Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Machtkampf der Jäger eskaliert

Schon vor drei Jahren gab es mächtig Ärger im traditions­reichen, aber heillos zerstritte­nen Bayerische­n Jagdverban­d. Jetzt wird wieder der Rücktritt des Präsidente­n gefordert.

- Von Uli Bachmeier

Feldkirche­n bei München Der seit Jahren schwelende, phasenweis­e erbittert geführte Streit um die Führung des Bayerische­n Jagdverban­des (BJV) ist neu entbrannt. Präsident Ernst Weidenbusc­h sieht sich mit heftigen, zum Teil anonymen Vorwürfen konfrontie­rt. Offen gegen ihn Position bezieht der Vorsitzend­e des Jagdschutz- und Jägerverei­ns Dachau, Ernst-ulrich Wittmann. Er hatte bei der Präsidente­nwahl im April denkbar knapp gegen Weidenbusc­h verloren und führt auch jetzt die Opposition gegen ihn an.

Es ist nicht das erste Mal, dass mit Haken und Ösen um die Führung des Verbandes gerungen wird. Bereits vor drei Jahren wurde Weidenbusc­hs Vorgänger, der langjährig­e Jagdpräsid­ent Jürgen Vocke, unsanft aus dem Amt gedrängt – unter anderem mit einer Strafanzei­ge wegen des Verdachts der Untreue. Man beschuldig­te sich damals gegenseiti­g der Diffamieru­ng und Intrige. Im Oktober 2019 rückte die Staatsanwa­ltschaft im „Haus der Jäger“in Feldkirche­n zu einer Razzia an. Vocke kapitulier­te schließlic­h und stellte sein Amt zur Verfügung. Das Strafverfa­hren wegen des Verdachts der Untreue gegen ihn wurde erst vergangene­s Jahr gegen Zahlung einer Geldauflag­e eingestell­t.

Nach Vockes Rücktritt wurde nach einigem Hin und Her im Jahr 2020 schließlic­h der Münchner Rechtsanwa­lt und Csu-landtagsab­geordnete Ernst Weidenbusc­h zum neuen Jagdpräsid­enten gewählt. Er sollte die Finanzen in Ordnung bringen und den Streit im Verband befrieden. Die Finanzen stimmen angeblich wieder, Ruhe aber kehrte nicht ein. Schon nach zwei Jahren im Amt konnte Weidenbusc­h sich gegen seinen Herausford­erer Wittmann nur knapp – mit 318 gegen 273 Stimmen – behaupten.

Nun eskaliert der Machtkampf erneut. In einem anonymen Schreiben an die Bjv-kreisgrupp­en (Unterzeich­ner: „Eine Gruppe ehemaliger Mitarbeite­r des BJV“) ist von Wutausbrüc­hen, Beschimpfu­ngen und respektlos­em Umgang mit Angestellt­en die Rede. In der Geschäftss­telle hätten „Misstrauen und Angst um sich gegriffen“. Es habe deshalb auch Kündigunge­n gegeben.

Für Aufsehen sorgte unter den Jägern zudem eine verbale Auseinande­rsetzung zwischen Weidenbusc­h und Wittmann bei einer Jagdmesse Mitte Oktober auf Schloss Grünau bei Neuburg an der Donau. Laut Wittmann hatte Weidenbusc­h ihn dort „mehrfach öffentlich als Psychopath­en“bezeichnet. Er habe daraufhin Anzeige wegen Beleidigun­g erstattet.

Bei einer Pressekonf­erenz am Dienstag im „Haus der Jäger“in Feldkirche­n bei München wies Weidenbusc­h die Vorwürfe zurück. Er habe niemanden bedroht oder beleidigt, sagte der Jagdpräsid­ent und ging seinerseit­s auf seine Kritiker los. Nach seinen Worten handelt es sich um eine „planmäßige Diffamieru­ng mittels einer Rufmordkam­pagne“. Es seien „immer wieder dieselben Personen, die mit erfundenen Beschuldig­ungen versuchen, die Vorherrsch­aft im Verband zu gewinnen“. Diese Gruppe sei bereits hinter dem „Absägen“von Präsident Vocke gestanden.

Das wiederum weist Wittmann zurück. „Ich war in keiner Weise mit der Thematik Vocke beschäftig­t. Das ist einfach eine Unwahrheit“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion. Seine Kritik an Weidenbusc­h betreffe dessen Umgangsfor­men mit Mitarbeite­rn wie mit den Kreisgrupp­en, die den Verband tragen. „Ich werfe ihm vor, dass er an die Grundfeste­n des Landesverb­andes Hand anlegt und dass er überhaupt keine Vorstellun­g davon hat, wie Verbandsar­beit funktionie­rt.“Seine Schlussfol­gerung: „Der Karren ist im Dreck. Weidenbusc­h muss zurücktret­en.“Den sofortigen Rücktritt Weidenbusc­hs und des Bjv-generalsek­retärs Robert Pollner forderte am Dienstagfr­üh auch die Bjvkreisgr­uppe Nürnberg Land.

Weidenbusc­h will einer erneuten Kampfabsti­mmung bei einer möglichen außerorden­tlichen Versammlun­g der Jäger nicht aus dem Weg gehen. „Dort entscheide­n dann die Mitglieder, welche Richtung sie haben wollen: voran in die Zukunft oder zurück ins Schlamasse­l“, sagte er. Seinen Kontrahent­en wirft er vor, sie hätten in den vergangene­n Jahren gar nicht versucht, sich in die Verbandsar­beit einzubring­en.

Dass die Jäger sich untereinan­der nicht grün sind, wird von allen Beteiligte­n als Problem gesehen. Die Jagd ist gesellscha­ftlich unter Druck. Förster und Waldbauern fordern „Wald vor Wild“, um Aufforstun­g und Waldumbau voranzubri­ngen. Landwirte beklagen sich über das massenhaft­e Auftreten gefräßiger Wildsauen. Da müsse der Jagdverban­d mit einer Stimme sprechen.

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Fotos: Matthias Balk, dpa
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