Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nicht nur ein Fehlschuss

Mergim Berisha hätte bei der 0:1-Niederlage gegen den VFL Bochum der Held werden können. Doch er vergab einen Elfmeter, tauchte dann immer mehr ab und fehlt nun auch in Dortmund.

- Von Robert Götz

Mergim Berisha hat genug. Er wollte nur schnell weg. Soeben hatte Schiedsric­hter Dr. Felix Brych abgepfiffe­n und damit die 0:1 (0:0)-Niederlage des FCA gegen den VFL Bochum besiegelt, da machte sich der 24-jährige Stürmer des FCA schon auf den Weg in den Bauch der Wwk-arena.

Es war ein mehr als gebrauchte­r Abend für Berisha, der als gutes Beispiel nicht nur für den katastroph­alen Auftritt seiner Mannschaft im letzten Spiel vor der langen Winterpaus­e diente, sondern überhaupt für das Auf und Ab während der gesamten Vorrunde. Wie auf einem Schiff in schwerer See müssen sich die FCA-FANS nach den ersten 15 Spielen fühlen, mit Schwindel und wohl auch mit einer gewissen Übelkeit. Dabei schien das Heimspiel gegen die bis dahin notorisch auswärtssc­hwachen, noch punktelose­n Gäste aus dem Ruhrpott wie gemacht für einen versöhnlic­hen Abschluss mit den eigenen Fans. Und es begann auch gut.

Auch wegen Berisha. In den ersten Minuten war der Leihspiele­r von Fenerbahce Istanbul immer wieder Ziel für die weiten Bälle aus der eigenen Abwehr. Und Berisha fand auch immer wieder seinen kongeniale­n Partner Eredin Demirovic. Seit Berisha nach seinem Last-minute-transfer vom Bosporus an den Lech am fünften Spieltag

sein erstes Spiel für den FCA absolviert­e, blühte Demirovic auf. Acht der 18 Tore haben sie erzielt.

Doch je länger die Partie gegen die Bochumer dauerte, desto mehr tauchte Berisha im zermürbend­en Abnützungs­kampf ab. Immer wieder hob er resigniere­nd die Hände, wenn ihn seine Mitspieler mal wieder aus seiner Sicht gut positionie­rt übersehen hatten.

Immer öfter beklagte er sich, wenn wieder einmal ein Foul an ihm nicht gepfiffen wurde und immer schleppend­er wurde dann auch seine Rückwärtsb­ewegung bei

Ballverlus­ten. Doch nur zwei Minuten nach dem 0:1-Rückstand (58.) durch Christophe­r Antwi-adjei hätte sich Berisha zum Helden des Spiels aufschwing­en können. Er hatte mit einem schwierige­n Volleyschu­ss (Flanke von Demirovic), der sein tolles Ballgefühl zeigte, einen Handelfmet­er erzwungen. Der gebürtige Berchtesga­dener mit Wurzeln im Kosovo trat selbst in Lewandowsk­i-manier an – und verschoss. Der Ball touchierte die Querlatte und landete im Fangnetz.

Danach verabschie­dete sich Berisha, wie einige andere, langsam immer mehr aus dem Spiel. Einen Freistoß setzte der sonst so kunstvolle Schütze wie ein Football-kicker weit über das Vfl-tor. Die Zuschauer pfiffen. Es fehlte der letzte Biss, das letzte Prozent Einsatz. Zugute muss man ihm halten, dass er mit einer Hüftverlet­zung, die beim 2:2 gegen Union wieder aufgebroch­en war, angetreten war.

Die hatte aber nichts damit zu tun, dass er sich in der Nachspielz­eit unnötigerw­eise seine fünfte Gelbe Karte abholte und damit beim Start nach der Winterpaus­e gegen Dortmund (22. Januar) fehlen wird. Es ist schon seine zweite Sperre nach der Gelb-roten-karte gegen Wolfsburg. Berisha präsentier­te sich beim FCA bisher als hoch veranlagte­r Offensivsp­ieler, aber nicht unbedingt als Führungspe­rsönlichke­it. Dabei hatte er schon gezeigt, zu was er fähig ist. Er erzielte das 1:0-Siegtor gegen Bayern, zeigte ein überragend­es Spiel beim 3:3 gegen RB Leipzig, da verwandelt­e er auch einen Elfmeter sicher, ehe er beim Stand von 3:1 ausgewechs­elt wurde. Aber der FCA braucht Berisha nicht nur als Strahleman­n für die glanzvolle­n Momente, sondern auch als Stütze im zähen, oft unansehnli­chen Ringen um jeden Punkt im Tabellenke­ller. Anstatt mit einem Heimsieg gegen Bochum, einem guten Gefühl und 18 Punkten in die zweimonati­ge Spielpause zu gehen, muss sich der FCA mit 15 Punkten nach 15 Spielen wieder auf einen langen Abstiegska­mpf vorbereite­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany