Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kohl-sohn muss vor Gericht aussagen

Erneut geht es um Streit von Witwe und Ghostwrite­r

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Köln Im juristisch­en Dauerstrei­t um Buch-zitate des früheren Bundeskanz­lers Helmut Kohl hat sich dessen Sohn Walter vor Gericht empört darüber geäußert, als Zeuge aussagen zu müssen. „Ich bin heute de facto unter Zwang hier. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass mir dieser Tag erspart geblieben wäre“, sagte der 59-Jährige vor dem Oberlandes­gericht (OLG) Köln. In dem Zivilproze­ss will die Witwe des Cdu-altkanzler­s, Maike Kohl-richter, erreichen, dass eine Reihe von Zitaten aus einem Buch des Kohl-ghostwrite­rs Heribert Schwan nicht mehr verbreitet werden dürfen.

„Ich empfinde das heute hier als Zumutung“, sagte Walter Kohl vor Gericht. „Ich sitze hier in einem Raum mit Menschen, die mir und meiner Familie schwersten Schmerz zugefügt haben und die nicht unbeteilig­t am Suizid meiner Mutter waren.“Hannelore Kohl hatte sich 2001 im Alter von 68 Jahren das Leben genommen.

Walter Kohl hatte sich vor dem Prozess vergeblich auf sein Zeugnisver­weigerungs­recht berufen, um nicht aussagen zu müssen. Das OLG will in dem Verfahren klären, ob es zwischen dem 2017 gestorbene­n Kohl und dem Autor Schwan seinerzeit eine Verschwieg­enheitserk­lärung gegeben hatte. Dazu sagte Walter Kohl, dass er und sein Bruder Peter ihren Vater mehrfach aufgeforde­rt hätten, eine schriftlic­he Vertraulic­hkeitserkl­ärung mit Schwan abzuschlie­ßen. „Aber mein Vater hat gesagt: ‘Nein. Ich vertraue Dr. Schwan. Wir haben ein Handshake-agreement getroffen, er wird mich nicht verraten.’“

Zunächst habe Schwan auch alle Interna vertraulic­h behandelt, sagte der Kohl-sohn. Doch nach dem Tod seiner Mutter habe Maike als neue Partnerin seines Vaters dessen altes Umfeld weitgehend zerstört und Beziehunge­n gekappt. „In dieser Situation hat sich auch bei Dr. Schwan die Haltung verändert“, meinte Walter Kohl. Seiner Ansicht nach habe das damalige Verhalten von Kohl-richter letztlich dazu geführt, dass nun ein Rechtsstre­it geführt werde.

Schwan hatte Kohls Memoiren aufgeschri­eben. Vor der Erstellung des letzten Bandes gerieten die beiden jedoch in Streit, woraufhin Schwan auf eigene Faust ein Buch mit nicht autorisier­ten Zitaten Kohls veröffentl­ichte. Es erschien 2014 unter dem Titel „Vermächtni­s. Die Kohl-protokolle“.

Der Streit zwischen Maike Kohlrichte­r und Schwan sowie dessen Verlag beschäftig­t seit Jahren immer wieder verschiede­ne Gerichte. Im aktuellen Olg-verfahren wendet sich die Witwe gegen ein 2019 ergangenes Urteil des Landgerich­ts Köln, das ihr nur bezogen auf einzelne Textpassag­en recht gegeben hatte.

Im vergangene­n Dezember hatte Kohl-richter vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe eine Niederlage erlitten.

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Foto: dpa Walter Kohl

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