Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gänsehaut unter dem Panzer
Das erste Saisonspiel der NFL in Deutschland ist geglückt. Was von der Premiere bleibt und wie die Football-stars das Gastspiel in München empfunden haben.
München Fast 70.000 Menschen haben in München eine rauschende Football-party gefeiert. Im Fußballtempel des FC Bayern München regierte für einen Tag das ovale Spielgerät. Die Stars der Tampa Bay Buccaneers und der Seattle Seahawks sind mittlerweile wieder in Richtung Heimat abgeflogen. Doch was bleibt von der Partie und dem gigantischen Rahmenprogramm?
Ganz konkret betrachtet bleibt vor allem einmal eine Menge Arbeit zu erledigen. Die Football-profis haben den Rasen der Arena beim 21:16-Erfolg der Buccaneers so ordentlich umgegraben, dass für das Geläuf nur noch die Entsorgung bleibt. In der kommenden Woche sollen die Bagger anrücken und den alten Rasen abtragen. Man werde mit dem Zustand, der durch die Spielbelastung entstanden ist, nicht durch den Winter gehen, sagte Arena-geschäftsführer Jürgen Muth: „Außerdem darf man keine Linien sehen, wenn die Frauen Anfang Dezember hier in der Champions League spielen.“Die Kosten von 160.000 bis 200.000 Euro trägt die NFL. Auf deren Rechnung waren vor der Partie auch das Spielfeld und die Kabinen des Stadions passend hergerichtet worden.
Bei den Fans und den Spielern hinterlässt die Partie viele positive Erinnerungen. Mehrere Tage lang wurde in der Münchner Innenstadt die Deutschland-premiere der NFL gefeiert. Am Spieltag versammelten sich schon Stunden vor dem Anpfiff Zehntausende Fans auf der Esplanade vor dem Stadion zum Fanfest. Und während der Partie sorgten die Anhänger mit ihren Gesängen für stimmungsvolle Höhepunkte. Als der Stadion-dj in der Spielpause zwei Minuten vor dem Ende „Country Roads“auflegt, zückten Tausende Besucher ihre Handys, aktivierten die Taschenlampen und sangen aus voller Kehle mit – sogar als das Spiel schon wieder lief. Am Ende stimmten die Fans auch noch „So ein Tag, so wunderschön wie heute“an.
Diese Reaktion der Fans zauberte auch den erfahrensten Us-profis eine Gänsehaut unter die Footballrüstung. „Als alle gesungen haben, das war wirklich episch“, sagte Tampas Superstar Tom Brady: „Für jeden, der dabei sein durfte, ist das eine Erinnerung fürs Leben.“Das habe er in seinen 22 Karrierejahren noch nicht erlebt.dem schloss sich auch Seattles Cheftrainer Pete Carroll an, der sogar noch länger im Geschäft ist als Brady: „Wir waren sicher schon in Stadien, wo es lauter war. Aber ich habe es noch nie erlebt, dass so viele Menschen so gut zusammen singen. Sie tun das hier vermutlich öfter, dass sie so gut darin sind.“
Die größte Freude an der Sangeseinlage
bei „Country Roads“hatte ganz offensichtlich Seattles Abwehrrecke Bruce Irvin: Der 1,91 Meter große und 112 Kilo schwere Hüne tanzte während des Liedes über den ramponierten Rasen und sang aus voller Kehle mit. Die Erklärung: Irvin besuchte die University of West Virginia und dort gehört das Lied fest zu allen Football-spielen.
Ob die gelungene Premiere auch schnell zu zusätzlichen Partien in Deutschland führt, ist schwer zu sagen. NFL-CHEF Roger Goodell hatte vor dem Spiel in München zwar entsprechende Ideen angedeutet. Dass es tatsächlich bereits im kommenden Jahr mehr als ein Spiel in Deutschland gibt, wie Medien berichteten, ließ sich nicht bestätigen. Sicher ist allerdings , dass in der Saison 2023/24 eine Begegnung in Frankfurt/main ausgetragen wird. Dort trainieren sie vermutlich bereits die Gesangsmuskeln. (mit dpa)