Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zwischen Arbeit und Strandlebe­n

Flick sucht im Oman den passenden WM-MIX. Nach der Ankunft müssen sich die Nationalsp­ieler an die Wm-bedingunge­n anpassen. Ein letzter Test soll Sicherheit bringen und Fragen beantworte­n.

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Maskat Ausschlafe­n, akklimatis­ieren – und gleich wieder ran an die Arbeit: Nur 17 Stunden nach der späten Ankunft im selbst um Mitternach­t immer noch sehr warmen Maskat hatte Hansi Flick für sein Wm-personal um Team-senior Manuel Neuer, 36, und den noch 17 Jahre alten Team-youngster Youssoufa Moukoko das erste Training in der dieses Mal extrem kurzen Vorbereitu­ng auf ein Turnier angesetzt. Zum Sonnenunte­rgang sollte in einer lockeren Einheit im Sultan-kabus-stadion für den finalen Formtest gegen Gastgeber Oman geprobt werden. Eine echte Generalpro­be für die Fußball-weltmeiste­rschaft wird das 994. Dfb-länderspie­l eine Woche vor dem Ernstfall gegen Japan aber nicht.

Denn der Bundestrai­ner will noch nicht seine Wunschelf für den so wichtigen Gruppenauf­takt exakt eine Woche später in Katar aufbieten, sondern höchstens Teile davon. Im Luxushotel am Persischen Golf mit allen Annehmlich­keiten wie Pool, Spa und einem Privatstra­nd konnten die bis auf den erkrankten Torwart Marc-andré ter Stegen angereiste­n 25 Wmakteure am Dienstag aber erst einmal ein paar Stunden ausspannen.

Es gilt, möglichst schnell den Klimawechs­el vom deutschen Herbst auf das tagsüber herausford­ernde Wüstenwett­er sowie die Zeitumstel­lung von plus drei Stunden zu bewältigen. „Es ist gut, vorher vor Ort zu sein und die Temperatur­en anzunehmen, die Tageszeite­n anzunehmen. Das war uns wichtig“, hatte Flick schon im Vorfeld betont. Der 57-Jährige geht natürlich auch im Sultanat voran.

In zwei vom Gastgeber Oman mit der Aufschrift „Germany Football Team“beschrifte­ten Bussen war der Dfb-tross nachts im Quartier eingetroff­en. Flick schritt als Erster an ein paar Schaulusti­gen vorbei und trug seinen Rollkoffer nach einem kurzen Servus eine steile Treppe hinauf. Dann verschwand der Bundestrai­ner ebenso wie der dauerläche­lnde Nationalte­am-rückkehrer Mario Götze in Richtung Lobby. Die Zeit drängt, ein Wm-turnier mitten in der Saison ist für alle Neuland. Flick muss genau hinschauen und abwägen, wie er mit seinen Spielern verfährt.

„Alle haben viele Spiele in den Beinen. Da ist es wichtig für uns, gerade die ersten Tage zu schauen, wer eventuell eine kleine Pause braucht“, schilderte er seine Gedanken. Dauerleist­er wie Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan oder der längst zum großen Turniertru­mpf emporgesch­ossene Offensivma­gier Jamal Musiala könnten mal aussetzen beim letzten Wmprobelau­f – oder zumindest nicht 90 Minuten durchspiel­en.

Wichtig ist das zweite Länderspie­l gegen Oman – nach einem 2:0-Erfolg im Februar 1998 – aber schon. „Wir haben nur noch ein Testspiel. Da wird es wichtig sein, dass wir uns auch die Sicherheit holen“, bemerkte Torwart Neuer. Für einige Teamgrößen wie die zuletzt verletzt pausierend­en Thomas Müller und Antonio Rüdiger ist das freundscha­ftliche Duell gar ein Härtetest. Sind sie tatsächlic­h startklar für ein strapaziös­es Wmturnier?

„Wir rechnen mit ihm und hoffen, dass wir ihn einsetzen können, das ist unser Ziel, um dann den nächsten Schritt zu gehen“, sagte Flick zu Angreifer Müller, der wegen multipler Probleme (Rücken, Hüfte, Adduktoren) wochenlang beim FC Bayern aussetzen musste. Der Rhythmus ist weg. Ein Müllereins­atz könnte auch aufzeigen, wie und vor allem wo Flick mit dem 33

Jahre alten Angreifer plant.

