpott wie gemacht für einen versöhnlichen Abschluss mit den eigenen Fans. Und es begann auch gut.
Auch wegen Berisha. In den ersten Minuten war der Leihspieler von Fenerbahce Istanbul immer wieder Ziel für die weiten Bälle aus der eigenen Abwehr. Und Berisha fand auch immer wieder seinen kongenialen Partner Eredin Demirovic. Seit Berisha nach seinem Last-minute-transfer vom Bosporus an den Lech am fünften Spieltag
sein erstes Spiel für den FCA absolvierte, blühte Demirovic auf. Acht der 18 Tore haben sie erzielt.
Doch je länger die Partie gegen die Bochumer dauerte, desto mehr tauchte Berisha im zermürbenden Abnützungskampf ab. Immer wieder hob er resignierend die Hände, wenn ihn seine Mitspieler mal wieder aus seiner Sicht gut positioniert übersehen hatten.
Immer öfter beklagte er sich, wenn wieder einmal ein Foul an ihm nicht gepfiffen wurde und immer schleppender wurde dann auch seine Rückwärtsbewegung bei
Ballverlusten. Doch nur zwei Minuten nach dem 0:1-Rückstand (58.) durch Christopher Antwi-adjei hätte sich Berisha zum Helden des Spiels aufschwingen können. Er hatte mit einem schwierigen Volleyschuss (Flanke von Demirovic), der sein tolles Ballgefühl zeigte, einen Handelfmeter erzwungen. Der gebürtige Berchtesgadener mit Wurzeln im Kosovo trat selbst in Lewandowski-manier an – und verschoss. Der Ball touchierte die Querlatte und landete im Fangnetz.
Danach verabschiedete sich Berisha, wie einige andere, langsam immer mehr aus dem Spiel. Einen Freistoß setzte der sonst so kunstvolle Schütze wie ein Football-kicker weit über das Vfl-tor. Die Zuschauer pfiffen. Es fehlte der letzte Biss, das letzte Prozent Einsatz. Zugute muss man ihm halten, dass er mit einer Hüftverletzung, die beim 2:2 gegen Union wieder aufgebrochen war, angetreten war.
Die hatte aber nichts damit zu tun, dass er sich in der Nachspielzeit unnötigerweise seine fünfte Gelbe Karte abholte und damit beim Start nach der Winterpause gegen Dortmund (22. Januar) fehlen wird. Es ist schon seine zweite Sperre nach der Gelb-roten-karte gegen Wolfsburg. Berisha präsentierte sich beim FCA bisher als hoch veranlagter Offensivspieler, aber nicht unbedingt als Führungspersönlichkeit. Dabei hatte er schon gezeigt, zu was er fähig ist. Er erzielte das 1:0-Siegtor gegen Bayern, zeigte ein überragendes Spiel beim 3:3 gegen RB Leipzig, da verwandelte er auch einen Elfmeter sicher, ehe er beim Stand von 3:1 ausgewechselt wurde. Aber der FCA braucht Berisha nicht nur als Strahlemann für die glanzvollen Momente, sondern auch als Stütze im zähen, oft unansehnlichen Ringen um jeden Punkt im Tabellenkeller. Anstatt mit einem Heimsieg gegen Bochum, einem guten Gefühl und 18 Punkten in die zweimonatige Spielpause zu gehen, muss sich der FCA mit 15 Punkten nach 15 Spielen wieder auf einen langen Abstiegskampf vorbereiten.