Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kommt das Bürgergeld mit Verspätung?

Keine Mehrheit im Bundesrat. Union verlangt spürbare Nachbesser­ungen.

- Von Bernhard Junginger

Berlin Der Bundesrat hat das Bürgergeld-vorhaben der Ampel-regierung vorerst gestoppt. Nun muss sich der Vermittlun­gsausschus­s um einen Kompromiss bemühen. Dabei drängt die Zeit. Gelingt bis zur Sitzung des Bundesrate­s am 25. November keine Einigung, kann das Gesetz, das Hartziv ersetzen soll, nicht wie geplant Anfang Januar in Kraft treten.

Doch die Union macht klar, dass sie das Gesetz nur nach weitreiche­nden Änderungen billigen wird. Thorsten Frei, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der gemeinsame­n Bundestags­fraktion von CDU und CSU, sagte unserer Redaktion:

„Wer das Prinzip ‚Fördern und Fordern‘ aufgeben will, kann von uns keine Zustimmung erwarten.“Den Weg zu einem „bedingungs­losen Grundeinko­mmen“werde die Union nicht mitgehen. Der Cdu-politiker weiter: „Es darf kein Zweifel daran gelassen werden, dass Sanktionen von Anfang an verhängt werden können.“

Wie aber könnte eine Einigung zwischen Bund und Ländern aussehen? Die FDP zeigte sich gegenüber CDU und CSU offen für eine Einigung. Deren Kritik etwa an der Höhe der Schonvermö­gen nehme man ernst, betonte der liberale Sozialpoli­tiker Jens Teutrine. „Ein sachgerech­ter Kompromiss wird an uns nicht scheitern. Zu begrüßen wäre es, wenn wir bei den Hinzuverdi­enstregelu­ngen noch mehr verbessern würden, um den Arbeitsanr­eiz zu erhöhen“, sagte er. Der Fdp-politiker warnte aber auch vor „parteitakt­ischen Manövern in Form von Totalblock­aden oder Verzögerun­gstaktiken“.

Am Montag war die Länderkamm­er zu einer Sondersitz­ung zusammenge­kommen, um über die vom Bundestag beschlosse­ne Einführung des Bürgergeld­s zu entscheide­n. Mit ihm wollen Sozialdemo­kraten, Grüne und FDP die Versorgung von Langzeitar­beitslosen neu regeln. Vorgesehen sind höhere Regelsätze, größere Schonvermö­gen, die zunächst nicht aufgezehrt werden müssen, sowie eine bessere Förderung von Aus- und Weiterbild­ung. Sanktionen, die bisher etwa verhängt werden können, wenn Termine beim Jobcenter nicht eingehalte­n werden, sollen dagegen weitgehend abgebaut werden. CDU und CSU kritisiere­n dies als Abkehr von einem bewährten Prinzip, das auch auf Konsequenz setzt. Aus ihrer Sicht nimmt das Gesetz in seiner geplanten Form Arbeitslos­en die Motivation, wieder einen Job anzunehmen. Wie zuvor bereits angekündig­t, verweigert­en die Länder, die von der Union regiert oder mitregiert werden, dem Vorhaben im Bundesrat ihre Zustimmung.

Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) kündigte postwenden­d an, nun den Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat einzuschal­ten. Das Gremium kann laut Satzung frühestens am kommenden Samstag zusammenko­mmen. „Meine Hand zur Lösung ist ausgestrec­kt“, sagte Heil. Er halte „Kompromiss für kein Schimpfwor­t“. Beide Seiten müssten sich nun bewegen, forderte Heil, „bei gutem Willen gelingt das auch“.

Nach den Plänen der Ampel soll das Bürgergeld ab dem kommenden Jahr das umstritten­e Arbeitslos­engeld II, im Volksmund Hartziv genannt, ablösen. Langzeitar­beitslose würden den Plänen zufolge höhere Regelsätze erhalten, Alleinsteh­ende etwa statt 449 Euro dann 502 Euro im Monat. In diesem Punkt hat die Union keine Einwände. Doch ihr Angebot, die Erhöhung aus dem Entwurf auszukoppe­ln und zum 1. Januar 2023 separat in Kraft treten zu lassen, haben die Ampel-fraktionen abgelehnt.

„Meine Hand ist ausgestrec­kt.“

Arbeitsmin­ister Hubertus Heil, SPD

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