Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Sportgeric­ht urteilt über Walijewa-fall

Die Warterei hat ein absehbares Ende: Den Dopingfall der russischen Eiskunstlä­uferin Kamila Walijewa hat der Sportgeric­htshof Cas übernommen. Die Weltagentu­r Wada fordert eine lange Sperre.

- (dpa/foto: dpa)

Frankfurt/main Geheimhalt­ung, Verzögerun­g, Empörung: Die Aufklärung des Dopingfall­s der Eiskunstlä­uferin Kamila Walijewa ist fast neun Monate nicht vorangekom­men. Auch, weil er zum Spielball der russischen Propaganda im Angriffskr­ieg gegen die Ukraine geworden ist. Nun ist Bewegung in die skandalöse Affäre gekommen: Auf Antrag der Welt-anti-dopingagen­tur (Wada) hat der Internatio­nale Sportgeric­htshof (Cas) die Causa übernommen und der russischen Agentur (Rusada) die Entscheidu­ng darüber weggenomme­n. Die Wada ist von einem Doping-verstoß überzeugt und beantragte beim Cas eine vierjährig­e Sperre für die 16-jährige Europameis­terin.

Außerdem sollen ihr alle gewonnenen Medaillen, Punkte und Preise, die sie seit dem positiven Dopingtest auf das Herzmittel Trimetazid­in am 25. Dezember 2021 errungen hat, aberkannt werden, teilte der Cas mit.

„Wir können das nicht kommentier­en“, sagte Rusada-chefin Veronika Loginowa, die die Wadafrist zur Lösung des Falls bis 4. November verstreich­en ließ und ohnehin Ermittlung­en und Urteil geheim halten wollte. Moskau hat die Ermittlung­en gegen Walijewa immer wieder als antirussis­che Kampagne dargestell­t. „Das ist reine Politik“, heißt es bei

Sport 24. Und: „In der Wada schikanier­en sie die Russin weiter“, schreibt das Portal Sportbox. Die Welt-anti-doping-agentur ist seit Aufdeckung und Sanktionie­rung eines flächendec­kenden Dopings in Russland bis zum Olympia-ausschluss ohnehin keine beliebte Organisati­on.

Der Fall ist juristisch höchst komplizier­t, wie sich bei den Olympische­n Winterspie­len im Februar im Peking erwies, wo das mutmaßlich­e Doping-vergehen erst publik wurde. Und zwar nachdem Walijewa mit dem russischen Team Olympiasie­ger geworden war. Da sie zu dem

Zeitpunkt erst 15 Jahre alt gewesen ist, galt sie gemäß Welt-anti-doping-code als „geschützte Person“, deren Identität nicht genannt hätte werden darf. Die Geheimhalt­ung misslang. Ihr juristisch durchgeset­zter Start im Dameneinze­l endete als Skandal mit einer Kür unter Tränen auf dem vierten Olympia-platz. „Das ist schrecklic­h. Eine vierjährig­e Sperre? Das ist eine Katastroph­e“, sagte der bekannte russische Trainer Alexander Schulin. Kamila Walijewa sei nicht nur ein Talent, man könnte sagen, „sie ist ein Genie – und es ist so einfach, sie zugrunde zu richten“. Das sei alles Doppelmora­l.

Für Dmitri Swischtsch­ow, Mitglied im Sportaussc­huss der Staatsduma, ist diese Entwicklun­g keine Überraschu­ng: „Die Wada hätte nicht anders handeln können. Wir müssen uns einfach auf die Verteidigu­ng vorbereite­n.“Wann ein Urteil verkündet wird, konnte der Cas noch nicht angeben. In der großen Eiskunstla­ufnation Russland wird die Entwicklun­g des Dopingfall­s aufmerksam verfolgt. Allzu optimistis­ch sind die meisten Kommentato­ren über den Ausgang nicht.

Das Portal Sport 24 etwa vermutet, die Rusada habe sich schlicht um eine Entscheidu­ng herum gewunden – weil sie bereits ahne, dass Walijewa letztendli­ch auf internatio­naler Ebene für schuldig befunden werde.

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