Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kriegen Bausparer Geld zurück?
Millionen Menschen setzen bei der Immobilienfinanzierung auf einen Bausparvertrag. Jetzt sind Verbraucherschützer erfolgreich gegen weitverbreitete Gebühren vorgegangen.
Karlsruhe Bausparer können auf eine Rückzahlung zu Unrecht kassierter Gebühren hoffen. Grund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH): Die obersten Zivilrichterinnen und -richter in Karlsruhe entschieden am Dienstag, dass ein pauschales Jahresentgelt in der Sparphase die Bausparer unangemessen benachteiligt. In einem von Verbraucherschützern angestrengten Musterverfahren erklärten sie eine entsprechende Klausel der BHW Bausparkasse für unwirksam. Ähnliche Gebühren gibt es bei vielen anderen Bausparkassen (Az. XI ZR 551/21).
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), der die BHW verklagt hatte, forderte alle betroffenen Bausparkassen auf, „zu Unrecht vereinnahmte Entgelte von sich aus zurückzuzahlen“. Von den Interessensvertretungen der Branche hieß es dagegen, die Klauseln seien nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Eine Einschätzung sei erst möglich, wenn das Urteil schriftlich vorliege.
Darum geht es im Einzelnen: Bausparen für eine Immobilienfinanzierung gliedert sich immer in zwei große Etappen: In der Sparphase zahlen die Bausparer einen Teil der vereinbarten Bausparsumme in monatlichen Raten selbst ein. Üblich sind 40 bis 50 Prozent. Nach der „Zuteilung“beginnt die Darlehensphase. Der Bausparer bekommt die gesamte Bausparsumme ausgezahlt und beginnt, den gewährten Kredit zu tilgen.
Jährliche Kontogebühren in der Darlehensphase hatte der BGH schon vor einigen Jahren unter die Lupe genommen – und 2017 für unzulässig erklärt. Zur Sparphase gab es bisher kein höchstrichterliches Urteil. In den Bhw-bausparbedingungen war vorgesehen, dass in dieser Zeit „für jedes Konto des Bausparers“ein Jahresentgelt von zwölf Euro fällig wird. Nach Informationen aus Branchenkreisen sind ähnliche Gebühren weit verbreitet und liegen bei 9 bis 24 Euro im Jahr. Sie können auch Kontogebühr oder Servicepauschale heißen.
Das hat der BGH entschieden: Im Grunde überträgt der Senat seine Grundsätze aus dem Urteil zur Darlehensphase nun auf die Sparphase. Die Richter sehen es so, dass die BHW mit dem Jahresentgelt Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abwälze. Zu deren Erbringung sei die Bausparkasse aber gesetzlich verpflichtet, sagte der Vorsitzende Christian Grüneberg. Das Entgelt sei auch nicht durch etwaige Vorteile der einzelnen Kunden gerechtfertigt. „Bausparer müssen in der Ansparphase bereits hinnehmen, dass ihre Spareinlagen bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags nur vergleichsweise niedrig verzinst werden“, teilte der Senat mit. Außerdem könnten die Bausparkassen zu Beginn eine einmalige Abschlussgebühr verlangen. Eine solche Gebühr hatte der BGH bereits 2010 für rechtens erklärt.
So könnte sich das Urteil auswirken: Der BGH hat zunächst einmal nur eine Klausel einer bestimmten Bausparkasse für unwirksam erklärt. Urteile aus Karlsruhe haben aber immer Signalwirkung. Denn würde eine andere Bausparkasse an einem nahezu identischen Entgelt festhalten, müsste sie immer befürchten, ebenfalls verklagt zu werden – mit erwartbarem Ausgang. Potenziell könnten nach Einschätzung der Verbraucherzentralen knapp 24 Millionen Verträge betroffen sein. So viele Bausparverträge gab es bei den bundesweit 18 Bausparkassen zum Jahresende 2021.
So könnten Bausparerinnen und Bausparer profitieren: Sollten Bausparkassen vergleichbare Klauseln streichen, müssten die Kunden in Zukunft weder in der Spar- noch in der Darlehensphase Kontogebühren zahlen. Die Stiftung Warentest empfahl Bausparern zudem, ihre Bausparkasse schriftlich zur Erstattung bereits abgebuchter Gebühren aufzufordern. Bleibe das erfolglos, solle man den zuständigen Ombudsmann einschalten, um die Verjährung zu stoppen. (dpa)