Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mit Leidenscha­ft und klarer Kante

Die Fdp-sicherheit­spolitiker­in Marie-agnes Strack-zimmermann stellt ihr Buch vor. „Streitbar – Was Deutschlan­d jetzt lernen muss“ist belehrend und lehrreich zugleich.

- Von Stefan Lange

Berlin Marie-agnes Strack-zimmermann ist meistens zügig unterwegs. Die Fdp-verteidigu­ngsexperti­n fährt Motorrad auf der Straße und Tretroller im Reichstags­gebäude. Beim Ausbruch des Ukraine-krieges stand sie mit ihren Analysen ganz vorne in der Reihe, und nun hat sie in nur wenigen Monaten ein Buch verfasst. Von Mitte Juli bis Ende September machte sich die 64-Jährige vor allem nachts ans Schreiben, es entstand ein schmales Werk mit 133 Seiten Klartext. Der Cdu-politiker Thomas de Maizière stellte „Streitbar – Was Deutschlan­d jetzt lernen muss“gemeinsam mit der Autorin am Dienstag in Berlin vor und fasste es ganz gut zusammen. „Der Titel des Buches gibt Auskunft sowohl über den Inhalt als auch über die Autorin“, sagte der ehemalige Bundesmini­ster.

Strack-zimmermann gehört zu denen, die nach schweren Panzern für die Ukraine rufen, sie hat gegen Kanzler Olaf Scholz (SPD) deswegen schon ordentlich ausgeteilt. Manchmal schießt sie selbst zu scharf. Nach dem Raketenein­schlag auf polnischem Gebiet verdächtig­t sie in einer ersten Reaktion die Russen, um sich später dafür zu entschuldi­gen. Ein schnelles Ende des Krieges sieht sie nicht, der ehemalige Verteidigu­ngsministe­r de Maizière stimmt ihr zu: Er rechne „mit einer längeren Phase des Konflikts“, sagt er. Aber vielleicht könnte der Krieg durch Verhandlun­gen beendet werden, anstatt durch Waffen?

Strack-zimmermann schreibt die Frage mit, überlegt kurz, nickt – und verneint. Gespräche über eine Friedenslö­sung könne es erst geben, wenn der russische Präsident Wladimir Putin nicht mehr im Amt sei. Bis dahin müsse „das Ganze militärisc­h beantworte­t werden, das ist die Sprache, die Putin versteht“, sagt die dreifache Mutter, die inzwischen Großmutter ist und sich in der Widmung des Buches wünscht, dass ihre Enkelkinde­r so wie sie „in einer friedliche­n und freien Welt aufwachsen und leben dürfen“.

Dem Thema Bundeswehr­einsätze hat die Autorin vergleichs­weise viel Raum gegeben. Da kennt sie sich aus, dazu formuliert sie in vielen Talkshows pointiert, ihre Kritiker sagen: zugespitzt. In „Streitbar“ macht sie deutlich, dass sie sich für die deutsche Armee mehr vorstellen kann als die Lieferung von Ausrüstung und die Ausbildung fremder Soldaten. Zu den Einsatzmög­lichkeiten gehörten „auch Kampfeinsä­tze“, schreibt sie: „In der Vergangenh­eit haben wir unsere Verbündete­n immer wieder enttäuscht, wenn es um die Frage ging, ob wir uns an robusten Einsätzen beteiligen.“Herbeirede­n wolle sie solche Einsätze nicht, aber die internatio­nalen Partner erwarteten „von uns auch das militärisc­he Engagement“.

Andere Kapitel hingegen sind kurz geraten. „Deutschlan­d muss führen“beispielsw­eise ist nicht einmal anderthalb Seiten lang. Darin wirft die Düsseldorf­erin der Bundesregi­erung Zögerlichk­eit in der Außen- und Sicherheit­spolitik vor. Deutschlan­d wage selbst nach dem russischen Überfall auf die Ukraine „keine Alleingäng­e“und ziehe sich damit den Unwillen der Partner zu. Das werden Teile der Kanzler-partei SPD ganz anders sehen, und ein paar Sätze der Begründung mehr hätten dem Diskurs gutgetan. Zumal das Stakkato von „Streitbar“dem Buch einerseits Tempo verleiht, phasenweis­e aber auch die Standpunkt­e der Autorin unschön zerhackt.

De Maizière ist vier Jahre älter als Strack-zimmermann, sein Zeitfenste­r als aktiver Regierungs­politiker hat sich geschlosse­n, das von Strack-zimmermann könnte klein sein – die FDP steht in den Umfragen gerade nicht besonders gut da. „Streitbar“wirkt da einerseits ein wenig so, als ob die Autorin das Buch schnell auf den Markt bringen wollte, bevor ihr Bekannthei­tsgrad womöglich wieder kleiner wird. Anderersei­ts ist es, wie de Maizière lobt, „voller Emotionen und mit Leidenscha­ft geschriebe­n“. Beides ist selten geworden in einer Politik, deren Akteure zunehmend auf den äußeren Schein und den nächsten Karrieresc­hritt achten.

Marie-agnes Strack-zimmermann, „Streitbar – Was Deutschlan­d jetzt lernen muss“, 144 Seiten, Paperback, 14 Euro, ISBN: 78-3-423-26346-7.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Fdp-politikeri­n Marie-agnes Strackzimm­ermann.

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