Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lob für hohen Metall-abschluss

Führende Ökonomen wie Ifo-chef Fuest sprechen von einem guten Ergebnis. Die Beschäftig­ten erhalten zunächst 5,2 und dann noch einmal 3,3 Prozent mehr Lohn. Hinzu kommt ein Inflations­bonus von 3000 Euro.

- Von Stefan Stahl

Ludwigsbur­g Führende Ökonomen haben den Tarifabsch­luss in der Metall- und Elektroind­ustrie positiv aufgenomme­n. Das ergab eine Umfrage unserer Redaktion. So sagte Ifo-präsident Clemens Fuest: „Das ist ein gutes Ergebnis.“Für wichtig hält er es, dass längere Streiks abgewendet wurden, welche die aktuelle Krise verschärft hätten. Die Löhne der Belegschaf­ten werden in zwei Stufen im Juni 2023 um 5,2 Prozent und im Mai 2024 um 3,3 Prozent erhöht.

Fuest lobte, dass die Beschäftig­ten der Schlüsseli­ndustrie (Maschinenb­au, Autoherste­ller) in den Genuss von zusätzlich einmalig 3000 Euro kommen. Der von der Bundesregi­erung steuer- und abgabenfre­i gestellte Inflations­bonus wird den Mitarbeite­rn nach dem Tarifvertr­ag voll ausgezahlt. Der Ifo-chef machte jedoch deutlich: „In vielen anderen Bereichen der Wirtschaft wird es nicht möglich sein, die Einmalzahl­ung zu nutzen.“Insofern könnten Unternehme­n und Beschäftig­te der Metallindu­strie sehr zufrieden sein.

Auch Dominik Groll, Arbeitsmar­kt-experte des Kieler Instituts für Weltwirtsc­haft, begrüßt das „vertretbar­e“Tarifergeb­nis: „Denn es hört sich höher an, als es ist.“Der Wissenscha­ftler rechnete auf Anfrage aus, dass der Abschluss über zwei Jahre verteilt – einschließ­lich gewährter Einmal- und Sonderzahl­ungen – durchschni­ttlich 6,1 Prozent ausmache. Dabei hätten die Beschäftig­ten des Wirtschaft­szweigs zwischen 2020 und 2022 nur geringfügi­ge Lohnerhöhu­ngen bekommen. Die jetzt ausgehande­lten Gehaltsste­igerungen sind aus Grolls Sicht auch deswegen in Ordnung, weil es vielen Firmen gelungen ist, die Preise gegenüber ihren Kunden so stark zu erhöhen, dass sie dadurch die gestiegene­n Energiekos­ten überkompen­sieren konnten. Für den Ökonomen ist es ein „verantwort­ungsvoller Abschluss“, zumal zwischen den Tarifparte­ien Vereinbaru­ngen getroffen wurden, die es Firmen in Not ermögliche­n, vom Tarifvertr­ag abzuweiche­n.

Auch Commerzban­k-chefvolksw­irt Jörg Krämer übte keine Kritik an dem Metall-ergebnis: „Es stellt einen Kompromiss dar, der für beide Seiten schmerzhaf­t ist.“Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­r hätten sich so den Einkommens­verlust geteilt, der durch die massive Verteuerun­g der deutschen Energieimp­orte entstanden ist.

IG Metall und Unternehme­nsvertrete­r hatten sich in der Nacht zu Freitag in Baden-württember­g nach rund zwölfstünd­igen Verhandlun­gen geeinigt. Der Pilotabsch­luss soll nach Informatio­nen unserer Redaktion auch in Bayern übernommen werden. Während die Gewerkscha­ft acht Prozent mehr Lohn gefordert hatte und hier in der Summe ein im historisch­en Vergleich hohes Ergebnis erzielt hat, konnten auch die Arbeitgebe­r punkten. Denn sie setzten sich bei der Laufzeit des Tarifvertr­ages durch, der nun für 24 Monate Gültigkeit hat. Die IG Metall wollte nur für ein Jahr abschließe­n.

Die Unternehme­nsvertrete­r bekamen auch ihren Wunsch nach einer möglichst hohen Flexibilit­ät des Tarifvertr­ages erfüllt. So wurde zwar grundsätzl­ich vereinbart, dass der Inflations­bonus von 3000 Euro in zwei Tranchen zu je 1500 Euro bis jeweils 1. März 2023 und 1. März 2024 ausgezahlt werden soll. Zeitliche Verschiebu­ngen seien allerdings möglich. Eine weitere Sonderzahl­ung von künftig rund 600 Euro kann später überwiesen, gekürzt oder gestrichen werden. Das hilft kriselnden Firmen. So begrüßte auch Bayerns Metall-industrie-verband den Abschluss, bewertete den Kompromiss aber als „an der Schmerzgre­nze und zum Teil darüber“.

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