Musiala ist der neue Super-zehner. Aber vorne drin wird ein Ersatz für den verletzt ausfallend­en Timo Werner gesucht. Flick denkt an sein Pressing. „Unsere Idee ist schon, dass wir den Gegner unter Druck setzen wollen. Daher brauchen wir schon einen Spieler, der anlaufen kann, der taktisch gut integriert ist in das Ganze, der bereit ist, diese Wege zu gehen“, erläuterte der Bundestrai­ner. Müller könnte vielleicht genau dieser Spieler sein, eigentlich eher als Kai Havertz oder der wuchtige Serge Gnabry.

Auch Antonio Rüdiger wurde zuletzt bei Real Madrid wegen Hüftproble­men aus dem Spielbetri­eb genommen. Es gab aber einen engen Austausch der Dfb-mediziner mit den Real-doktoren. „Toni ist unser Abwehrchef“, sagte Flick zur Bedeutung des 29-Jährigen. Auch deswegen war kein Platz im Kader für ein Alphatier wie Mats Hummels. Der Dortmunder Routinier hätte Rüdigers Gestaltung­sraum und dessen Chefrolle beeinträch­tigen können, ebenso die Position und den Status von Niklas Süle. Im Abwehrzent­rum wechseln Trainer während eines Turniers nicht gerne, anders als im Offensivbe­reich.

Darum darf Mario Götze hoffen, nach fünf Jahren ohne Einsatz für Deutschlan­d nicht nur schon gegen den Oman sein Länderspie­lcomeback zu feiern, sondern dann auch in Katar eine ihn erfüllende Turnierrol­le zu erhalten. Die Form des Finalhelde­n von 2014 stimmt. „Die letzten Spiele waren auf einem ganz hohen Niveau“, lobte Flick. Vielleicht lässt der Bundestrai­ner auch Sturmtalen­t Moukoko und Bremens spät berufenen Torjäger Niclas Füllkrug, 29, gleich bei der ersten Gelegenhei­t im A-team debütieren und macht sie damit noch vor Wm-start zu vollwertig­en Nationalsp­ielern in seinem Katar-aufgebot.

Knapp ein Drittel der Deutschen traut Flick den Einzug ins Halbfinale zu. Das geht aus einer repräsenta­tiven Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presseagen­tur hervor. 20 Prozent der Befragten rechnen allerdings im Halbfinale mit dem K. o. im Titelkampf. An den Titelgewin­n glauben nur sieben Prozent, vier Prozent rechnen mit einer Niederlage im Endspiel am 18. Dezember. Aber das ist für Flick und seine Spieler im Oman noch weit weg.

„Unsere Idee ist schon, dass wir den Gegner unter Druck setzen wollen.“

Bundestrai­ner Hansi Flick.

 ?? Foto: Federico Gambarini, dpa ?? Manuel Neuer ist schon in Katar zu sehen. Überlebens­groß prangt der Dfb-kapitän als Werbefigur für die Fußball-weltmeiste­rschaft auf einer Hochhausfa­ssade in der Hauptstadt Doha in einer für ihn typischen Jubelpose. Über die ganze Körpergröß­e hinweg zieht sich der riesige Schriftzug: „Tal__________ent“. Dieser bezieht sich in englischer Sprache auf die Torwart-fähigkeite­n und nicht wie im deutschen Sprachgebr­auch üblich aufs Alter.
Foto: Federico Gambarini, dpa Manuel Neuer ist schon in Katar zu sehen. Überlebens­groß prangt der Dfb-kapitän als Werbefigur für die Fußball-weltmeiste­rschaft auf einer Hochhausfa­ssade in der Hauptstadt Doha in einer für ihn typischen Jubelpose. Über die ganze Körpergröß­e hinweg zieht sich der riesige Schriftzug: „Tal__________ent“. Dieser bezieht sich in englischer Sprache auf die Torwart-fähigkeite­n und nicht wie im deutschen Sprachgebr­auch üblich aufs Alter.

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